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Globaler Grundtrend ist schwach
Von Dr. Oliver Everling | 12.März 2019
“Das Jahr 2018 war relativ genau nach Drehbuch”, sagt Dr. Heinz-Werner Rapp, Vorstand und Chief Investment Officer der FERI AG, mit einer Portion Selbstbewusstsein bei der FERI Jahrespressekonferenz in Frankfurt am Main. “Letztlich war es genauso, wie wir es vermutet hatten”, zeigt Rapp anhand der Angaben, die er dazu vor einem Jahr zu Beginn 2018 machte.
Die Rezessionsrisiken und die US-Politikprobleme wurden abrupt “eingepreist”, sagt Rapp. Die Zykluswende sei immer noch voll aktiviert. Anfang des Jahres gab es Rückenwind, aber es gebe immer noch ein gefährdendes Bild. Die US-Rezessionen kündigten sich praktisch immer 6 bis 12 Monaten vorher an. Rapp schließt daher nicht aus, dass es 2019 noch weitere Signale geben könnte.
Die jährliche Veränderungsrate der Geldmenge M1 stelle die Frage nach einer US-Rezession. In den nächsten zwölf Monaten würde die aktuelle Entwicklung “Plausibilität verleihen”, wie Rapp formuliert. Die EZB habe sich von der Idee verabschiedet, die Zinsen in 2019 noch zu erhöhen. Draghi werde als Notenbankchef daher wohl ohne eine Wende in der Politik verabschiedet.
“Wir sind mittendrin zwischen Baum und Borke”, macht Rapp klar. Das Szenario zeige signifikante Risiken und deutlich erhöhte Komplexität. Rapp fragt sich, ob das weltweit labile Konjunkturbild in eine Rezession kippt, ob die USA ihren Handelskrieg von China auf Europa erweitern, welches BREXIT-Szenario nun Realität wird und insbesondere, ob die Kapitalmärkte das veränderte Szenario bereits voll eingepreist haben. Je nach Stellung im globalen Finanzmarktzyklus drohe erneut ein schlechtes Jahr an den Aktienmärkten.
Axel D. Angermann, Chef-Volkswirt der FERI Gruppe, sieht keine echte Rezessionsgefahr in den USA, da die Geldpolitik vorerst als Rezessionstreiber ausfalle. Die Stundenlöhne steigen, die Lohnstückkosten bleiben weitgehend konstant, die Inflation im Rahmen und der reale Notenbankleitzins niedrig, so Angermann. Insofern gebe es keine aktuellen Gefahren.
Angermann lässt aber keinen Zweifel an der drohenden Gewinnrezession in den USA und weist einen deutlichen Dynamikverlust bei der Unternehmensgewinnen bis 2020 nach. Die gewollte Liquiditätsverknappung in China sehe man deutlich in den einzelnen Indikatoren. Sorgen beschwören für die deutsche Wirtschaft die PKW-Verkäufe in China herauf, denn erstmals sei die Zahl der Verkäufe in China gesunken. “Eine deutliche Abschächung, die mit einer Abwertung einhergeht”, sagt Angermann.
Erhöhung des Steuerfreibetrags für die Einkommensteuer, Subventionen für PKW-Käufe, Senkung der Unternehmenssteuern, frühheitigere Kreditvergabe durch lokale Einheiten, geldpolitische Stimulierung und punktuell zusätzliche Infrastrukturinvestionen sind Reaktionen der chinesischen Führung, berichtet Angermann und warnt vor der Wirkungsverzögerung und den überwiegend indirekten Wirkungen, die von diesem Konjunkturprogramm mit relativ geringem Volumen ausgehen. Mit 2009/2010 seien die aktuellen Maßnahmen nicht zu vergleichen.
Angermann sieht Deutschland mit einer ungewöhnlichen Schwäche. Die hohe Abhängigkeit von China und dem Welthandel werde zusätzlich durch die Krise der Autoindustrie belastet. Der Strukturwandel hin zur Elektromobilität führe zu erheblichen Unsicherheiten.
“Was uns Sorgen bereitet ist der Umstand, dass wir zwar eine florierende Bauwirtschaft wegen niedrigen Zinsen usw. haben, so dass die Abschwächung in der Industrie nicht durchschlagen müsste, aber es dennoch rückläufige Erwartungskomponenten gibt”, sagt Angermann. Die schlechte Entwicklung in der Industrie könnte sich auf die anderen Bereiche schließlich auswirken. Die BIP-Prognose ist schon heute rückläufig für die Zuwachsrate. “Wir haben unsere Prognose deutlich heruntergenommen.”
Im Euroraum insgesamt würden ähnliche Faktoren wie in Deutschland wirken. Unter den verschlechterten Aussichten leiden auch andere Länder. Einer der Faktoren sei dabei der BREXIT, denn die Exporte nach Großbritannien fast aller Länder sei rückläufig und dieser Trend werde sich auch nicht ändern, wenn der BREXIT verschoben werde. Die Unsicherheit werde dadurch nur verlängert. Angermann wirbt um Verständnis, dass es vor diesem Hintergrund fast unmöglich sei, eine verlässliche Prognose abzugeben.
Italien bleibe der entscheidende Schwachpunkt im Euroraum. Die Arbeitsproduktivität liege heute um 4 % unter der vor zwanzig Jahren. Das sei ein “erschütternder Befund”, so Angermann wörtlich. Kaum zu fassen daher die aktuelle Politik der italienischen Regierung. Allein wegen der Wachstumsschwäche werde das Defizit der Italiener weiter steigen und daher der Konflikt mit dder EU vorprogrammiert.
Angermann sieht das FERI-Scoring aus dem Band des aktuellen Rating der Ratingagentur S&P herauslaufen. Hier ticke eine Zeitbombe. Eine Rezession 2019/2020 sei zwar nicht zwangsläufig, habe aber signifikante Wahrscheinlichkeit. In China sei konsequenteres Gegensteuern erforderlich, um Stabilisierung zu erreichen. Schwachpunkte im Euroraum seien die außenwirtschaftliche Belastung, die Exportländer wie Deutschland treffe, die strukturelle und konjunkturelle Krise der Autoindustrie, die Schwäche Italiens, die andauernde innereuropäiische Spannungen sichtbar mache, und das aktuell andauernde Risiko eines No-Deal-Brexit mit (moderat) negativen Folgen auch für Kontinentaleuropa.
Rapp konzedierrt, dass zwei Notenbank bereits “umgekippt” seien, die FED wie auch die EZB. Die weltweite Liquidität nehme deutlich ab. die dlobalen Notenbanken seien nur noch moderat expansiv. Das moneträre Umfeld sei eingetrübt. Rapp sieht auch die globalen Institutionen fragil, die die populistische Politik schädige den Welthandel. Die Europawahl, sagt Rapp auf Nachfrage, werde die populistischen Plattformen stärken. Rapp will nicht von EU-Gegnern im EU-Parlament sprechen, aber doch von mehr EU-kritischen Stimmen.
Einen negativen Vorboten für die EWU-Industrie macht Rapp in Schweden aus, wo der Sweden Manufacturing PMI, Ne Orders-Investories bereits deutlich nach unten gegangen sei – koinzident zur nächsten Rezession. In den USA sei die Arbeitslosigkeit auf niedrigstem Niveau, ein Zeichen für einen sehr späten Zyklus. Außerdem sei die Unternehmensverschuldung in Relation zum BIP in den USA bereits ausgereizt.
Weltwirtschaftliche Frühindikatoren senden weiter negative Signale für Aktien. Die Frühindikatoren spiegeln sich noch nicht in den Aktienkursen. Globale Renten- und Rohstoffmärkte signalisieren nach Ansicht von Rapp ebenfalls ein eher eingetrübtes Konjunkturszenario. “Die Zinsen bleiben tief, nur in wenigen Ländern können sie noch tiefer gehen”, sagt Rapp. Der US-Dollar bleibe vorerst fest, auch wenn ein Szenario für eine spätere Abschwächung erkennbar sei. Für Investoren, fasst Rapp zusammen, werde das Jahr 2019 erneut herausfordernd, denn durch diverse “Querströmungen” werde ein komplexes und wechselhaftes Gesamtbild erzeugt.
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