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ING-DiBas „Beipackzettel“ für Anlageprodukte

Von Dr. Oliver Everling | 15.September 2009

Die Direktbank ING-DiBa will zukünftig für alle von ihr angebotenen Anlageprodukte ein standardisiertes Produktinformationsblatt zur Verfügung stellen, das es ihren Kunden und Interessenten ermöglicht, alle wesentlichen Merkmale einer Anlage schnell zu erfassen und verschiedene Produkte miteinander zu vergleichen. „Als erstes deutsches Kreditinstitut setzt die Bank damit eine Empfehlung der Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner um“, schreibt die Bank in einer Pressemitteilung. Aigner hatte Ende Juli auf einer Fachtagung den Entwurf eines Produktinformationsblattes für Anlageprodukte vorgestellt und die Finanzwirtschaft gebeten, dies im Sinne der Kundenaufklärung künftig für ihre Produkte zu verwenden.

„Als Direktbank, die davon lebt, dass Kunden ihre Anlageentscheidungen selbst treffen und umsetzen können, begrüßen wir die Initiative von Frau Aigner, Verbraucher durch konzentrierte und vereinheitlichte Produktinformationen entscheidungs-fit zu machen“, sagte ING-DiBa Vorstandsvorsitzender Ben Tellings. Die ING-DiBa stellt auf ein bis zwei Seiten dar, wie ein Produkt funktioniert und was es bringen kann. Aber auch, welche Kosten sowie „Risiken und Nebenwirkungen“ beachtet werden sollten. Als Vorlage für den „Beipackzettel“ dient das vom Verbraucherschutzministerium entwickelte Muster-Produktinformationsblatt.

Die Anlageexperten des Frankfurter Geldinstitutes haben bereits die entsprechenden Produktinformationsblätter für die Kernprodukte des Hauses erstellt und auf der Homepage unter www.ing-diba.de/produktinformationsblatt bereitgestellt. Mittelfristig ist geplant, dass es für nahezu jedes der bei der mit über sechs Millionen Kunden größten deutschen Direktbank erhältlichen Anlageprodukte einen solchen „Beipackzettel“ gibt – vom Tagesgeldkonto bis zum Aktienfonds.

Schon der gut gemeinte Versuch der ING-DiBa zeigt, wie problematisch der Vorschlag der Bundesverbraucherschutzministerin ist. So gibt die Bank nun ihren Produktinformationen einerseits einen offiziellen Anstrich durch die Überschrift „ING-DiBa Produktinformationsblatt gemäß der Empfehlung des Bundesministeriums für Verbraucherschutz“, vermeldet für alle Sparprodukte aber keinerlei Risiken – abgesehen vom Hinweis auf das Emittentenrisiko/Kreditrisiko, das gleich mit der Aufklärung über den Anlagebetrag zerstreut wird, der durch die gesetzliche deutsche Einlagensicherung in einer Höhe von bis zu 50.000 Euro je Kontoinhaber abgesichert ist und über den Betrag hinaus bei der ING-DiBa eine Absicherung über den Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken bis zu einem Betrag von 1,18 Mrd. Euro pro Kunde erfolgt. Das dem Anleger aus diesen Produkten in unterschiedlichem Maße entstehende Liquiditätsrisiko – um ein Beispiel für die eigentlich aufzulistenden Risiken zu nennen – wird offenbar wegdefiniert. Auf weitere Risiken mach die ING-DiBa nur bei den Wertpapierangeboten aufmerksam.

Der Fall der ING-DiBa zeigt, dass der Vorschlag der Bundesverbraucherschutzministerin ein gelungener Wahlkampfgag bleibt, wenn nicht weitere Präzisierungen vorgenommen werden. Jede Konkretisierung aber dürfte einen erheblichen bürokratischen Apparat benötigen, um diese zu erarbeiten und zu pflegen. Im Ergebnis erhält der Verbraucher voraussichtlich schier endlose Auflistungen von Faltblättern und Risiken, die kaum mehr Transparenz schaffen, sondern wie „Kleingedrucktes“ einfach nur hingenommen werden.

Die Alternative zum Vorschlag der Bundesverbraucherschutzministerin besteht darin, Ratingagenturen mit der Aufgabe zu befassen, jedes Produkt im Vergleich zu anderen Produkten derselben Kategorie zu beurteilen und durch ein Rating Antwort auf die Frage zu geben, inwieweit der Anleger erwarten darf, dass der Anbieter eines Produkts das mit seinem Angebot gegebene Versprechen einzulösen vermag.

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