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Anhaltende Risiken beim 2 Prozent-Inflationsziel

Von Dr. Oliver Everling | 6.Februar 2024

Die Federal Reserve (Fed) und die Europäische Zentralbank (EZB) haben in den letzten Monaten keinen grundlegenden Kurswechsel vollzogen, jedoch eine klare Re-Positionierung vorgenommen, so Axel D. Angermann, Chef-Volkswirt der FERI Gruppe. „Beide Notenbanken schließen weitere Zinserhöhungen praktisch aus, glauben also, mit der derzeitigen restriktiven Ausrichtung ihrer Geldpolitik die Inflationsrate auf das angestrebte Niveau von 2 Prozent drücken zu können.“

Angermann betont, dass die aktuelle Zurückhaltung der Notenbanken angesichts des fundamentalen Umfelds gerechtfertigt ist: „Zwar sinkt die Inflation weiter, und insbesondere im Euroraum dürften noch in diesem Jahr Inflationsraten nahe der 2 Prozent-Marke erreicht werden. Zugleich gibt es aber weiterhin signifikante Risiken.“

Die Preise ohne die volatilen Komponenten Energie und Nahrungsmittel steigen weiterhin zu schnell, und die aktuellen Werte deuten auf eine Inflationsrate von mehr als 3 Prozent sowohl in den USA als auch im Euroraum hin. „Die Erreichung des 2 Prozent-Ziels ist also noch nicht gesichert.“

In Anbetracht dieser Unsicherheiten sei es besser, dass die Notenbanken anhand der aktuellen Datenlage genau analysieren, ob sich die Preisdynamik wie gewünscht abschwächt, anstatt voreilig die Zinsen zu senken und möglicherweise selbst eine erneute Steigerung der Inflation zu begünstigen.

Ein wesentlicher Faktor, der die Entscheidungen der Notenbanken beeinflusst, ist die Lohndynamik. „Für die USA hat das Congressional Budget Office ausgerechnet, dass die inflationsneutrale Arbeitslosenquote bei 4,4 Prozent liegt und damit um 0,7 Prozentpunkte höher als aktuell.“ Hierbei sieht Angermann die Risiken in der Tatsache, dass entweder eine niedrige Arbeitslosenquote zu einem signifikanten Anstieg des Lohnwachstums und damit der Inflation führen könnte oder aber eine Erhöhung der Arbeitslosigkeit eine Rezession der US-Wirtschaft zur Folge hätte.

Im Euroraum, so gibt die EZB bekannt, werde die Lohnentwicklung genau beobachtet. „Im aktuellen Umfeld verschärfter Knappheit auf dem Arbeitsmarkt sind stärkere Lohnsteigerungen denkbar, die einen Wiederanstieg der Inflation oder zumindest ein Verharren auf einem Niveau von mehr als 2 Prozent begünstigen würden.“

Angermann weist darauf hin, dass trotz der andauernden Wirtschaftsschwäche in Deutschland Streiks für kräftige Lohnerhöhungen zunehmen, wobei Deutschland nicht repräsentativ für den gesamten Euroraum ist.

Auch externe Risiken müssen von den Notenbanken berücksichtigt werden. „Eine Eskalation der Krise im Nahen Osten mit der Folge drastisch steigender Ölpreise ist weiterhin ein valides Risikoszenario.“ Zwar wären Zinserhöhungen keine angemessene Reaktion darauf, dennoch legt das Szenario eine vorsichtige Vorgehensweise der Notenbanken nahe.

Abschließend betont Angermann, dass es gute Gründe gibt anzunehmen, dass die angekündigten Zinssenkungen später kommen und insgesamt weniger intensiv sein werden, als vom Markt erwartet. „Dass die Fed bis zum Jahresende sechs Zinssenkungen vornimmt, wäre nur dann wirklich plausibel, wenn es in der zweiten Jahreshälfte zu einer Rezession der US-Wirtschaft käme.“ Ein solches Szenario würde ein beherzteres Eingreifen der Fed erforderlich machen.

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