« | Home | »

US-Ratings auch in der EU rechtens

Von Dr. Oliver Everling | 26.Oktober 2009

Mit der neuen EU-Verordnung über Ratingagenturen sollen gemeinsame Qualitätsanforderungen zur Verbesserung der Qualität von Ratings festgelegt werden. „Dies betrifft insbesondere die Qualität von Ratings, die sowohl für Finanzinstitute als auch für Personen im Geltungsbereich harmonisierter Gemeinschaftsvorschriften bestimmt sind. Anderenfalls besteht die Gefahr,“ so der Standpunkt des Europäischen Parlaments im Hinblick auf den Erlass der EU Verordnung über Ratingagenturen, „dass die Mitgliedstaaten auf nationaler Ebene unterschiedliche Maßnahmen treffen. Dies würde dazu führen, dass die für Finanzinstitute in der Gemeinschaft tätigen Ratingagenturen in den einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedlichen Vorschriften unterliegen, was die ordnungsgemäße Funktionsweise des Binnenmarkts unmittelbar beeinträchtigen und behindern würde.“ Außerdem könnten uneinheitliche Qualitätsanforderungen an Ratings einen unterschiedlich hohen Anleger- und Verbraucherschutz nach sich ziehen, warnen die Parlamentarier. Außerdem sollten die Nutzer in der Lage sein, Vergleiche zwischen in und außerhalb der Gemeinschaft erstellten Ratings anzustellen.

Es empfiehlt sich nach Ansicht des Europäischen Parlaments, dass in Drittländern abgegebene Ratings für regulatorische Zwecke in der Gemeinschaft verwendet werden können, sofern die Anforderungen, die sie erfüllen, genauso streng sind wie die, die in dieser Verordnung vorgesehen sind. Ohne eine solche Regelung würde Mehrzahl der von den US-Agenturen erteilten Ratings in Europa unbeachtlich bleiben.

Es soll daher ein Bestätigungsmechanismus eingeführt, mit dessen Hilfe in der Gemeinschaft ansässige und im Einklang mit dieser Verordnung registrierte Ratingagenturen in Drittländern abgegebene Ratings bestätigen können. Konkret heißt das, dass die Tochtergesellschaft einer US-amerikanischen Ratingagentur von den Ratings ihrer Mutter Gebrauch machen darf. „Bei der Anerkennung eines in einem Drittland erstellten Ratings sollten die die Ratingagenturen feststellen und regelmäßig kontrollieren,“ so will es die EU, „ob bei der Erstellung dieses Ratings Bestimmungen eingehalten wurden, die denen dieser Verordnung entsprechen, und damit in der Praxis dieselben aufsichtsrechtlichen Ziele und Wirkungen erreicht werden.“

Um den Bedenken Rechnung zu tragen, nach denen das Fehlen eines Sitzes in der Gemeinschaft für eine wirkungsvolle Aufsicht im besten Interesse der Finanzmärkte in der Gemeinschaft ein ernsthaftes Hindernis darstellen könnte, soll ein Bestätigungsmechanismus für Ratingagenturen dafür sorgen, dass auch Ratings von Agenturen, die mit Ratingagenturen mit Sitz in der Gemeinschaft verbunden sind oder eng mit diesen zusammenarbeiten, anerkannt werden können. An der Eröffnung von Büros in Europa kommen jedoch Ratingagenturen aus anderen Kontinenten nur in Ausnahmefällen vorbei: „Dennoch kann es notwendig sein, die Forderung nach physischer Präsenz in der Gemeinschaft in bestimmten Fällen anzupassen, insbesondere bei kleineren Ratingagenturen aus Drittländern ohne Vertretung oder Filiale in der Gemeinschaft. In ihrem Fall sollte deshalb ein spezieller Zertifizierungsmechanismus verfügbar sein, sofern sie keine systemrelevante Bedeutung für die finanzielle Stabilität oder Integrität in einem Mitgliedstaat oder mehreren Mitgliedstaaten haben.“

Entscheiden für eine Zertifizierung ist die Frage, ob der Regelungs- und Kontrollrahmen des betreffenden Drittlandes als gleichwertig mit den Bestimmungen dieser Verordnung betrachtet werden kann. Gleichwertigkeit ermöglicht allerdings nicht automatisch den Zugang in die Gemeinschaft, sondern eröffnet qualifizierten Ratingagenturen aus Drittländern nur die Möglichkeit, sich von Fall zu Fall einer Bewertung zu unterziehen und eine Befreiung von einigen organisatorischen Erfordernissen für Ratingagenturen wie auch der physischen Präsenz zu erhalten.

Eine Ratingagentur aus einem Drittland muss als allgemeine Voraussetzung für die Integrität der von ihr ausgeübten Ratingtätigkeiten bestimmte Kriterien erfüllen, damit eine Einflussnahme der zuständigen Behörden und anderer staatlicher Stellen des betreffenden Drittlandes auf den Inhalt der Ratings verhindert wird, angemessene Maßnahmen zur Verhinderung von Interessenkonflikten getroffen werden, ein regelmäßiger Austausch von Analysten stattfindet und laufend Informationen veröffentlicht werden.

Wichtig sind funktionierende Kooperationsvereinbarungen zwischen den zuständigen Behörden der Herkunftsmitgliedstaaten und den für die Ratingagenturen der Drittländer jeweils zuständigen Behörden. Die Ratingagentur, die die in einem Drittland abgegebenen Ratings bestätigt hat, haftet vollständig und uneingeschränkt. Die Verordnung gilt allerdings nicht für Ratings, die aufgrund eines Einzelauftrags erstellt und ausschließlich an die Person weitergegeben werden, die den Auftrag erteilt hat, und die nicht zur Veröffentlichung oder zur Verteilung an Abonnenten bestimmt sind. Ebenso gelten Finanzanalysen, Anlageempfehlungen und andere Einschätzungen des Wertes oder des Preises eines Finanzinstruments oder einer finanziellen Verpflichtung nicht als Ratings. Von solchen, oft ohne Auftrag erteilte Analysen sind jedoch auftragslose Ratings zu unterscheiden. Als unaufgefordert abgegeben gelten Ratings, die nicht im Auftrag des Emittenten oder der bewerteten Einrichtung erstellt werden. „Diese Ratings sollten klar als solche gekennzeichnet und durch geeignete Mittel von im Auftrag erstellten Ratings unterschieden werden“, heißt es dazu im Standpunkt des Europäischen Parlaments im Hinblick auf den Erlass der EU Verordnung über Ratingagenturen.

Themen: Nachrichten | Kommentare deaktiviert für US-Ratings auch in der EU rechtens

Kommentare geschlossen.