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Heißes Wachstum: Kühle Köpfe planen Europas Datenzukunft
Von Dr. Oliver Everling | 6.Juni 2024
40 % der weltweiten Rechenzentren befinden sich in Nordamerika, hauptsächlich in den USA. „Da auf Westeuropa derzeit nur 26 % dieser globalen Kapazität entfallen, sollte man für Europa Wachstum erwarten“, schreibt Guillaume Chieusse, Portfoliomanager für europäische Aktien bei ODDO BHF, in einem aktuellen Marktkommentar. Die Elektrifizierung und Anwendungen der künstlichen Intelligenz seien schließlich auch hier auf dem Vormarsch.
Die meisten Rechenzentren befinden sich derzeit in wenig regulierten Märkten, in denen es möglich ist, Strom von Kernkraftwerken zu beziehen und wo Baugenehmigungen unkomplizierter erteilt werden. „Wir erwarten, dass die Wachstumsprognosen mittelfristig zweistellig ausfallen werden, unterstützt durch den stark wachsenden Bedarf an Daten“, sagt Chieusse. Der Rückgang der Leerstandsquote auf 2-3 % in den USA und Europa ist ein weiterer Beleg für die strukturell steigende Nachfrage, da zusätzliche Kapazitäten praktisch ohne Verzögerung absorbiert werden. Überlegungen zur Datensouveränität werden eine zusätzliche Nachfrage nach lokalisierten Rechenzentren auslösen, insbesondere in europäischen Ländern, in denen die Daten den Gesetzen und Vorschriften des Landes unterliegen, in dem sich das Rechenzentrum befindet.
Die europäische Stromnachfrage ist seit dem Verbrauchshöchststand von 2008 um 10 % gesunken. Können Rechenzentren und insbesondere KI- Rechenzentren zu einer Trendwende beitragen? KI-Rechenzentren sind nachweislich deutlich energieintensiver als herkömmliche Rechenzentren. „Der Strombedarf von Rechenzentren wird besonders stark wachsen in Ländern mit erschwinglicher und reichlich vorhandener Grundlaststromversorgung wie Spanien, Frankreich und den nordischen Ländern sowie Ländern wie Irland, Großbritannien und Deutschland, die bereit sind den in ihnen ansässigen großen Finanzdienstleistungs- und Technologieunternehmen, fiskalische Anreize zu bieten“, fasst der Portfoliomanager von ODDO BHF zusammen. Rechenzentren machen jedoch nur 1 % der weltweiten Stromnachfrage im Jahr 2023 aus. Makrotrends wie die zunehmende Elektrifizierung und Entwicklungen in der künstlichen Intelligenz könnten in erster Linie Treiber der Rückkehr der europäischen Stromnachfrage sein.
„Da 45 % des Stromverbrauchs eines Rechenzentrums auf die Kühlung entfallen und KI-Workloads leistungsstarke Chips erfordern, die zusätzliche Wärme erzeugen, wird die Luftkühlung allmählich gegenüber effizienteren Flüssigkeitskühltechnologien an Bedeutung verlieren“, schätzt Guillaume Chieusse. Wenn die Leistungsdichte von Racks 30 kW übersteigt, wie es bei AI-Servern der Fall ist, kann die Luftkühlung die Arbeitstemperatur nicht mehr angemessen aufrechterhalten. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Luft- komplett durch Flüssigkeitskühlung ersetzt werden muss, da herkömmliche Server nicht von heute auf morgen verschwinden werden und für andere Zwecke relevant bleiben. Bei der Flüssigkeitskühlung wird bis 2028 ein durchschnittliches jährliches Wachstum von 40 % erwartet. Bis dahin wird sie 30 % des gesamten Kühlungsmarktes ausmachen, verglichen mit derzeit 10 %.
Dieser beträchtliche Anteil des Stroms, der inhärent für die Kühlung verwendet wird, könnte die Implementierung von Rechenzentren in europäischen Ländern begünstigen, die ein gemäßigteres Klima aufweisen oder erschwinglicheren Strom produzieren können. Rechenzentren könnten auch in Zukunft in den großen Zentren angesiedelt werden. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass Hyperscaler und Collocater günstigere Genehmigungsbedingungen, Stromzufuhr und Kühlungsbedingungen in weiteren Regionen finden werden. „Daher ist unserer Ansicht nach die Aktie von MUNTERS, die sowohl Luft- als auch Flüssigkeitskühlung anbietet, besonders gut positioniert, um von den zukünftigen Chancen zu profitieren“, fasst der Portfoliomanager von ODDO BHF zusammen, ohne damit jedoch eine Anlageempfehlung ausgesprochen zu haben.
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