« | Home | »

Stabilität sichern, Wandel gestalten: Die europäische Bankenlandschaft vor großen Herausforderungen

Von Dr. Oliver Everling | 5.September 2024

Auf dem Handelsblatt Banken-Gipfel 2024 hebt Tobias Vogel, CEO von UBS Europe, die Notwendigkeit hervor, die europäische Bankenlandschaft in einem Umfeld, das von Unsicherheiten und Veränderungen geprägt ist, neu zu denken. Die europäische Wirtschaft ist stark bankbasiert: Etwa 80 % der Finanzierungen erfolgen durch Banken und nicht durch Kapitalmärkte, im Gegensatz zu den USA, wo der Kapitalmarkt eine zentrale Rolle bei der Unternehmensfinanzierung spielt.

Vogel sieht darin eine grundlegende strukturelle Herausforderung für Europa, die dringend angegangen werden muss, um wirtschaftlich konkurrenzfähig zu bleiben. Besonders kritisch ist, dass Deutschland, die größte Volkswirtschaft der EU, bei der Nutzung des Kapitalmarkts deutlich hinterherhinkt. Während es weltweit über 500 Börsengänge in jüngster Zeit gab, hat Deutschland davon nicht einmal eine Handvoll verzeichnet. Dies verdeutlicht, dass der Zugang zum Kapitalmarkt stark unterentwickelt ist und es einer grundlegenden Reform bedarf, um diese Schwäche zu beheben.

Vogel argumentiert, dass die Kapitalmarktunion ein zentraler Bestandteil dieser Reformen sein muss. Die Kapitalmarktunion könnte dazu beitragen, die Abhängigkeit von Bankenfinanzierungen zu verringern, indem sie den Zugang zu Kapitalmärkten verbessert und die grenzüberschreitende Kapitalbewegung innerhalb der EU erleichtert. Ein stärker integrierter Kapitalmarkt würde nicht nur das Risiko im Finanzsystem besser verteilen, sondern auch die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft stärken. Der Mangel an Kapitalmarktaktivität in Europa beeinträchtigt die Fähigkeit, notwendige Investitionen in Schlüsselbereiche wie Digitalisierung und Klimaschutz zu mobilisieren. Der Bedarf ist enorm: Allein für die Klimatransformation werden in der EU jährlich Investitionen von rund 650 Milliarden Euro benötigt. Diese Summe verdeutlicht die Dringlichkeit, neue Finanzierungsquellen zu erschließen, um die Transformation zu bewältigen.

Die Herausforderung für die europäische Bankenlandschaft besteht darin, eine Balance zwischen der Sicherung von Stabilität und der Förderung von Wandel zu finden. Der Weg zu einem diversifizierteren Finanzsystem, in dem Banken und Kapitalmärkte Hand in Hand arbeiten, ist unerlässlich. Die derzeitigen geopolitischen und wirtschaftlichen Herausforderungen erfordern ein Umdenken und neue Ansätze, um die europäische Wirtschaft nachhaltig zu stärken. Vogel betont, dass eine gut funktionierende Kapitalmarktunion ein wesentlicher Treiber für den wirtschaftlichen Erfolg der EU sein könnte, indem sie die notwendigen Investitionen in den Klimaschutz und andere Zukunftssektoren ermöglicht. Europa steht an einem Scheideweg: Jetzt ist es an der Zeit, die Weichen für eine stabilere und zukunftsfähigere Banken- und Finanzlandschaft zu stellen.

Themen: Bankenrating | Kommentare deaktiviert für Stabilität sichern, Wandel gestalten: Die europäische Bankenlandschaft vor großen Herausforderungen

Kommentare geschlossen.