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Vom institutionellen Anleger lernen

Von Dr. Oliver Everling | 10.November 2009

Risikobeurteilung von Kunden heute ist eher einer statische Einordnung in die gängigen Schemata („Risikoklassen“), berichtet Uwe Zeidler von der Deutsche Apotheker- und Ärztebank eG beim Expertenforum „Risikoprofiling von Anlegern“. Sie befriedigt rechtliche Minimalvorschriften, ist für den Berater ein bequemer Freizeichnungsschein.

„Asset-Liability Management“ (ALM) sei dagegen „State of the Art“ für Kapitalsammelstellen. Sinkende Zinsen, Angst vor Aktiencrashs, möglicherweise schwankende Einnahmen un d eine (hoffentlich) länger als kalkulierte Lebenserwartung sind Probleme, mit der sich der Privatkunde, aber auch die Pensionskasse beschäftigen müssen. Die Zielsetzung der Pensionskassen und Versorgungswerke im Großen ist nichts anderes als die Sorge des einzelnen Privatkunden im Kleinen.

Die größte Sorge des vorausschauend anlegenden Kunden sei es, wenn „am Ende des Geldes noch Leben übrig ist“. Das Privatkundenproblem sei komplexer, da im Gegensatz zum Versorgungswerk nicht auf aggregierter Basis kalkuliert werden kann. Risikokennzahlen seinen Anhaltspunkt für den Experten, der Privatkunde ist im Zweifel mit solchen Informationen überfordert.

Dem Privatanleger werde eine heile, d.h. vorhersehbare Welt vorgegaukelt, es werden menschliche Verhaltensmuster zugrunde gelegt, die so in der Realität nicht vorzufinden seien. Der „Wind Chill Factor“ sei auch bei Anlegern beobachtbar. Die Risikoaffinität des Menschen sei nicht bei jeder Situation konstant. In Extremphasen seien Anleger gar nicht mehr so risikofreudig oder in einer Haussephase nicht mehr so risikoscheu. Die Einstellung zum Risiko sei oft sehr emotional und hänge sehr stark von der jeweiligen Situation, auch an den Kapitalmärkten, ab. Chancen und Risiken werden asymmetrisch bewertet.

Der beste Weg, mögliche Risiken plastisch aufzuzeigen, sind nach Erkenntnis von Zeidler Stresstests. Während die durchschnittliche Rendite beschreibt, welchen relativen Ertrag ein Portfolio erzielt, wenn die Entwicklung durchschnittlich verläuft, zeigt ein Stresstest, wie sich das Portfolio in Ausnahmesituationen verhalten hätte. Die hat den Vorteil, dass der Anleger auch auf schlechte Zeiten wie Aktiencrash oder Zinsanstiege oder –rückgänge vorbereitet ist.

Der Kunde muss zusammen mit seinem Berater seine Risiko- oder Stressresistenz selbst überprüfen. Leerhülsen wie „risiobewusster Kunde“ oder „risikoscheuer Kunde“ oder Risikoklassen helfen hier nicht weiter. Akzeptiert der Anleger das Risiko im Stresstest nicht, müsse die Struktur überdacht und angepasst werden, so Zeidler. Jeder Anleger sollte sich früh genug auch mit möglichen Negativentwicklungen auseinandersetzen (müssen) und sich darüber klar werden, ob er diese Risiken auch mittragen kann und will.

Der Abschluss einer solchen Betrachtung müsse natürlich der Vergleich verschiedener Renditen bei unterschiedlichen Kapitalmarktszenarien sein. Im Mittelpunkt des Interesses stehe ja immer noch der Ertrag.

Zeidler ist Autor im Buch von Oliver Everling und Monika Müller (Herausgeber): „Risikoprofiling von Anlegern – Kundenprofile treffend analysieren und in der Beratung nutzen“ (Bank-Verlag Medien GmbH, Köln, http://www.bank-verlag.de/, 1. Auflage 2009, 534 Seiten, Art.-Nr. 22.443-0900, ISBN 978-3-86556-222-7). Das Expertenforum „Risikoprofiling von Anlegern“ wurde unter der Leitung von Monika Müller von FCM Finanz Coaching organisiert (http://www.monika-mueller.de/).

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