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Herausforderungen und Chancen: Eine Analyse des chinesischen Aktienmarktes
Von Dr. Oliver Everling | 29.Januar 2024
Der Hang Seng China Enterprise Index (HSCEI) erlebte im Februar 2021 einen dramatischen Rückgang von über 12000 Punkten auf nunmehr 5000 Punkte. Diese Entwicklung wirft nicht nur Fragen zur aktuellen Stabilität des chinesischen Aktienmarktes auf, sondern wirft auch ein Schlaglicht auf die Herausforderungen, mit denen Anleger konfrontiert sind. Renommierte Ökonomen, wie beispielsweise Dr. Markus Viebig von ODDO BHF TRUST, sehen den chinesischen Aktienmarkt derzeit mit Skepsis und weisen auf mehrere Gründe hin.
Ein zentraler Aspekt ist die mangelnde Vertrauenswürdigkeit der statistischen Daten in China. Für Ökonomen, die Rückschlüsse auf die volkswirtschaftliche Entwicklung ziehen wollen, und für Investoren, die in China investieren möchten, wird die Unsicherheit durch undurchsichtige Datenquellen verstärkt. Die chinesische Regierung hat sich zunehmend dazu entschlossen, missliebige Daten und politische Opponenten aus dem öffentlichen Diskurs auszuschließen, was die Transparenz weiterhin beeinträchtigt.
Präsident Xi Jinping hat mit seinem klaren Signal auf dem 20. Parteikongress der KP im Oktober 2022 einen politischen Kurs deutlich gemacht, der im Kontrast steht zu der Zeit, als China sich dem Westen zu öffnen schien. Die jüngsten politischen Entwicklungen werfen Fragen zur politischen Stabilität und Offenheit auf, die für Investoren von großer Bedeutung sind. „Die chinesischen Unternehmen sind traditionell von Effizienzproblemen geplagt, gerade auch die Staatsunternehmen. Die Kapitalrentabilität ist schwach. Die forcierte Unterordnung der privaten Wirtschaft unter staatliche Ziele ist Gift für den Unternehmenssektor und untergräbt das Vertrauen der Anleger“, sagt Markus Viebig.
Die Krise am Immobilienmarkt hat ebenfalls erhebliche Auswirkungen auf die chinesische Wirtschaft. Die Bautätigkeit ist seit dem Höchststand im Jahr 2020 massiv eingebrochen, und Investoren fürchten, dass die Schieflage im Immobiliensektor auf andere Sektoren, insbesondere den Bankensektor, übergreifen könnte. Staatliche Eingriffe in das Wirtschaftsleben tragen zur Verunsicherung von Verbrauchern und Investoren bei, da das Wirtschaftsleben zunehmend politischen Zielen untergeordnet wird.
Effizienzprobleme sind traditionell ein Problem für chinesische Unternehmen, insbesondere Staatsunternehmen. Die forcierte Unterordnung der privaten Wirtschaft unter staatliche Ziele untergräbt das Vertrauen der Anleger. Die Eigenkapitalrenditen des HSCEI liegen bei etwa 10 Prozent, was ungefähr den Eigenkapitalkosten entspricht. Dies deutet darauf hin, dass chinesische Unternehmen trotz des vergangenen volkswirtschaftlichen Wachstums wenig Wert für Anleger geschaffen haben, aufgrund ihrer niedrigen Kapitaleffizienz.
Aktuell handeln chinesische Aktien – gemessen am HSCEI – zum etwa 7-fachen der Gewinne. Die chinesische Regierung reagiert auf die Situation mit einem Maßnahmenpaket zur Stabilisierung des Aktienmarktes. Dies umfasst unter anderem das Verbot von Leerverkäufen und die Mobilisierung erheblicher Mittel über staatliche Pensionsfonds und Staatsunternehmen, um chinesische Aktien zu kaufen. „Neben dem Verbot von Leerverkäufen sollen über staatliche Pensionsfonds und Staatsunternehmen erhebliche Mittel – die Rede ist von 278 Mrd. US-Dollar – mobilisiert werden, um chinesische Aktien zu kaufen. Zusätzlich sollen wohl 43 Mrd. US-Dollar über staatseigene Investmentfirmen in den Markt geschleust werden“, so der Bericht von ODDO BHF TRUST.
Trotzdem bleibt ODDO BHF TRUST seinem Qualitätsansatz folgend skeptisch. Eine vollständige Abwendung vom chinesischen Aktienmarkt ist jedoch nicht die Lösung. Die Hoffnung liegt in einer möglichen Öffnung der chinesischen Wirtschaft und einer geringeren Beeinflussung von Unternehmen durch politische Zielvorgaben. Aktuell ist davon jedoch leider noch nichts zu spüren. Anleger und Analysten werden die Entwicklungen auf dem chinesischen Aktienmarkt daher weiterhin aufmerksam beobachten und ihre Strategien entsprechend anpassen müssen.
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