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Sparkassen relativieren ihre Ziele

Von Dr. Oliver Everling | 30.Oktober 2009

„Mathematische Modelle sollten die Kundenkenntnis ersetzen“, berichtet Heinrich Haasis, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes e.V. aus der vergangenen Praxis des Bankgewerbes, die zur Finanzkrise führte. Haasis sprach auf dem 7. Internationalen Retail-Bankentag der Börsen-Zeitung (http://www.retailbankentag.de/) zu seinem Thema „Die Wiederentdeckung des Kunden oder: Warum das Geschäftsmodell der Sparkassen modern ist“. Haasis berichtet: „Die Länder, die eine überproportionale Wertschöpfung aus dem Bankensektor zogen, waren besonders betroffen“.

Gerade große Banken werben nun damit, dass sie die staatliche Unterstützung im Rücken hätten. Mit staatlicher Hilfe werde zurzeit auch in Deutschland eine große, börsennotierte Bank noch größer gemacht. Damit könnte eine neue, spekulative Entwicklung in Gang gesetzt werden. Die Größe der Bank mache sie noch systemrelevanter.

Die Bundesregierung habe deutlich gemacht, bei Eigenkapitalanforderungen und Aufsichtsregeln nach der Größe der Banken zu differenzieren. „Wir sehen uns durch die Krise in unserem Geschäftsmodell bestätig“, sagt Haasis. „Das Vertrauen ist die einzige harte Währung, mit der wir bei unseren Kunden unterwegs sind.“ Das in die Sparkassen gesetzte Vertrauen würden durch die vorgelegten Ergebnisse bestätigt.

„Die Arbeitsmarktdaten sind positiver als erwartet“, sagt Haasis. Aber auch dann, wenn es noch einmal zu Einbrüchen kommen würde, seien die Sparkassen gut gerüstet. Dies sei auch der Grund dafür, warum der Kredithahn bei den Sparkassen geöffnet sei.

Haasis macht auf dem Bankentag das Umdenken auch im Sparkassensektor klar. Künftig würden Renditeziele nicht mehr „absolut“ gesetzt, also zum Beispiel nicht mit markigen Prozentsätzen verbunden. Das Ziel sei vielmehr relativ definiert Mit 2 Prozent über dem langfristigen Kapitalmarktzins sei ein neues Denken in der Kreditwirtschaft gesetzt. Als Untergrenze für die von einer Sparkasse zu erreichende Eigenkapitalrendite sei daher ein Kapitalmarktzins plus 2 Prozent gesetzt.

Viele Wettbewerber seien heute noch unterwegs, dem Kunden ein ganz bestimmtes Produkt zu verkaufen. Wenn man solche Ziele kleinteilig vorgebe, bleibe gar nichts anderes übrig, als dem Kunden eben nur das zu verkaufen, was vertrieben werden soll. Das Kundenbedürfnis könne dann nicht im Mittelpunkt stehen. „Wir wollen erst den Bedarf des Kunden erkennen, um ihm dann eine Beratungsleistung zu erbringen und danach erst das Finanzprodukt zu verkaufen.“ Die Praxis im Markt werde sich nicht nachhaltig verändern, prognostiziert Haasis. So werde die Beratungsleistung auch weiterhin nicht separat honoriert.

Plötzlich eröffnen auch reine Online-Banken Geschäftsstellen. Die Sparkassen hätten schon immer auf den persönlichen Kontakt gesetzt. Je nach Geschäftsgebiet und Größe der Sparkassen würden künftig sogar noch mehr Dienste zur persönlichen Beratung angeboten. „Dies werde der Wettbewerbsvorteil unserer Gruppe bleiben“, fügt Haasis hinzu. Im Mittelpunkt werde immer der Kunde stehen. Sparkassen seien nachhaltig unterwegs, in Bezug auf das eigene Geschäftsmodell, aber auch in Bezug auf den Kunden, verlässlich als Anbieter, Ausbilder und Steuerzahler.

Die Sparkassen können das alles nicht selber leisten, sondern sie benötigen den Verbund. „Denn wir wollen Allfinanzanbieter bleiben“, sagt Haasis. Bei selbständigen und spezialisierten Unternehmen bleibe der Allfinanzgedanke für den Kunden aktuell. 20 % der Unternehmenskredite kommen von den Landesbanken, von den Großbanken nur 15 %, zählt Haasis auf. „Uns ist wichtig, dass über die Auflage der Europäischen Union nicht solche Geschäftsaktivitäten aufgegeben werden müssen, die das Potential für die Sparkassen ausmachen.“

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