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Rating-Analyse zum Ipsos Cost of Living Monitor 2024
Von Dr. Oliver Everling | 16.Dezember 2024
Der Ipsos Cost of Living Monitor gilt als globales Stimmungsbarometer in 32 Ländern und erfasst die Wahrnehmungen der Menschen in einer sich verändernden Wirtschaftslage. Die Ergebnisse der siebten Auflage liefern aufschlussreiche Einblicke in die weltweite und deutsche Stimmungslage im Hinblick auf Inflation, Preisentwicklung, finanzielle Situation und Steuerpolitik.
1. Inflation – sinkende Raten, anhaltender Pessimismus: Obwohl die Inflation in vielen Ländern nachweislich gesunken ist, wird dies von den Menschen nicht so wahrgenommen. In Deutschland gehen 64 % der Befragten davon aus, dass die Inflation und die Preise in den kommenden 12 Monaten weiter steigen werden — ein Anstieg von 11 Prozentpunkten seit April 2024. Weltweit sind es 65 % der Befragten, die mit höheren Preisen rechnen (plus 7 Prozentpunkte).
Mittelfristig zeigt sich ein vorsichtiger Optimismus. 40 % der Deutschen glauben, dass sich die Inflation nach 2025 wieder normalisieren wird. Dennoch gehen 27 % davon aus, dass dies nie der Fall sein wird.
2. Ursachen für die Preissteigerungen: Die Befragten sehen verschiedene Faktoren als Treiber der Preissteigerungen. In Deutschland erwarten die Menschen in den kommenden sechs Monaten vor allem Preiserhöhungen bei Lebensmitteln (74 %), Energie (66 %) und Benzin (60 %). Als Hauptursachen für die Preissteigerungen nennen 64 % der Deutschen die Politik der Bundesregierung. Ebenso viele (64 %) sehen den Krieg in der Ukraine als Grund für die Preisentwicklungen, wobei der Einfluss dieser Ursache als rückläufig wahrgenommen wird. Weitere Faktoren sind die Lage der Weltwirtschaft (61 %) sowie die Zuwanderung (55 %), deren Einfluss laut Umfrage als zunehmend wahrgenommen wird.
3. Finanzielle Situation der deutschen Bevölkerung: Die Ergebnisse zeichnen ein gemischtes Bild der finanziellen Situation der Deutschen. Mehr als ein Drittel (36 %) der Deutschen fühlt sich heute schlechter gestellt als vor der Corona-Pandemie. Dies entspricht dem weltweiten Durchschnitt (37 %), wobei in Italien (51 %) und der Türkei (58 %) die negative Einschätzung besonders ausgeprägt ist.
Trotz der pessimistischen Rückblicke sieht sich knapp die Hälfte der Deutschen (49 %) finanziell gut aufgestellt, wohingegen 49 % angeben, „gerade so“ über die Runden zu kommen oder ihre Situation als schwierig empfinden.
Der Blick in die Zukunft fällt ähnlich geteilt aus: 48 % der Deutschen erwarten, dass ihr Lebensstandard im kommenden Jahr stabil bleibt. Ein Viertel (27 %) rechnet mit einer Verschlechterung, während 23 % hoffen, dass ihr verfügbares Einkommen 2025 steigt. Im Gegensatz dazu geht ein Drittel (34 %) von einem sinkenden Einkommen aus.
4. Steuerpolitik – Wunsch nach Steuersenkungen: Ein weiteres wichtiges Thema der Umfrage ist die Steuerpolitik. Mehr als die Hälfte der Deutschen (57 %) rechnet mit steigenden Steuern im Jahr 2025. 37 % der Deutschen befürworten Steuersenkungen, selbst wenn dies mit Kürzungen bei öffentlichen Dienstleistungen (z. B. Bildung und Gesundheit) verbunden ist. Dies steht im Kontrast zu anderen europäischen Ländern wie Schweden (40 %), Irland (36 %) oder Großbritannien (35 %), in denen die Bereitschaft, höhere Steuern für öffentliche Investitionen zu akzeptieren, deutlich größer ist. In Deutschland wären nur 19 % der Befragten dazu bereit.
5. Internationale Perspektive: Der Ipsos Cost of Living Monitor bietet auch einen internationalen Vergleich der Stimmungslage. Die Studie zeigt, dass die finanzielle Zufriedenheit in anderen G7-Ländern wie Frankreich, Großbritannien und Italien sogar noch negativer ausfällt als in Deutschland. Im globalen Durchschnitt empfinden 37 % der Befragten ihre finanzielle Situation als schlechter im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit. Besonders kritisch ist die Lage in der Türkei (58 %) und Italien (51 %).
Gleichzeitig offenbart die Umfrage eine weltweite Tendenz zu Steuerreformen. Der Wunsch nach Steuersenkungen ist global verbreitet, während die Bereitschaft, höhere Steuern für das Gemeinwohl zu akzeptieren, in Deutschland geringer ist als in anderen europäischen Ländern.
Methodik: Die Ergebnisse basieren auf der Ipsos Global Advisor-Studie „The Ipsos Cost of Living Monitor“. Zwischen dem 25. Oktober und dem 8. November 2024 wurden 22.720 Personen aus 32 Ländern über das Ipsos Online Panel System befragt. In Deutschland umfasste die Stichprobe etwa 1.000 Personen im Alter von 16 bis 74 Jahren. Die Ergebnisse der Umfrage sind repräsentativ für die erwachsene Bevölkerung in 17 der 32 untersuchten Länder.
Fazit: Die Ergebnisse des Ipsos Cost of Living Monitors 2024 verdeutlichen eine Mischung aus Unsicherheit, Pessimismus und Pragmatismus in Deutschland und weltweit. Trotz sinkender Inflationsraten sind die Befürchtungen hinsichtlich weiter steigender Preise tief in den Köpfen der Bevölkerung verankert. Die Unzufriedenheit mit der eigenen finanziellen Situation bleibt hoch, während die Erwartungen an die Steuerpolitik zeigen, dass viele Menschen individuelle finanzielle Entlastung der Stärkung des Gemeinwohls vorziehen. Diese Befunde spiegeln die Herausforderungen wider, mit denen Regierungen weltweit konfrontiert sind, wenn es darum geht, das Vertrauen der Bevölkerung in die wirtschaftliche Entwicklung wiederherzustellen.
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