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Anleger fliehen aus nachhaltigen Investments
Von Dr. Oliver Everling | 14.November 2023
Der MSCI Global Alternative Energy Index ist in diesem Jahr um rund 42 % eingebrochen, schreibt Arjan Palthe, Fondsmanager bei Triodos Investment Management (IM): „Während traditionelle Ölgiganten wie Shell oder ExxonMobil auf Rekordkurs sind, implodieren die Aktien von Unternehmen aus dem Bereich erneuerbarer Energien. Der S&P Global Clean Energy Index, der die 100 größten Unternehmen aus dem Bereich erneuerbarer Energien umfasst, hat in diesem Jahr einen Kurseinbruch von 36 Prozent hinnehmen müssen – während der MSCI World Index immer noch ein Plus von 5 Prozent vorweisen kann.“
Nicht nur die erneuerbaren Energien underperformen, auch „grüne Aktien“ von Unternehmen, die in den Bereichen Elektromobilität, Energiespeicherung oder Wärmepumpen tätig sind, haben sich deutlich schlechter entwickelt als der breite Markt. „Hierzulande musste der Windturbinenhersteller Siemens Energy Ende Oktober einen Kurseinbruch von 35 Prozent hinnehmen, nachdem berichtet wurde, dass der Konzern die Regierung um Unterstützung bitten müsse, weil er nicht mehr in der Lage sei, seine Vereinbarungen mit den Banken zu erfüllen. Nach einigen Tagen erholte sich der Aktienkurs dann wieder um ein Zehntel, weil der Vorstandsvorsitzende bestritt, dass er staatliche Unterstützung benötige.“
Dem stellt Arjan Palthe entgegen: „Die grünen Unternehmen sind auf einem schnell wachsenden Markt tätig. Nach Angaben des Statistikamtes IRENA flossen im Jahr 2022 mehr als 500 Milliarden Dollar in die Infrastruktur für erneuerbare Energien. Bis 2030 wird sich dieser Betrag auf 1.300 Milliarden Dollar erhöhen. Mit dem Green Deal und dem Inflation Reduction Act lassen sowohl die Europäische Union als auch die USA Hunderte von Milliarden Dollar in Form von Direktinvestitionen, Subventionen, Steuererleichterungen oder Gutschriften in grüne Unternehmen fließen.“
Warum sind die Preise gefallen? „Aktien aus dem Bereich der erneuerbaren Energien werden von höheren Zinsen hart getroffen“, titelte die Financial Times Anfang Oktober, aber es geht um viel mehr als nur um höhere Zinsen. Es stimmt, dass Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien von den steigenden Zinsen betroffen sind, die die Kreditaufnahme verteuern, und gleichzeitig wirken sich die höheren Zinsen auch negativ auf den Nettogegenwartswert der langfristigen Cashflow-Ströme von neuen Projekten aus. Die Projektentwickler zögern daher, meint Arjan Palthe, sich auf neue Projekte einzulassen, wie das Scheitern des jüngsten Angebots für ein Offshore-Windkraftprojekt im Vereinigten Königreich und die Probleme von Orsted bei der Offshore-Windkraft in den USA zeigen. Die Verzögerung oder gar Streichung neuer Projekte wird sich auf die gesamte Wertschöpfungskette auswirken.
„Zusätzlich zu den steigenden Zinssätzen müssen die Unternehmen der Branche für erneuerbare Energien mit der Kosteninflation, der zunehmenden Komplexität der Projekte, dem konjunkturellen Gegenwind und den reduzierten staatlichen Anreizen in mehreren Ländern fertig werden. Auch die in letzter Zeit sinkenden Strompreise trugen dazu bei,“ so Arjan Palthe, „dass die Unternehmen der erneuerbaren Energien besonders zu leiden hatten.“
Aktien von Solaranlagen waren in den letzten Jahren die Gewinner, doch so schnell, wie die Anleger diese Aktien in die Höhe getrieben haben und die Bewertungsmultiplikatoren gestiegen sind, so schnell haben sie sich 2023 auch wieder von ihnen getrennt, argumentiert Arjan Palthe: „Im gegenwärtigen Börsenklima gibt es keine Toleranz für Unternehmen, die ihre Zahlen nicht erreichen. In Kalifornien, wo 35 % der US-amerikanischen Solaranlagen installiert sind, haben neue Vorschriften dazu geführt, dass Solaranlagen für Unternehmen und Hausbesitzer im Vergleich zu anderen Stromarten weniger wettbewerbsfähig sind. Die neue Regelung soll den Einsatz von Speichermedien fördern und die Kombination von Solaranlage und Batteriespeicher billiger machen, aber dieser Übergang braucht Zeit. In Europa hat auch der wirtschaftliche Druck auf den Absatz von Solarmodulen eingewirkt. Dies sei der Hintergrund der jüngsten Warnungen, so der CEO von Enphase. Insbesondere in Europa in Ländern wie Deutschland, Frankreich und den Niederlanden sei die Nachfrage erheblich zurückgegangen. Auch der zunehmende Widerstand gegen grüne Politik und Ambitionen in einigen EU-Mitgliedstaaten ist nicht hilfreich.“
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