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Bankenratings gewinnen wieder an Bedeutung
Von Dr. Oliver Everling | 9.Dezember 2021
Der Bundesverband deutscher Banken (BdB) hat am 8. Dezember 2021 eine weitere Reform seiner freiwilligen Einlagensicherung angekündigt. Damit kommt es zu noch mehr Einschränkungen, als im Februar 2017 schon beschlossenen.
Nach einer kurzen Übergangsphase gibt es ab 2023 für professionelle Einleger keinen Schutz mehr. Versicherungen, Pensionskassen und Versorgungswerke, aber auch Investmentgesellschaften sowie öffentlich rechtliche Körperschaften und Anstalten gehen küngit leer aus. Wie der Insolvenzfall der Greensill Bank bereits manchem Stadtkämmerer und Bürgermeister in Erinnerung rief, bleiben Einlagen von Kommunen, Ländern und dem Bund wie schon bisher vom Schutz ausgeschlossen.
„Das Schutzversprechen wird auf private Sparer (i.e. natürliche Personen») und Unternehmen beschränkt. Auch Institutionen, die gesetzlich verpflichtet sind, ihre Einlagen zu schützen (z.B. Sozialversicherungen) können sich weiter Hoffnung auf eine Entschädigung machen“, schreiben die Schweizer Spezialisten von Independent Credit View.
Zudem führt der BdB ab 2023 eine feste Obergrenze für die mögliche Entschädigung von Kunden ein, deren Bank insolvent oder Gegenstand eines Abwicklungsverfahrens ist. Diese Obergrenze orientiert sich am Schutzbedarf privater Sparer. Sie wird ab 2023 von maximal EUR 5 Mio. für Privatkunden und EUR 50 Mio. für Unternehmenskunden auf EUR 1 Mio. bzw. EUR 10 Mio. in 2030 fallen. Ergänzend gilt das Schutzversprechen ab 2023 nicht mehr für Einlagen von Unternehmen mit einer Laufzeit von mehr als zwölf Monaten.
„Wir hatten bereits im Mai 2021 im I-CV Credit Insight ‚Die Sugar-Daddies und ihre Zombie-Banken‘ auf die kostspieligen Fehlanreize der freiwilligen Einlagensicherung für Banken wie für Investoren hingewiesen. Ihre sklerotische Wirkung“, sagt Guido Versondert, Senior Credit Analyst beim Schweizer Kreditresearch-Unternehmen Independent Credit View, „hat bislang eine angesichts der sehr heterogenen Bonität der in Deutschland ansässigen Banken überfällige Marktbereinigung verzögert. Den Opportunisten, Hasardeuren und Pechvögeln unter den Banken bietet sie bisher einen fast kostenlosen Lunch. Dies zeigen nicht nur der Fall der Greensill Bank, sondern auch die negativen Erfahrungen mit Lehman Brothers Bankhaus, Maple Bank, Valovis oder Düsseldorfer Hypothekenbank.“
In jedem der genannten Fälle – und in anderen auch – waren für I-CV genügend Hinweise erkennbar, die für eine vorsichtige Einschätzung von Bonitäten und Zurückhaltung bei der Kreditvergabe sprachen. „Auch wenn sich angesichts der Natur ihres Geschäfts und der Unzulänglichkeiten der Finanz- und Risikoberichterstattung vieler deutscher Banken sowie der Unwägbarkeiten der Bankenaufsicht Insolvenzen von Banken generell kaum vorhersagen lassen, lassen sich in finanzieller Hinsicht oder mit Blick auf ihre Governance schwache und anfällige Banken gleichwohl frühzeitig identifizieren.“
Auf Bankenratings wird es vor dem Hintergrund der beschlossenen Maßnahmen mehr noch als bisher ankommen. Insbesondere professionelle Anleger werden sich der Ratings unabhängiger Agenturen bedienen müssen, wenn sie nicht eigene Analystenstäbe aufbauen wollen.
Die bisherige Ausgestaltung der freiwilligen Einlagensicherung stand einer differenzierten Einschätzung von Rendite und Risiko nach Schuldnern und Instrumenten im Wege gestanden. Professionelle Investoren, die sich um eine sorgfältige Risikoabschätzung bemühten, wurden vielfach um ihre verdiente Risikoprämie gebracht. Entsprechend konnte auch mit Bankenrating kaum Geld verdient werden.
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