Triodos Bank als politischer Akteur des Wandels im Finanzsektor

Von Dr. Oliver Everling | 8.Mai 2024

Die Triodos Bank, bekannt als Pionier nachhaltiger Bankgeschäfte, entwickelt sich zunehmend zu einem politischen Akteur und setzt mit ihrer jüngsten Partnerschaft ein starkes Zeichen: Gemeinsam mit dem kanadischen Pensionsfonds Fondaction hat die Bank die Gründung eines Joint Ventures verkündet, um „den positiven Wandel im globalen Finanzsektor zu beschleunigen“.

Dieses Joint Venture, getragen von Triodos Investment Management und Fondaction Asset Management, wird den Fokus auf nachhaltige Finanzierung und Impact Investing legen. Das erklärte Ziel ist es, den Wandel im Finanzsektor zu beschleunigen, „einerseits durch die Finanzierung positiver Veränderungen (Finance Change) und andererseits durch die aktive Mitgestaltung eines gerechteren, integrativeren, grüneren und effizienteren Finanzsektors (Change Finance).“

Einerseits geht es um Finance Change: Ein zentrales Anliegen beider Organisationen ist der Schutz der Natur. Finanzinstitute sollten die Unterstützung von Aktivitäten einstellen, die der Natur schaden, und sich stattdessen auf gezielte Lösungen konzentrieren. Das neue Joint Venture wird auf den Gebieten regenerative Landwirtschaft, nachhaltige Forstwirtschaft und Naturwiederherstellung wirken, indem es privates Kapital in Projekte und Organisationen leitet, die in diesen Bereichen tätig sind.

Andererseits geht es um Change Finance: Die umfassende Umgestaltung des Finanzsektors ist eine weitere wichtige Säule dieser Partnerschaft. Der Finanzsektor spielt eine entscheidende Rolle, um Wirtschaft und Gesellschaft im Gleichgewicht zu halten. Triodos und Fondaction setzen auf einen dreigleisigen Ansatz: Zusammenarbeit, Bildung und Interessenvertretung.

Erstens, Zusammenarbeit: Beide Organisationen möchten Gleichgesinnte zusammenbringen und gemeinsam Ressourcen, Fachwissen und Netzwerke mobilisieren, um positive Veränderungen herbeizuführen. Zweitens, Bildung: Sie streben an, das Verständnis für nachhaltige Finanzen weiterzuentwickeln und Herausforderungen sowie Chancen in diesem Bereich aufzuzeigen. Drittens, Interessenvertretung: Ziel ist es, politische Entscheidungsträger und den Finanzsektor zu motivieren, Transparenz zu erhöhen und positiv auf die regulatorische und operative Landschaft einzuwirken.

Durch diese Maßnahmen entwickelt sich die Triodos Bank zunehmend zu einem politischen Akteur, der nicht nur in nachhaltige Finanzprodukte investiert, sondern auch aktiv an der Gestaltung der Rahmenbedingungen für den Wandel im Finanzwesen mitwirkt.

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China als globales Zentrum der Automobilindustrie

Von Dr. Oliver Everling | 7.Mai 2024

Die jüngste Studie von Coface zur Automobilbranche hebt hervor, dass der globale Handel und die Wertschöpfungsketten dieser Industrie aufgrund geopolitischer Entwicklungen, technologischer Umbrüche und Industrieprogrammen vieler Länder im Umbruch sind. Unternehmen müssen ein tiefes Verständnis für internationale Handelsmechanismen entwickeln, um Chancen zu nutzen und die Risiken zu minimieren.

Die Automobilbranche erwartet für 2024 eine Stabilisierung des Wachstums bei den weltweiten Autoverkäufen, nachdem sie 2023 nach der Pandemie stark gewachsen war. Besonders in Indien, Japan, Südkorea und bestimmten europäischen Ländern hat sich die Automobilproduktion erholt und wieder das Vor-Corona-Niveau erreicht. Trotz dieser Erholung bestehen weiterhin hohe Risiken, die sich aus den steigenden Zinsen, restriktiveren Kreditbedingungen und der anhaltenden Unsicherheit bei Verbrauchern ergeben. Dies betrifft auch den Markt für Elektrofahrzeuge, der zuletzt mit einem starken Rückgang der Nachfrage konfrontiert war.

Der asiatische Markt dominiert weiterhin den weltweiten Fahrzeugabsatz, wobei China eine herausragende Stellung einnimmt. Das Land hat sowohl bei der Produktion als auch beim Verbrauch von Elektrofahrzeugen große Fortschritte gemacht und wird seine Rolle als globales Zentrum der Automobilindustrie weiter ausbauen. Dabei profitiert China auch von staatlichen Subventionen und der Schwäche der Konkurrenten, insbesondere durch den Export von Verbrennungsfahrzeugen nach Russland und Elektroautos in andere Märkte.

In den USA bleibt die Automobilindustrie widerstandsfähig und wird 2024 voraussichtlich wachsen, allerdings langsamer als erwartet. Europa kämpft dagegen mit einem schwächeren Branchenwachstum und einer anhaltenden Unsicherheit. Hier sind vor allem die Halbleiterknappheit und die COVID-19-Pandemie als Hauptursachen des Einbruchs zu nennen.

Die Studie macht deutlich, dass Unternehmen der Branche jetzt eine intensive Risikoanalyse der Abhängigkeiten innerhalb ihrer Wertschöpfungsketten durchführen müssen, um ihre Lieferketten zu diversifizieren. Gerade bei kritischen Rohstoffen wie Lithium, Silizium und Kobalt besteht eine hohe Importabhängigkeit, die die deutsche Automobilindustrie besonders anfällig macht. Coface bietet dazu umfassende Risikoanalysen und Portfolio-Management-Tools an, um Unternehmen bei der Identifizierung und Minderung dieser Risiken zu unterstützen.

Die Studie zeigt eindrucksvoll, wie wichtig es ist, die aktuellen Trends und Entwicklungen im internationalen Handel im Auge zu behalten und auf diese flexibel zu reagieren. Nur so können Automobilhersteller und ihre Zulieferer ihre Wettbewerbsfähigkeit und Stabilität langfristig sichern.

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Europas Energiemarkt im Wandel: Herausforderungen und Chancen bei Gas und Wasserstoff

Von Dr. Oliver Everling | 7.Mai 2024

Die Gaspreise haben sich seit November 2023 ungefähr halbiert. Im laufenden Jahr sind Energiepreise erneut deutlich gesunken. In der Folge haben sich die Kurse der börsennotierten europäischen Versorger unterdurchschnittlich entwickelt. Der Grund für den Preisrückgang sind merklich gesunkene Kosten für Kohlenstoff und andere Inputfaktoren.

Europa ist in hohem Maße auf Lieferungen von US- Spot-LNG angewiesen. Diese machten 2023 fast 50 % seiner LNG-Importe aus und umfassten ein Volumen von insgesamt 120 Mrd. Kubikmetern. Der zugrunde liegende Mindestpreis ist vom jeweiligen Angebot am Markt abhängig: „Ist der LNG-Markt eng, wird ein höherer Mindestpreis, einschließlich Gebühren für Verflüssigung, Transport und Regasifizierung, aufgerufen“, schreibt Guillaume Chieusse, Portfoliomanager für europäische Aktien bei ODDO BHF, in einem aktuellen Marktkommentar. Im Falle eines Überangebots sei der Mindestpreis entsprechend niedriger und liege auf Höhe der jeweiligen Grenzkosten.

Ein kurzfristig nur begrenzter Ausbau der LNG-Kapazitäten wird in Kombination mit der gestiegenen Nachfrage aus China und Südostasien das LNG- Angebot bis zur zweiten Jahreshälfte 2026 verknappen. „Für die Entwicklung der europäischen Energiepreise wird es daher entscheidend sein, inwieweit die Nachfrage nach dem mittelfristigen massiven Kapazitätsausbau gedeckt werden kann“, analysiert Chieusse. „Durch die Beeinflussung der Grenzkosten der Stromerzeugung könnten die anhaltende Dynamik am Gasmarkt und das zusätzliche Angebot an Kern- und Wasserkraft die Strompreisentwicklung kurzfristig maßgeblich bestimmen“. Zudem spiele der Ausbau der erneuerbaren Energien eine immer wichtigere Rolle im Strommix. Der starke Rückgang der Großhandelspreise für Strom in diesem Jahr könne die Margen der europäischen Versorger über 2024 hinaus belasten, da die während der Energiekrise abgeschlossenen hochpreisigen Absicherungen allmählich auslaufen.

Titel aus dem Wasserstoffsektor sind derzeit unterbewertet. Grund hierfür ist die Unsicherheit über die zukünftige Nachfrage und die tatsächliche Rolle dieses Energieträgers bei der Energiewende. Zudem fehlt es an Klarheit bei Zertifizierung und Regulierung. Zwar dürften die Stromgestehungskosten für Wasserstoff in den kommenden zehn Jahren vor allem aufgrund von Lerneffekten stark sinken. „Zentrale Herausforderungen sind und bleiben jedoch der Wechsel von grauem Wasserstoff zu grünem Wasserstoff sowie die inhärenten Energieverluste bei Elektrolyseprozessen von derzeit ca. 50%“. Ein weiteres Problem sei die überaus niedrige Umsetzungsquote von Projekten, nur in rund 3% der Fälle gab es 2023 eine endgültige Investitionszusage. Laut der Internationalen Energieagentur (IEA) stieg die weltweite Wasserstoffnachfrage 2022 um 3 % auf 95 Mio. Tonnen. Die größten Abnehmer waren die Ammoniak- oder Methanolproduktion (55%) und der Raffineriesektor (44%). Der emissionsarme Anteil daran betrug weniger als 1 % der gesamten Wasserstoffproduktion. Grüner Wasserstoff machte nur ca. 0,1 % aus. Die Nutzung von Wasserstoff im Jahr 2022 verursachte etwa 30 % der gesamten CO2-Emissionen der EU.

Noch herrscht keine Einigkeit darüber, wie Wasserstoff am besten genutzt werden soll. Er könnte zum Beheizen von Haushalten dienen, Erdgas in der Biomethanraffinerie ablösen oder in Batterien für schwere Nutzfahrzeuge Verwendung finden. Insgesamt gibt es jedoch einen strukturellen Trend weg von grauem hin zu grünerem Wasserstoff. Weltweit hat die Politik Maßnahmen zur Förderung dieses Übergangs ergriffen. Besonders bemerkenswert ist der US Inflation Reduction Act. Darin vorgesehen sind Steuergutschriften, die an die Menge der Treibhausgasemissionen gekoppelt sind, die über den Lebenszyklus von Wasserstoff entstehen. Durch diese Maßnahmen hat sich die Wettbewerbsfähigkeit von grünem Wasserstoff bereits erhöht. „Sollte ein ähnlicher politischer Ansatz in Europa den aktuellen Kostennachteil bei elektrolytisch erzeugtem Wasserstoff beheben können, könnte der Einsatz von grauem Wasserstoff in Zukunft stark abnehmen“, fasst Chieusse zusammen.

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Positive Impulse und dennoch vorsichtig bleiben

Von Dr. Oliver Everling | 7.Mai 2024

Die Wirtschaftsleistung im Euroraum ist im ersten Quartal um 0,3 % gegenüber dem Schlussquartal 2023 gestiegen und erreichte damit „den höchsten Wert seit eineinhalb Jahren“, wie Axel D. Angermann, Chef-Volkswirt der FERI Gruppe, feststellt. Trotz dieser positiven Entwicklung blieb das Wachstum im Euroraum bereits zum siebten Mal in Folge hinter dem der USA zurück.

Zwei entscheidende Faktoren trugen zum Aufschwung bei: „Erstens legt der private Konsum wieder zu. Die sinkende Inflation sorgt zusammen mit relativ hohen Nominallohnzuwächsen für eine positive Entwicklung der Realeinkommen.“ Tatsächlich wurden Realeinkommenszuwächse von mehr als 2 % zuletzt Ende 2020 verzeichnet. Obwohl das Konsumentenvertrauen „immer noch auf einem niedrigen Niveau liegt, hat es sich seit einem Tiefpunkt im Oktober 2023 spürbar verbessert.“ Angermann geht davon aus, dass diese positive Entwicklung „dem Konsum auch in den kommenden Quartalen positive Impulse geben“ wird.

Ein weiterer Treiber für das Wachstum ist die „Trendwende im globalen Zyklus der Industrieproduktion.“ Indikatoren wie „die Exporte Singapurs und Taiwans, die Einkaufsmanagerindizes für die Industrie und hier besonders die Differenz zwischen den Auftragseingängen und den Fertigwarenlagern sind ins Positive gedreht.“ Die europäische Industrie profitiert bereits davon, und die Produktion ist in den ersten Monaten des Jahres um 1,6 % gestiegen. „Es gibt gute Gründe anzunehmen, dass sich auch diese Entwicklung fortsetzen und möglicherweise an Dynamik gewinnen wird“, betont Angermann.

In den kommenden Quartalen erwartet er daher ein Wachstum der Wirtschaftsleistung „mindestens in der Größenordnung des ersten Quartals.“ Rückenwind könnte „die Wirtschaft von Zinssenkungen der EZB erhalten.“ Zwar würde die realwirtschaftliche Wirkung verzögert eintreten, doch „die Notenbank wird wahrscheinlich vorsichtig agieren.“ Angermann schätzt, dass das Wachstum 2024 „in die Nähe der 1 %-Marke“ kommen könnte.

Gleichzeitig betont er jedoch, dass „es eindeutig zu früh ist, einen neuen, nachhaltigen Aufschwung auszurufen.“ Die Entwicklung der US-Wirtschaft bleibt ein entscheidender Unsicherheitsfaktor. Aufgrund der restriktiven Geldpolitik wird dort „eine deutliche Abschwächung der konjunkturellen Dynamik bis hin zu einer moderaten Rezession um die Jahreswende 2024/25 herum“ erwartet. „Der insgesamt noch fragile Aufschwung könnte dadurch einen Rückschlag erleiden“, warnt Angermann.

Er sieht in der langfristigen Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft eine wesentliche Aufgabe. Der Rückstand gegenüber den USA verdeutlicht „die Notwendigkeit dazu eindrucksvoll.“ Eine neue EU-Kommission sollte „dieser Aufgabe mehr Priorität widmen als bisher und dabei stärker auf marktwirtschaftliche Kräfte als auf eine detailliert regulierte Steuerung von politisch gewollten Transformationsprozessen setzen.“

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Kreissparkasse Gelnhausen belastet die Sparkassen-Finanzgruppe Hessen-Thüringen

Von Dr. Oliver Everling | 5.Mai 2024

Um die Kreissparkasse Gelnhausen, einem zentralen Finanzinstitut des Main-Kinzig-Kreises, hat die jüngste und unerwartete Abberufung von Bernd Jacobs, dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden, erhebliche Unruhe und Verunsicherung ausgelöst. Jacobs, der sein Amt im Juli 2023 antrat, wurde weniger als ein Jahr später, im April 2024, wieder abberufen. Dieser abrupte Führungswechsel wirft viele Fragen auf, insbesondere da von der Kreissparkasse bislang kaum Informationen zu den Hintergründen dieser Entscheidung bereitgestellt wurden. Außerdem wurden auffällig Nachrichten im Internet gelöscht.

Die Kreissparkasse Gelnhausen steht nun vor der Herausforderung, nicht nur intern das Vertrauen ihrer Mitarbeiter zu bewahren, sondern auch extern das Vertrauen der Kunden und anderer Stakeholder zu sichern. Gerade in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit erwarten Kunden und die breite Öffentlichkeit von Finanzinstitutionen ein Höchstmaß an Transparenz und klare Kommunikation. Die aktuelle Zurückhaltung der Informationen könnte langfristig das Vertrauen in die Institution untergraben und das Bankenrating negativ beeinflussen.

Ratings, wie sie nicht nur für Sparkassen, sondern auch für private Banken u.a. für ihre Einlagensicherungssysteme benötigt werden, sind nicht nur eine Bewertung der finanziellen Gesundheit eines Finanzinstituts, sondern spiegeln auch das Vertrauensverhältnis zwischen der Bank und ihren Kunden, ihrem Träger sowie Aufsichtsbehörden wider.

Für die Kreissparkasse Gelnhausen meldet die von der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA kontrollierte Agentur „Fitch Ratings“ ein langfristiges Rating A+ (Affirmed 09-Apr-2024, Long Term Issuer Default Rating) sowie ein Kurzfristrating von F1+ (Affirmed 09-Apr-2024, Short Term Issuer Default Rating).

Die Kreissparkasse Gelnhausen, als Mitglied der Sparkassen-Finanzgruppe Hessen-Thüringen (SFG-HT), profitiert maßgeblich von der kollektiven Stärke und dem stabilen Rating des gesamten Netzwerks. Fitch Ratings hat daher das Langfristige Emittentenausfallrating (IDR) der SFG-HT mit ‚A+‘ und einem stabilen Ausblick sowie das Viability Rating (VR) mit ‚a+‘ bestätigt. Diese Bewertungen reflektieren die integrierte Struktur und das gemeinsame Unterstützungssystem der Sparkassen innerhalb der Gruppe, welches essenziell für die Aufrechterhaltung der individuellen Ratings der Mitgliedsbanken ist.

Die SFG-HT ist kein eigenständiges rechtliches Gebilde, sondern ein Verbund aus 48 Sparkassen in Hessen und Thüringen sowie der Helaba als Zentralinstitut. Diese Struktur bildet eine wirtschaftliche Einheit, deren Kohäsion durch ein gegenseitiges Unterstützungssystem gestärkt wird. Die Ratings der SFG-HT, einschließlich des ‚A+‘ Langfristigen IDRs, gelten für jedes einzelne Mitglied, einschließlich der Kreissparkasse Gelnhausen. Diese einheitliche Bewertung unterstreicht die enge Verknüpfung der Mitgliedsbanken innerhalb der Gruppe und die daraus resultierende Risikominderung.

Die Gruppe wird für ihr konservatives Risikoprofil und ihre umsichtigen Kreditvergabestandards geschätzt. Ein hoher Anteil an besicherten Krediten und ein recht standardisiertes Produktangebot tragen dazu bei, dass die SFG-HT auch in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten relativ stabil bleibt. Die Kreissparkasse Gelnhausen profitiert direkt von diesen Rahmenbedingungen, die das Risiko mindern und zur allgemeinen Stabilität der Bank beitragen.

Die starke Kapitalisierung der SFG-HT, mit einer Common Equity Tier 1 (CET1) Quote, die 2023 auf über 18% gestiegen ist, bietet ebenfalls eine solide Grundlage für die Mitgliedsbanken. Eine solche Kapitalausstattung unterstützt nicht nur die Widerstandsfähigkeit der Gruppe gegenüber wirtschaftlichen Schwankungen, sondern stärkt auch das Vertrauen der Investoren und Kunden in die finanzielle Gesundheit der einzelnen Institute wie der Kreissparkasse Gelnhausen.

Die jüngsten Ereignisse rund um die Abberufung des Vorstandsvorsitzenden der Kreissparkasse Gelnhausen haben jedoch gezeigt, dass die Kommunikationsstrategien innerhalb der Sparkassen verbessert werden müssen. Die mangelnde Transparenz und Informationsbereitstellung könnte, wenn nicht adressiert, das Vertrauen in die lokalen Institute untergraben und möglicherweise das ausgezeichnete Rating beeinträchtigen. Ratings sind äußerst sensibel gegenüber der wahrgenommenen Fähigkeit und Bereitschaft einer Bank, offen und effektiv zu kommunizieren, besonders in Krisenzeiten.

Obwohl die Kreissparkasse Gelnhausen von der Stärke und Stabilität der Sparkassen-Finanzgruppe Hessen-Thüringen profitiert, ist es deshalb entscheidend, dass sie ihre Kommunikationsstrategien verbessert, um das Vertrauen der lokalen Kunden und Partner zu bewahren und das hohe Rating zu halten. Eine transparente und proaktive Kommunikation wird nicht nur kurzfristige Spekulationen mindern, sondern auch langfristig zur finanziellen Stabilität und zum Erfolg der Bank beitragen.

Die Rolle des Landrats Thorsten Stolz (SPD) in der unerwarteten Abberufung von Bernd Jacobs, dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Kreissparkasse Gelnhausen, wirft Fragen auf, die deshalb auch das Rating der Bank beeinflussen könnten. Als Verwaltungsratsvorsitzender der Kreissparkasse trägt Stolz eine wesentliche Verantwortung nicht nur für die Führung der Bank, sondern auch für die Kommunikation bedeutender Entscheidungen an die Öffentlichkeit und Stakeholder.

Die fehlende Offenlegung der Gründe für die abrupte Abberufung von Jacobs durch Stolz kann als mangelnde Transparenz interpretiert werden, die für Unsicherheit unter Partnern und Kunden sorgt. Ratingagenturen wie Fitch Ratings bewerten nicht nur die finanziellen Kennzahlen einer Bank, sondern auch das Managementverhalten und die Governance-Praktiken. Intransparentes Verhalten in der Führungsebene kann als Risikofaktor gesehen werden, der das Vertrauen in die Führung der Bank untergräbt und potenziell das Rating negativ beeinflussen kann.

Gute Governance und starke Führungsprinzipien sind essenziell für ein positives Bankenrating. Entscheidungen, die ohne klare Kommunikation oder rationale Erklärung getroffen werden, können von Ratingagenturen als Zeichen schwacher Führungsqualitäten und mangelnder strategischer Ausrichtung gewertet werden. Dies könnte zu einer schlechteren Bewertung der Kreditwürdigkeit führen, die letztendlich die Refinanzierungskosten der Bank erhöht und ihre Wettbewerbsfähigkeit einschränkt.

Das Verhalten von Thorsten Stolz könnte darüber hinaus das Vertrauen der lokalen Gemeinschaft und der regionalen Wirtschaftsteilnehmer negativ beeinflussen. Als Landrat und Verwaltungsratsvorsitzender steht Stolz in der öffentlichen Wahrnehmung und sollte daher eine Führungsrolle in der transparenten und verantwortungsvollen Kommunikation übernehmen. Das Vertrauen in eine regionale Bank wie die Kreissparkasse Gelnhausen hängt stark von der wahrgenommenen Integrität und der Effektivität ihrer Führung ab.

Um das Rating der Kreissparkasse Gelnhausen zu schützen und potenziell zu verbessern, wäre es ratsam, dass Thorsten Stolz eine proaktive Rolle in der Verbesserung der Kommunikationspraktiken einnimmt. Dies beinhaltet die offene Darlegung der Umstände, die zur Entscheidung der Abberufung geführt haben, sowie die Sicherstellung, dass alle zukünftigen Entscheidungen transparent und nachvollziehbar kommuniziert werden. Solche Schritte würden nicht nur das Vertrauen in die Bank stärken, sondern auch signalisieren, dass die Führung der Kreissparkasse Gelnhausen den Anforderungen an gute Corporate Governance entspricht und somit das Rating positiv beeinflussen.

Ein gutes Bankenrating ist entscheidend, da es die Kreditwürdigkeit einer Bank bestimmt und somit direkten Einfluss auf die Zinsen hat, sowie auf die Bedingungen, unter denen sie tätig werden kann. Ratingagenturen bewerten nicht nur die finanziellen Ergebnisse, sondern berücksichtigen auch das Management der Bank, die Qualität der internen Prozesse und die Art und Weise, wie mit Krisen umgegangen wird. Eine unklare Kommunikation in Krisenzeiten kann daher als Indikator für eine schlechte Führung gewertet werden, was wiederum zu einer Herabstufung führen könnte.

Darüber hinaus könnte die fehlende Offenlegung über die Gründe der Abberufung von Jacobs Spekulationen Vorschub leisten, die die Situation weiter komplizieren und das öffentliche Bild der Bank schädigen. Solche Spekulationen könnten sich negativ auf die Geschäftstätigkeit auswirken, da Kunden möglicherweise verunsichert sind und ihre Ersparnisse abziehen oder die Geschäftsbeziehungen neu bewerten.

Da die Kreissparkasse Gelnhausen als Mitglied der Sparkassen-Finanzgruppe Hessen-Thüringen (SFG-HT) integraler Bestandteil eines Netzwerks ist, das durch gegenseitige Unterstützungsmechanismen charakterisiert ist, müssen weitere, belastende Konsequenzen bewertet werden. Diese Struktur soll zwar Stabilität und Sicherheit für alle Mitgliedsbanken gewährleisten, birgt jedoch auch das Risiko, dass Probleme einer einzelnen Sparkasse Auswirkungen auf die gesamte Gruppe haben können. Durch die jüngsten Turbulenzen und die mangelnde Transparenz in der Kommunikation der Führungswechsel könnte die Kreissparkasse Gelnhausen das Vertrauen in das gesamte Netzwerk schwächen. Eine solche Wahrnehmung könnte potenziell das Rating der gesamten SFG-HT belasten, da die finanzielle und operationale Gesundheit jeder einzelnen Mitgliedsbank in die Bewertung der Gruppe einfließt. Insbesondere könnte die wahrgenommene Instabilität bei einer Schlüsselbank wie Gelnhausen zu einer vorsichtigeren Betrachtung durch Ratingagenturen führen, was die Belastungen für das gesamte Netzwerk erhöhen und dessen kollektive Fähigkeit, günstige Konditionen am Markt zu sichern, beeinträchtigen könnte.

Die Kreissparkasse Gelnhausen steht somit vor der wichtigen Aufgabe, ihre Kommunikationsstrategie zu überdenken und eine offenere Informationspolitik zu pflegen. Nur durch eine transparente Darlegung der Umstände, die zu solch gravierenden Entscheidungen geführt haben, und durch die klare Kommunikation ihrer zukünftigen strategischen Ausrichtung kann die Kreissparkasse das Vertrauen zurückgewinnen und eine solide Grundlage für die Zukunft schaffen. Dies ist umso wichtiger, da die Sparkasse eine bedeutende Rolle in der lokalen Wirtschaft spielt und viele Bürger sowie Unternehmen im Main-Kinzig-Kreis direkt von ihrer Stabilität und Verlässlichkeit abhängen.

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Moody’s Steigerungen im ersten Quartal 2024

Von Dr. Oliver Everling | 2.Mai 2024

Moody’s hat im ersten Quartal 2024 bedeutende finanzielle Fortschritte gemacht, wie aus dem jüngsten Earnings Release hervorgeht. Das Unternehmen verzeichnete eine beeindruckende Umsatzsteigerung von 21% im Vergleich zum Vorjahr, was größtenteils auf eine robuste Performance von Moody’s Investors Service zurückzuführen ist, die um 35% gewachsen ist. Dieser Anstieg wurde durch verbesserte Marktbedingungen und eine starke Nachfrage nach verschiedenen Anlageklassen begünstigt. Moody’s Analytics trug ebenfalls zum Wachstum bei, allerdings in geringerem Maße, mit einer Umsatzsteigerung von 8% und einem Anstieg des jährlich wiederkehrenden Umsatzes um 10%, angetrieben durch starke Nachfrage nach Know-Your-Customer-Lösungen und führenden Datenprodukten.

Das Unternehmen hat auch seine Prognose für das bereinigte verwässerte Ergebnis je Aktie für das gesamte Jahr leicht angepasst, was nun in einer Spanne von 10,40 bis 11,00 Dollar erwartet wird, verglichen mit früheren Schätzungen. Diese Anpassung spiegelt die Zuversicht des Managements in die anhaltende Nachfrage und die Fähigkeit des Unternehmens wider, sich neuen Geschäftschancen anzupassen.

Zusätzlich zu den finanziellen Fortschritten hat Moody’s in Innovation und technologische Entwicklungen investiert, insbesondere in Bereichen wie Plattformtechnologien und generatives KI, um ihre Marktposition weiter zu stärken und das Serviceangebot zu erweitern. Diese strategischen Investitionen werden durch die starke finanzielle Basis und die operative Leistung des Unternehmens unterstützt, die es Moody’s ermöglicht, sowohl kurzfristige als auch langfristige Wachstumschancen zu nutzen.

Im Hinblick auf die Betriebsausgaben verzeichnete Moody’s einen Anstieg von 8% im Vergleich zum Vorjahr, was hauptsächlich auf erhöhte Anreizzahlungen und aktienbasierte Vergütungen zurückzuführen ist. Trotz des Anstiegs der Ausgaben behielt das Unternehmen eine effiziente Kostenkontrolle bei, die durch das Geolocation Restrukturierungsprogramm von 2022-2023 unterstützt wurde.

Die Kapitalallokation bleibt ein zentraler Fokus für Moody’s, mit bedeutenden Rückkäufen von Aktien und der Ausschüttung von Dividenden, die die finanzielle Stärke und das Engagement für die Aktionärsrendite unterstreichen. Das Unternehmen hat eine regelmäßige Quartalsdividende von 0,85 Dollar pro Aktie angekündigt, die im Juni ausgezahlt wird, was das Vertrauen des Managements in die finanzielle Gesundheit und die zukünftige Performance von Moody’s widerspiegelt.

Insgesamt reflektieren die Ergebnisse des ersten Quartals und die Aussichten für 2024 das starke fundamentale Wachstum von Moody’s, unterstützt durch eine günstige Marktumgebung und strategische Investitionen in zukunftsorientierte Technologien. Die Führung des Unternehmens bleibt optimistisch hinsichtlich der weiteren Entwicklung und Anpassung an dynamische Marktbedingungen, was Moody’s gut positioniert, um sowohl bestehende als auch neue Märkte effektiv zu bedienen.

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Country Overshoot im Rating

Von Dr. Oliver Everling | 29.April 2024

Die Übernutzung natürlicher Ressourcen durch Länder wie Deutschland, wo der Country Overshoot Day bereits am 2. Mai erreicht ist, signalisiert einen dringenden Handlungsbedarf zur Transformation unserer Wirtschaft. Eine „Quality Economy“, die auf Qualität und Nachhaltigkeit statt auf Quantität und Überkonsum setzt, wird immer wichtiger. Der ökologische Wandel erfordert, wie der Portfoliomanager Nicolas Jacob betont, immense Investitionen in erneuerbare Energien, nachhaltige Mobilität und die Bewahrung natürlicher Ressourcen, um die Pariser Klimaziele zu erreichen.

Jacob weist darauf hin, dass die Abkehr von fossilen Brennstoffen und der Ausbau von Energieeffizienz und Netzinfrastrukturen zentrale Aspekte sind. Er erklärt: „Das Abschlusskommuniqué der COP 28 im Dezember 2023 markierte einen Wendepunkt im Bestreben, die globale Erwärmung aufzuhalten.“ Es wurde festgelegt, dass die fossilen Brennstoffe in den kommenden Jahrzehnten aus den Energiesystemen entfernt werden müssen und das nächste Jahrzehnt entscheidend für die Emissionsreduzierung ist.

Rekordinvestitionen von 1,7 Billionen US-Dollar wurden im letzten Jahr weltweit in die Energiewende gepumpt, was ein Wachstum von 17% gegenüber dem Vorjahr darstellt. Besonders die Elektromobilität und deren Ladeinfrastruktur erlebten mit Investitionen von 634 Mrd. US-Dollar einen signifikanten Anstieg, was die Dynamik in diesem Sektor verdeutlicht. „Voraussetzung für die Erreichung der Pariser Klimaziele ist eine Verdreifachung der weltweiten Kapazitäten für erneuerbare Energien bis 2030, was einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von etwa 15% entspricht“, fügt Jacob hinzu.

Neben den Investitionen in Fahrzeuge und erneuerbare Energien ist der Ausbau moderner Stromnetze unerlässlich. Laut Jacob müssten 800 Mrd. US-Dollar bis 2050 investiert werden, um ein CO2-neutrales Szenario zu ermöglichen. Dies beinhaltet den Aufbau und die Modernisierung der Stromnetze sowie die Ersetzung veralteter Anlagen. „Der verstärkte Ausbau der erneuerbaren Energien einerseits und der gleichzeitige vermehrte Bedarf durch die Entwicklung neuer Nutzungsformen, insbesondere in der Mobilität und der Digitalisierung, andererseits, machen zunehmende Investitionen in den Netzausbau notwendig“, betont Jacob.

Diese Notwendigkeit zur Transformation eröffnet für Aktienanleger erhebliche Chancen. Unternehmen, die in saubere Energie, Energieeffizienz und die Bewahrung natürlicher Ressourcen investieren, zeigen erhebliches Wachstumspotenzial. Dies bietet eine Gelegenheit, die Finanzierungslücke von jährlich über 4.000 US-Dollar zu schließen und gleichzeitig zur Schaffung einer nachhaltigeren globalen Wirtschaft beizutragen.

Der „Country Overshoot Day“ ist ein alarmierendes Zeichen für das Maß an Ressourcenverbrauch eines Landes im Vergleich zur globalen Nachhaltigkeit. Dieser Tag, der markiert, wann die Ressourcen, die die Erde innerhalb eines Jahres regenerieren kann, aufgebraucht sind, sollte in Ratings als kritischer Indikator für die ökologische Verantwortung und Nachhaltigkeitspraxis eines Landes bewertet werden. Ein früher „Overshoot Day“, wie der 2. Mai in Deutschland, zeigt eine deutliche Diskrepanz zwischen dem Konsumverhalten und den verfügbaren natürlichen Ressourcen, was zu tieferen Bewertungen in Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit führen könnte. Diese Bewertung kann als ein Maßstab dienen, um politische und wirtschaftliche Anreize für Länder zu schaffen, ihren Ressourcenverbrauch zu überdenken und nachhaltigere Praktiken zu fördern.

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Rolle von Humankapital im ESG-Rating

Von Dr. Oliver Everling | 29.April 2024

In den letzten Jahren haben Investoren zunehmend die Bedeutung von Umwelt- und Governance-Faktoren im Rahmen von ESG-Ratings zur Beurteilung des nachhaltigen Erfolgs von Unternehmen hervorgehoben. Angesichts der Dynamik auf dem Arbeitsmarkt und aktueller Ereignisse wie dem weltweiten Stellenabbau bei Tesla rücken soziale Aspekte immer mehr in den Fokus. Petra Daroczi, eine ESG-Analystin, erklärt, wie entscheidend der Umgang mit den Mitarbeitenden für das Verständnis der Wachstumsaussichten eines Unternehmens ist: „Nachdem der Umgang mit Mitarbeitenden für uns ein erfolgskritischer Faktor in jedem Unternehmen ist, haben wir nach einer geeigneten Messmethode gesucht.“

Im wirtschaftlichen Umfeld der letzten Jahre, das von Rekordinflation und anderen Unsicherheiten geprägt war, standen viele Unternehmen unter dem Druck, Kosten zu senken. Die Reaktion eines Unternehmens in solchen Zeiten, wie der Abbau von über 10 Prozent der Belegschaft bei Tesla und der schrittweise Weggang wichtiger Führungskräfte, spricht Bände über dessen soziale Verantwortung. „Wie ein Unternehmen in solchen Situationen reagiert, spricht für uns als ESG-Analysten Bände“, betont Daroczi.

Das Konzept des „Human CapEx“ oder der Investitionen in das Humankapital stellt eine Zukunftsinvestition dar, die über traditionelle Sachinvestitionen hinausgeht. „Unternehmen erfassen ihre Investitionsausgaben („CapEx“) und weisen sie in einer Cashflow-Rechnung sowie einer Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) aus. Hierbei werden allerdings nur Sachinvestitionen berücksichtigt… Die Investitionen in Personal werden dagegen in vielen GuV-Aufstellungen nicht separat erfasst, sondern lediglich als Kostenfaktor berücksichtigt.“ Investitionen in angemessene Löhne, Sozialleistungen, die Qualifizierung des Personals durch Schulungen und Weiterbildungsmöglichkeiten sind jedoch entscheidend für die Produktivitätssteigerung und die Reduzierung der Mitarbeiterfluktuation.

Beispielhaft für solche Praktiken steht das brasilianische Unternehmen WEG, das durch sein Trainingszentrum „CentroWEG“ junge Talente fördert und Mitarbeitende je nach Zielerreichung am Nettogewinn beteiligt. „Mit über 39.000 Mitarbeitern in 37 Ländern legt das Unternehmen einen Fokus auf sein Trainingscenter „CentroWEG“, das Nachwuchskräfte mit technischen Fähigkeiten ausstattet und sie dazu ermutigt, eine Karriere im Unternehmen anzustreben.“

Ebenso demonstriert VAT Group, ein weltweit führender Anbieter von Vakuumventilen, wie durch eine zukunftsorientierte Personalstrategie und enge Zusammenarbeit mit führenden Ingenieur-Universitäten ein starkes Innovationsumfeld geschaffen wird, das hochqualifizierte Fachkräfte anzieht und bindet. Investitionen von rund 50 Millionen Euro in Forschung und Entwicklung in den letzten beiden Geschäftsjahren unterstreichen diese Strategie.

Insgesamt zeigt sich, dass Investitionen in Humankapital nicht nur gleichwertig zu Sachinvestitionen betrachtet werden sollten, sondern auch als wesentlicher Indikator für die Qualität und zukünftige Wachstumsaussichten eines Unternehmens dienen. Während Unternehmen wie Tesla bekannt dafür sind, aggressiv zu expandieren, legen auf ihrem Weg in einer „Quality Economy“ Qualitätswachstumsunternehmen, die gezielt ausfindig gemacht werden, Wert auf eine langfristige Perspektive und die nachhaltige Entwicklung ihrer Belegschaft.

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Joseph E. Stiglitz‘ holpriger Weg zur Freiheit, Wirtschaft und die gute Gesellschaft

Von Dr. Oliver Everling | 26.April 2024

Joseph E. Stiglitz, ein renommierter Ökonom und Nobelpreisträger, ist bekannt für seine tiefgreifenden Analysen wirtschaftlicher Mechanismen und deren Einfluss auf die Gesellschaft. Am 24. April 2024 erschien sein neuester Titel: Sein Buch „The Road to Freedom, Economics and the Good Society“ verspricht eine umfassende Untersuchung der Rolle der Wirtschaft auf dem Weg zu einer idealen Gesellschaft. Jedoch scheint das Werk – schon seiner Gliederung nach – einige kritische Ungleichgewichte in seiner Behandlung zentraler ökonomischer Konzepte aufzuweisen, die seine Nützlichkeit und Überzeugungskraft einschränken könnten.

Ein grundlegendes Defizit des Buches ist die unzureichende Erörterung darüber, wie im Kreislauf der Wirtschaft die Entscheidungsgrundlagen von Haushalten und Unternehmen entstehen, die über das Angebot und die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen entscheiden. Stiglitz versäumt es auf der Seite der Unternehmen, tief in die Dynamiken einzutauchen, die die Qualitätsmerkmale von Produkten und Dienstleistungen sowie Preisgestaltungsmöglichkeiten wie Ratenzahlungen und Garantien beeinflussen. Diese Elemente sind entscheidend für das Verständnis, wie Märkte funktionieren und wie Verbraucher und Unternehmen Entscheidungen treffen.

Des Weiteren behandelt Stiglitz das Problem von Marktungleichgewichten nur oberflächlich. Die Frage, wie nach Eingriffen des Staates Warteschlangen bei zu niedrigen Preisen vermieden werden können, wird ebenso wenig adressiert wie das Phänomen des Überangebots oder der Überproduktion, die auftreten kann, wenn Preise zu hoch angesetzt sind und dadurch zu viele Anbieter anziehen. Solche Zustände führen zu Verschwendung und ineffizienter Ressourcennutzung, Themen, die in einer Diskussion über „Economics and the Good Society“ von zentraler Bedeutung sein sollten.

Joseph E. Stiglitz‘ Perspektiven in seinem Buch stimmen eng mit seiner generellen Befürwortung für eine erweiterte staatliche Intervention in die Wirtschaft überein, wie sie seine öffentlichen Äußerungen und früheren Schriften zeigen. Stiglitz hat sich seit seinem Nobelpreis im Jahr 2001 immer wieder für das Wachstum staatlicher Eingriffe ausgesprochen. Dies spiegelt sich in seinen Vorschlägen für staatliche Maßnahmen wider, wie etwa die Gründung einer Bundesagentur zur Sicherung der Flugpassagiere nach dem 11. September. Solche Vorschläge verdeutlichen seine Überzeugung, dass der Staat eine zentrale Rolle bei der Bereitstellung von Sicherheit und Qualität spielen sollte.

Immer wieder argumentiert Stiglitz, dass Märkte aufgrund asymmetrischer Informationen „ineffizient“ sind und ohne staatliche Regulierung nicht optimale Ergebnisse liefern können. Diese Sichtweise fördert eine stärkere Rolle der Regierung, um wirtschaftliche Austausche effizient und „gerecht“ zu gestalten. Ein neues Buch müsste mindestens ein ganzes Kapitel über die Frage enthalten, nach welchen Maßstäben ein Preis, der tatsächlich bezahlt wird, als „ungerecht“ bezeichnet werden kann. Bei jeder durchgeführten Transaktion dürfen die konkludenten Willenserklärungen beider Marktteilnehmer unterstellt werden, dass sie mit den Bedingungen einverstanden sind, denn sonst hätten sie die Transaktion nicht durchgeführt.

Bei den meisten Entscheidungen von Marktteilnehmern in einer modernen Volkswirtschaft geht es nicht um Leben und Tod, so dass keine erpresserische Rolle von Anbietern oder Nachfragen unterstellt werden kann. Es geht in den meisten Fällen „nur“ um bessere Gesundheit, höhere Bildung, schöneres Wohnen, bequemeres Fahren, besseres Essen oder gute Unterhaltung. Joseph E. Stiglitz geht nicht genau darauf ein, wie sich staatliche Eingriffe in der Masse der täglichen Entscheidungen von Konsumenten und Produzenten bestimmen lassen sollen und wer sie konkret treffen soll, wenn sie nicht die Entscheidungsfreiheit des Individuums beschneiden sollen.

Preise und Mengen sind die Inputfaktoren jeder Buchhaltung und damit jedes Managements. Wenn Preise von Beamten festgesetzt sind, spiegeln sie vielleicht die momentanen Präferenzen von Beamten oder maßgebenden Politikern, aber nicht unbedingt die Präferenzen der Marktteilnehmer. Darin liegt ein Element der Willkür. Die Informationsfunktion der Preise geht verloren. Im Extremfall einer Zentralverwaltungswirtschaft sind Preise nur noch Elemente eines Begrenzungs- und Verteilungsmechanismus, ohne Impluse für eine effizientere Allokation von Ressourcen geben zu können.

Wenn Preise unvollkommene Signale senden und daher zu Fehlentscheidungen führen, wie beispielsweise wegen ihrer mangelnden Reflexion externer Kosten, dann bedarf es ergänzender Systeme des Ratings. Bei Stiglitz findet sich aber kein Kapitel, das die Grundlagen für ein System aus Ratings legen würde, das auch ethische, ökologische und soziale Aspekte abgreift.

Stiglitz lobte vor über einem Jahrzehnt die sozialistische Regierung von Hugo Chavez in Venezuela. Er betonte, wie Chavez‘ Politik angeblich Gesundheit und Bildung in die armen Viertel von Caracas brachte. Dies zeigt seine Tendenz, Ansätze zu befürworten, die eine gleichmäßigere Verteilung des Reichtums anstreben, trotz der späteren Wirtschaftskrise in dem von natürlichen Ressourcen so reichen Land Venezuela, die zeigt, wie solche Politiken letztendlich scheitern können. So bleibt für den Leser hauptsächlich, ihm in weiten Teilen seiner Bestandsaufnahme der Ungleichheit zuzustimmen, ohne aber ein schlüssiges Konzept vorzufinden, nach dem weiter verfahren werden kann.

Stiglitz behauptet, dass Märkte systematisch Ungleichheit produzieren und dass nur wenige von der Freiheit der Märkte profitieren, während die Mehrheit wirtschaftlich zurückbleibt. Er schlägt vor, durch staatliche Eingriffe und umfassende soziale Programme, wie progressive Besteuerung und hochwertige öffentliche Bildung, dieser Entwicklung entgegenzuwirken.

Ähnlich wie in seinen früheren Werken und Vorträgen spricht Stiglitz praktisch davon, zu den Politiken der Great Depression zurückzukehren, um wachsende Ungleichheit und Armut zu bekämpfen. Er sieht staatliche Regulierungen und Interventionen als notwendig an, um eine gerechtere Wirtschaftsstruktur zu schaffen, die den „Mittelklasse“-Standard der Nachkriegszeit wiederherstellen kann.

Trotz dieser Kritikpunkte liefern seine Bücher wertvolle Einsichten in einige Aspekte der sozialen Wohlfahrt und deren Abhängigkeit von wirtschaftlichen Strukturen. Stiglitz ist besonders stark in der Darstellung der Verbindung zwischen wirtschaftspolitischen Entscheidungen und ihren langfristigen Auswirkungen auf die gesellschaftliche Freiheit und Gerechtigkeit. Seine Argumentationen zu den Möglichkeiten einer gerechteren Gesellschaft durch gezielte ökonomische Reformen sind nach wie vor eindrucksvoll und inspirierend.

Insgesamt bietet „The Road to Freedom, Economics and the Good Society“ sicher vielen Leserinnen und Lesern eine Reihe von Einsichten und Anregungen, leidet jedoch unter einer gewissen Oberflächlichkeit in der Auseinandersetzung mit wichtigen ökonomischen Fragen. Leser, die eine tiefgehende technische Analyse der Marktmechanismen erwarten, könnten von diesem Buch enttäuscht sein. Für diejenigen, die ein breiteres Verständnis der sozialen Dimensionen wirtschaftlicher Politik suchen, bietet es jedoch durchaus interessante Perspektiven und Diskussionsansätze.

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Tech-Blase oder schillernde Zukunft? UBP-Experten analysieren den Sektor

Von Dr. Oliver Everling | 25.April 2024

Die größte Herausforderung für Tech-Investoren ist laut Union Bancaire Privée (UBP) das Konzentrationsrisiko. Die drei größten Unternehmen im MSCI World Information Technology Index – Microsoft, Apple und Nvidia – machen zusammen 45% des Index aus. Auch bei Nvidia ist die Konzentration hoch: Die fünf größten Kunden generieren 45% des Umsatzes.  „Zur Überraschung der meisten Anleger sind die anderen vier Aktien der „Magnificent 7“ gar nicht in diesem Index vertreten. Sie fallen in die Sektoren Kommunikationsdienste bzw. zyklische Konsumgüter. Anleger, die über eine passive Lösung ein Engagement im globalen Technologiesektor anstreben, sind daher einem hohen Konzentrationsrisiko ausgesetzt“, führen die Senior-Portfoliomanager Fares Benouari und Bettina Baur aus dem Swiss & Global Equity Team der UBP aus.

UBP-Experten sehen die Bewertungen im Technologiesektor zwar nicht auf Blasenniveau, aber differenzieren. Der Nasdaq 100 handele mit einem KGV von 25 zwar über dem 5-Jahres-Schnitt, aber deutlich unter dem Höchststand von 2020 und weit niedriger als während der Dotcom-Blase. Gestützt wird diese Bewertung durch positive Fundamentaldaten: Das EPS-Wachstum des Sektors soll sich bis 2024 auf 18% beschleunigen, die operative Rentabilität (CFROI®) die 10%-Marke überschreiten.

Fintech biete interessante Chancen, sei aber insgesamt noch unterbewertet. Innerhalb des Segments gebe es allerdings eine große Spanne. Zahlungsverkehrsunternehmen wie Global Payments und Nexi notieren im niedrigen Zehnerbereich, während Kartennetzwerke und digitale Disruptoren deutlich höher bewertet sind. Der Zahlungsverkehr profitiere weiterhin vom Trend zu elektronischen Zahlungen, insbesondere im B2B-Bereich.

Die zunehmende Akzeptanz von KI könnte für viele Fintech-Unternehmen ein Effizienzfaktor werden und die Margen verbessern. Der Fintech-Sektor biete zwar ein hohes Marktrisiko, aber auch sichtbares Wachstum und Wertschöpfung. Er könne zur Diversifizierung im Technologiesektor oder als Alternative zum traditionellen Finanzsektor genutzt werden. Um das Konzentrationsrisiko zu senken, investieren UBP-Experten auch in Segmente außerhalb des Index, die hohe Wertschöpfung bieten. Dazu gehören Fintech und E-Commerce. „Technologie“ gehe für die UBP über die enge Definition des Index hinaus.

Tech-Investoren sollten sich vor Augen führen, dass der Technologiesektor derjenige ist, der menschlichen Einfallsreichtum und Kreativität am besten widerspiegelt. Dies führe überdurchschnittlich hoher Wertschöpfung und starker Performance über den Zyklus hinweg.

Der Technologiesektor bietet trotz einiger Herausforderungen weiterhin attraktive Chancen. Investoren sollten aber die Risiken kennen und auf Diversifikation setzen. UBP-Experten sehen Fintech als besonders interessant an, weisen aber auch auf die große Spanne innerhalb des Segments hin.

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