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Chinesisches Fingerspitzengefühl
Von Dr. Oliver Everling | 31.März 2021
„China führt den Elefant im Porzellanladen mit viel Fingerspitzengefühl“, heißt es im aktuellen Investmentausblick von Eurizon. „China hat eine eindeutige Signalfunktion für den aktuellen Konjunkturzyklus. Das Land hat den Anfang gemacht und den vorherigen Zyklus mit dem Ausbruch der COVID-19-Pandemie unterbrochen. Es war aber auch das erste große Land, das das Virus eindämmen und zu mehr oder weniger normalen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen zurückkehren konnte.“
Von nun an komme China eine wichtige Rolle zu, wenn es darum geht, die neue Phase der Rückkehr zur Normalität zu beobachten, das heißt die Aussetzung der Konjunkturmaßnahmen und dann, mit Blick auf das Jahr 2022, deren Abschaffung. Im dem gerade zu Ende gegangene Parteitag der Kommunistischen Partei sehen die Experten von Eurizon die Bestätigung für das bereits vor der Pandemie genannte Ziel, mittelfristig ein jährliches Wachstum von nicht weniger als 6% zu erreichen, und folgern, dass nach dem starken Aufschwung in diesem Jahr (+8,4% laut Konsenserwartungen) eine Abschwächung des Wirtschaftswachstums in Richtung 6% möglich ist.
„Im Moment muss man nicht von wirklich restriktiven Eingriffen ausgehen“, urteilen die Analysten. „Diese würden nur im Falle einer Überhitzung erfolgen. Es wird ausreichen, die Wirtschaft allmählich wachsen zu lassen, ohne weitere Anreize zu geben. Es sollte dabei indes auch bedacht werden, dass der Wechsel von einer vollständig expansiven zu einer eher neutralen Politik bereits eine bedeutende Veränderung darstellt. Neben den Auswirkungen der steigenden US-Zinsen spiegelt die negative Performance der Schwellenländer im vergangenen Monat auch dieses Element wider. Andererseits gibt es jetzt auch keinen Grund, eine übermäßige Straffung zu befürchten. Die chinesischen Behörden haben es in den vergangenen Jahren verstanden, eine Wirtschaft von gigantischen Ausmaßen mit dem nötigen Fingerspitzengefühl zu steuern. Ein Elefant im Porzellanladen, der bis jetzt noch nichts kaputt gemacht hat.“
Was den Kredithebel anbelangt, mit denen der „Elefant“ gelenkt wird, so können die Experten von Eurizon derzeit eine Schwankung in der Intensität der Anreize feststellen, die auf Jahresbasis betrachtet nicht weiter zunimmt. Gleichwohl handelt es nicht um eine Beschränkung der Maßnahmen. „Der Staatshaushalt wurde seit 2008 fast kontinuierlich ausgeweitet, auch nach der globalen Abkühlung durch die Subprime-Krise. Unter Corona hat das jährliche Defizit fast 6,5% des BIP erreicht, und es gibt derzeit keine Anzeichen für einen Umschwung.“
Der Wechselkurs war aus Sicht von Eurizon in den angespanntesten Phasen des Handelskriegs als defensive Waffe eingesetzt worden: „Seit die Auseinandersetzung am Verhandlungstisch geführt wird, konnte der Wechselkurs stabil gehalten werden. Abgesehen von geopolitischen Faktoren ist die Wechselkursstabilität auch im Interesse der chinesischen Behörden, um Kapital für ihren wachsenden Anleihenmarkt zu gewinnen.“
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