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Erst Definitionen, dann das Rating
Von Dr. Oliver Everling | 18.März 2021
„Es ist schon recht erstaunlich,“ wundert sich Dr. Jörg Schulz, Geschäftsführer des infinma Institut für Finanz-Markt-Analyse GmbH, „wieviel Marktteilnehmer in den letzten Wochen an gekündigt haben, Nachhaltigkeitsratings für (Lebens-) Versicherungsunternehmen entwickeln zu wollen.“
Bisher gebe es nicht einmal eine verbindliche und umfassende Definition dessen, was bei einem Lebensversicherer Nachhaltigkeit überhaupt bedeute. „Zwar besteht eine breite Einigkeit darüber, welche Aspekte bei der Betrachtung von Nachhaltig eit eine Rolle spielen können, bspw. Klima-, Umwelt- und Naturschutz. Aber eine umfassende Berücksichtigung bspw. der 17 SDGs der Vereinten Nationen sucht man derzeit meist vergebens.“ Er stellt sich auch die Frage, ob und inwieweit eine voll umfängliche Berücksichtigung aller Kriterien möglich ist bzw. welche der Kriterien für einen Lebensversicherer überhaupt von Relevanz sind.
„Statt der vollmundigen Ankündigung von Nachhaltigkeitsratings wäre es sicher für alle Beteiligten deutlich hilfreicher, wenn die betreffenden Analysten sich zunächst mal mit der Definition von Nachhaltigkeit beschäftigen würden. Damit stoßen sie aber fast zwangsläufig an Grenzen. Zum jetzigen Zeitpunkt haben weder UN, noch EU, geschweige denn GDV oder BaFin verbindliche Regelungen veröffentlicht. Auf Taxonomieverordnungen zu den Themen Soziales und Governance wird man ver mutlich noch mehrere Jahre warte müssen“, sieht Schulz voraus.
„Somit wissen die Rater zwar noch nicht, was genau sie denn eigentlich in der Gesamtheit bewerten sollen oder müssen, gleichwohl sehen sie sich in der Lage umfassende Kriterienkataloge zu entwickeln, die geeignet sein sollen, die Nachhaltigkeit eines Unternehmens zu bewerten“, kritisiert Schulz.
Bei genauerem Hinschauen sei jedoch zu erkennen, dass vielfach die Kapitalanlagen der Unternehmen im Mittelpunkt der Betrachtung stehen und andere Kriterien allenfalls am Rande eine Rolle spielen. Das sei durchaus verständlich, weil man beispielsweise bei der Beurteilung der Nachhaltigkeit von Fonds gerne auf bereits bestehende Nachhaltigkeitsbewertungen zurückgreift und somit die vorhandene Expertise Dritter nutzen kann.
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