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Die Nachhaltigkeitsberichterstattung
Von Dr. Oliver Everling | 15.Januar 2025
Unser neues Buch im Verlag Springer Nature: ESG als Treiber von M&A – Unternehmenskäufe und -zusammenschlüsse erfolgreich managen.
Die Integration von Nachhaltigkeitsaspekten, insbesondere ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance), ist für Unternehmen und insbesondere den Mittelstand zu einer unerlässlichen Aufgabe geworden. Der von der EU angestoßene Green Deal hat die Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung erheblich verschärft. Rudolf Schmitz erläutert, dass die Unternehmen durch gesetzliche Vorgaben verpflichtet sind, über ihre Nachhaltigkeitsziele zu berichten. Diese Verpflichtung betrifft große Kapitalgesellschaften sowie kapitalmarktorientierte kleine und mittelgroße Unternehmen, die nach den neuen Bestimmungen der EU zur Nachhaltigkeitsberichterstattung gezwungen sind. Eine nachhaltige Unternehmensführung wird somit nicht nur zu einem ethischen Imperativ, sondern auch zu einer gesetzlichen Pflicht.
Die Nachhaltigkeitsberichterstattung umfasst zahlreiche Aspekte, darunter Umwelt- und Sozialfaktoren sowie Governance-Aspekte. Diese müssen im Lagebericht der Unternehmen transparent dargestellt werden. Schmitz betont, dass „die Unternehmen gut daran tun, sich frühzeitig mit der Nachhaltigkeitsberichterstattung auseinanderzusetzen“, da der Aufwand für die Erstellung eines solchen Berichts erheblich ist. Unternehmen, die bisher nicht berichtspflichtig waren, sollten sich dennoch vorbereiten, da sie mittelbar durch Anforderungen ihrer Geschäftspartner oder Finanzinstitute betroffen sein könnten. Dies gilt insbesondere für Unternehmen, die Teil einer größeren Wertschöpfungskette sind und als Zulieferer entsprechende Auskünfte erteilen müssen.
Der Inhalt eines Nachhaltigkeitsberichts ist durch das Handelsgesetzbuch (HGB) und die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) genau definiert. Diese Standards geben eine detaillierte Struktur und die wesentlichen Offenlegungspflichten vor. Schmitz führt aus, dass „die ESRS ein sehr komplexes und umfangreiches Regelwerk darstellen, das im Prozess der Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts auf die relevanten Aspekte reduziert werden muss.“ Die ESRS legen unter anderem fest, dass Unternehmen über die Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeiten auf Umwelt und Gesellschaft sowie über die finanziellen Auswirkungen von Umwelt- und Gesellschaftsaspekten auf das Unternehmen berichten müssen. Dieses Prinzip der doppelten Wesentlichkeit bildet das Kernstück der ESG-Berichterstattung.
Ein zentrales Element der Nachhaltigkeitsberichterstattung ist die Wesentlichkeitsanalyse. Diese Analyse bestimmt, welche Nachhaltigkeitsaspekte für das Unternehmen wesentlich sind und daher berichtet werden müssen. Schmitz hebt hervor, dass „die Wesentlichkeitsanalyse das Ergebnis der Due-Diligence ist, die im ESRS 1 mit Sorgfaltspflicht übersetzt wird.“ Diese Sorgfaltspflicht umfasst die Identifizierung und Bewertung der wesentlichen Auswirkungen, Risiken und Chancen im Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsaspekten.
Die Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts stellt viele Unternehmen vor große Herausforderungen, sowohl organisatorischer als auch finanzieller Natur. Schmitz schätzt, dass „im Durchschnitt pro Unternehmen mit einmaligen Kosten von ca. 57.000 Euro und laufenden Kosten von ca. 106.000 Euro pro Jahr gerechnet werden muss.“ Diese hohen Kosten verdeutlichen den erheblichen Aufwand, den Unternehmen betreiben müssen, um die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen.
Für viele mittelständische Unternehmen wird das Jahr 2025 das erste Berichtsjahr sein, sodass die Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen nicht länger aufgeschoben werden kann. Schmitz empfiehlt eine strukturierte Vorgehensweise, beginnend mit einer Betroffenheitsanalyse, über die Definition der erforderlichen Ressourcen bis hin zur Informationsgewinnung und Berichtsabfassung. Dabei betont er die Notwendigkeit einer softwaregestützten Erhebung der erforderlichen Daten, um den Aufwand handhabbar zu machen.
Zusammenfassend zeigt die zunehmende Bedeutung der Nachhaltigkeitsberichterstattung, dass Unternehmen nicht nur aus ethischen Gründen, sondern auch zur Erfüllung gesetzlicher Pflichten und zur Sicherung ihrer Wettbewerbsfähigkeit handeln müssen. Schmitz fasst zusammen: „Die nunmehr vom Gesetzgeber geforderte Nachhaltigkeitsberichterstattung stellt den Mittelstand vor eine enorme Herausforderung.“ Unternehmen, die sich dieser Herausforderung nicht stellen, riskieren Marktaustritte und den Verlust ihrer Wettbewerbsfähigkeit. Daher ist es für Unternehmen unerlässlich, sich frühzeitig und umfassend mit den Anforderungen der ESG-Berichterstattung auseinanderzusetzen und die notwendigen organisatorischen Maßnahmen zu ergreifen.
Dr. Rudolf Schmitz ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater. Er ist Partner in der SRS Audit GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft/Steuerberatungsgesellschaft mit Sitz in Köln und Niederlassungen in Chemnitz, München und Garmisch-Partenkirchen. Er veröffentlicht regelmäßig zu Fachthemen und ist als Dozent u.a. auch als Lehrbeauftragter der Universität Bonn tätigt. In der Gesellschaft verantwortet er den Bereich der Unternehmensberatung. Hier liegen die Schwerpunkte im Bereich der Strukturberatung, der Nachfolgeberatung intern und extern (M&A), den neuen Compliance-Anforderungen und dem weiten Feld der Umsetzung der ESG-Themen.
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