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Handelsblatt Banken-Gipfel 2023: Experten diskutieren die Zukunft des Finanzsystems
Von Dr. Oliver Everling | 20.September 2023
Der „Handelsblatt Banken-Gipfel 2023″ brachte eine renommierte Runde von Experten zusammen, um über die dringenden Fragen im Zusammenhang mit der globalen Wirtschaft und dem Finanzsystem zu debattieren. Unter dem Thema „Neue Weltordnung, stotternde Wirtschaft, steigende Risiken: Was für ein Finanzsystem brauchen wir?“ teilten Experten aus verschiedenen Branchen und Perspektiven ihre Einsichten und Meinungen.
Tanja Dreilich: Herausforderungen für Deutschland
Tanja Dreilich, ehemalige CFO der Hamburger Hafen und Logistik (HHLA), brachte in der Diskussionsrunde ihre Besorgnis über die deutsche Wirtschaft zum Ausdruck. Sie prognostizierte für das laufende Jahr kein Wirtschaftswachstum und erwartete auch im nächsten Jahr kaum eine Änderung der Situation. Ein wichtiger Punkt ihrer Analyse war Deutschlands alternder Kapitalstock und die Tatsache, dass Investitionen seit 2017 aufgeschoben werden. Kostensteigerungen bei Energie und Personal trugen zu dieser Herausforderung bei. Dreilich betonte die Notwendigkeit, an der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu arbeiten, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln.
Daniel Quinten: Kundenperspektive und Bürokratie
Daniel Quinten, Vorstandsmitglied beim Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), verwies auf die Abstimmung im Saal, die ein 50:50-Verhältnis zwischen positiver und negativer Sicht auf die aktuelle Lage ergab. Dies spiegelte aus seiner Sicht die Unsicherheiten auf dem Markt wider. Der Ukraine-Krieg habe die Fragilität der globalen Lieferketten aufgezeigt. Er machte auf die Schwierigkeiten von Handwerksbetrieben aufmerksam, Nachfolger zu finden, da potenzielle Nachfolger die Bürokratie als entmutigend empfinden.
Alexandra Habeler-Drabek: Widerstandsfähigkeit der Wirtschaft
Alexandra Habeler-Drabek, Chief Risk Officer (CRO) der Erste Group, hob die Widerstandsfähigkeit der Wirtschaft hervor. Viele Unternehmen hätten sich bereits auf die Herausforderungen der Transformation eingestellt. Trotzdem ging die Kreditnachfrage zurück. Sie äußerte Bedenken hinsichtlich bestimmter Eingriffe in das Finanzsystem, wie beispielsweise Ideen um Zinsdeckel, die ihrer Meinung nach eher schaden als nutzen.
Heiner Herkenhoff: Kreditnachfrage und Kapitalmarktunion
Heiner Herkenhoff, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes, stellte fest, dass die Kreditnachfrage noch immer wachse, aber nicht mehr so schnell wie zuvor. Die hohen Energiekosten wirkten sich negativ auf die Investitionstätigkeit aus. Er betonte, dass Deutschland weit entfernt davon sei, als der „kranke Mann Europas“ bezeichnet zu werden. Allerdings gab er zu bedenken, dass in Bezug auf die Kapitalmarktunion nur wenig Fortschritte erzielt worden seien. Einfachere Zugänge seien notwendig, und Bankbilanzen könnten durch Verbriefungen bereinigt werden, um mehr Kreditspielräume zu schaffen. Herkenhoff kritisierte auch die überbordende Bürokratie und die geringe Anzahl von Unternehmen, die „taxonomiekonform“ seien, obwohl dies einen erheblichen Aufwand erfordere.
Die Diskussionsrunde auf dem Handelsblatt Banken-Gipfel 2023 zeigte die Vielschichtigkeit der aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen und die unterschiedlichen Ansichten darüber, wie diesen begegnet werden sollte. Es wird deutlich, dass eine gemeinsame Anstrengung von Regierungen, Unternehmen und der Finanzwelt erforderlich ist, um die Zukunft des Finanzsystems zu gestalten und die Wirtschaft zu stärken.
Themen: Bankenrating, Unternehmensrating | Kommentare deaktiviert für Handelsblatt Banken-Gipfel 2023: Experten diskutieren die Zukunft des Finanzsystems
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