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Kampf am Geldautomat

Von Dr. Oliver Everling | 30.Oktober 2009

Dr. Thomas Kapp, LL.M., Partner der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft, skizziert den aktuellen Stand der gerichtlichen Auseinandersetzung um die Sperrung von VISA-Karten. Die Argumente contra Sparkasse, d.h. für Erlass einer einstweiligen Verfügung sind die wesentliche Beeinträchtigung (keine Förderung des Wettbewerbs, sondern gezielte Behinderung), Verstoß gegen VISA –Regularien (bindende Satzung mit Rechtsnormqualität“ und der Vertrauenstatbestand, die irreführende Werbung (Anbringung des VISA-Logos), sowie der fehlende finanzielle Nachteil der Sparkassen (Interbankengebühr). Kapp sprach auf dem 7. Internationalen Retail-Bankentag der Börsen-Zeitung (http://www.retailbankentag.de/) zu seinem Thema „Kampf am Geldautomat – Preistreiberei oder freier Wettbewerb“.

Die Sperrung ist allerdings nicht geeignet, Direktbanken vom Markt zu verdrängen. Die Leistungen der Direktbanken können weiterhin erbracht werden. Es besteht keine Verpflichtung, den Wettbewerber zu eigenen Schaden zu fördern. Die bloße Vertragsverletzung ist irrelevant, da es keine Wettbewerbshandlung sei. All dies sind Argumente für die Sparkassen. Nach Lauterkeitsrecht besteht die Behinderung in der Beeinträchtigung wettbewerblicher Entfaltungsmöglichkeiten eines Mitbewerbers. Die Gesamtwürdigung der Einzelumstände ist unter Abwägung widerstreitender Interessen notwendig.

Gezieltes Ansprechen von Kaufinteressenten in der Nähe des Geschäftslokals des Mitbewerbers, gezieltes Aufkaufen von Angeboten, um die Lieferfähigkeit einzuschränken und den Eindruck eines Lockvogelangebots zu erwecken, gezielte Ausschaltung fremder Werbung durch Vernichtung, Beschädigung oder Überdeckung, Aufforderung zu Liefer- oder Bezugssperren (Boykott) sind Beispiele für Wettbewerbsverhinderungen.

Kapp bestreitet, dass eine Erheblichkeit für die Marktentscheidung besteht, wenn ein VISA-Logo an der Sparkasse angebracht sei. Irreführung sei dann gegeben, wenn jemand in ein Lokal gelockt werde, wo er ein bestimmtes Produkt erwartet, aber dann nur ein anderes vorfindet. Das Lockvogelangebot führe dazu, dass der Kunde hereingelockt werde, aber der Kunde dann etwas anderes verkauft bekommt. Das sei gerade nicht bei den Sparkassen der Fall, im Gegenteil, der Kunde würde mit seiner VISA-Karte ja zurückgewiesen. Vertragsverletzungen bei Dritten sind grundsätzlich wettbewerbsrechtlich irrelevant, betont Kapp.

Problematisch sei auch die rechtliche Beurteilung der Geldautomaten hinsichtlich EC-und VISA-Karten nach Kartellrecht. Missbrauchstatbestände, Marktbeherrschung und Marktabgrenzung sind hier die wesentlichen Stichworte. In der Zugangsverweigerung könne noch kein Missbrauch gesehen werden. Dafür wäre Diskriminierung (Ungleichbehandlung ohne sachliche Rechtfertigung, Investition und Beteiligung am Aufbau des Automatennetzes) notwendig. Auch nach der Essential-Facilities-Doktrin könne der Geldautomat nicht als wesentliche Einrichtung beurteilt werden.

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