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Anhaltende Kritik an WPs

Von Dr. Oliver Everling | 8.Mai 2008

Da nun die Kreditkrise die Welt immer mehr in ihren Griff bekommt, tritt die Frage, wer daran Schuld hat, auch immer mehr in den Vordergrund. So standen zunächst die Überbringer der schlechten Nachrichten, die Ratingagenturen, im Mittelpunkt der Kritik. Inzwischen wächst auch im Ausland die Einsicht, dass in einer arbeitsteiligen Wirtschaft nicht jeder alles machen kann, sondern auch Analysten von Ratingagenturen darauf angewiesen sind, geprüfte Daten zu bekommen und auf diesen ihre Urteile zu gründen.

Micha Kat geht auf http://www.accountant.nl einigen Fragen nach, die in diesem Zusammenhang von Interesse sind. Micha Kat, ehemaliger Journalist der Zeitung „NRC Handelsblad“, einer niederländischen überregionalen Abendzeitung mit Redaktionssitz in Rotterdam, und Pamela Hemelrijk, ehemalige Kolumnistin des Algemeen Handelsblad, betreiben seit Januar 2006 das Weblog NRC Ombudsman (http://www.nrcombudsman.nl/). Fritz Witt von der URA Rating Agency B.V. (www.uraratingagency.nl) stellt freundlicherweise eine Übersetzung des Artikels von Micha Kat zur Verfügung:

Es sollte deutlich sein, dass alle Beteiligten ihre eigene (Medien-) Strategie handhaben, um mit der Schuldfrage umzugehen. Einige Sachen sind jedoch inzwischen deutlich geworden, heißt es bei Micha Kat: Die Hauptschuldigen sind die Banken (und andere Kreditgeber), die sich gerne und begierig in einen Markt gestürzt haben (den der subprime Hypotheken), wovon sie wissen konnten, dass er zum Einsturz verurteilt war.

Als zweite Gruppe Schuldige kommen ohne Zweifel die Wirtschaftsprüfer ins Bild, heißt es in der Veröffentlichung aus den Niederlanden. Sie haben immerhin jahrelang hintereinander einen Wert an Derivate zuerkannt, von denen sie hätten wissen müssen, dass diese aufgeblasen waren. Das dies passieren konnte, ist zurückzuführen auf die Bewertungsmethode, die bekannt geworden ist als „mark to market“: Ein Vermögensgegenstand hat den Wert, den er beim Verkauf im freien Markt erbringen würde. Aber dieser Wert ist nur zu bestimmen, wenn es einen Markt gibt (wie bei Aktien oder Schuldverschreibungen). Für CDOs auf subprime Basis war der Markt bereits in 2005 vollständig verschwunden.

Die Wirtschaftsprüfer erlaubten jedoch, dass man so tat, als ob es diesen Markt noch gebe. Es gab Beweise, dass dieser Markt vollkommen virtuell geworden war, und man stützte sich auf „wishfull thinking“. Um der Bewertung doch noch den Schein einer Untermauerung zu geben, wurde eine Methode entwickelt (mark to model), wobei komplizierte Computerprogramme für die Feststellung des Wertes der gerügten Schuldenderivaten eingesetzt wurden. Tatsächlich sollten die Hypothekengeber die „earnings capacity“ von ihren Krediten in den Büchern auf der Basis haben müssen, was jährlich an Zahlungen empfangen wird.

Um die earnings capacitiy zu steigern, wurden die Erträge auf einmal reingeholt („acceleration“ im Jahresbericht), indem die Hypotheken in obskuren Paketen weiter verkauft wurden, wovon niemand den richtigen Inhalt kannte. Dieser Handel in Paketen (CDOs) ging ein komplett eigenes Leben leiden und hatte an einem bestimmten Punkt kein einziges Verhältnis mehr mit der Realität des armen Arbeitslosen in Alabama, der seinen Kredit nicht mehr ablösen konnte. Die Tragik ist das „mark to market“ (auch bekannt als value accounting), was als eine Erfindung von Jeffry Skilling von Enron gilt, der inzwischen im Gefängnis ist. Enron setzte Lieferungsverträge für z.B. Energie mit einer Laufzeit von 10 Jahren auf einem Mal in die Bilanz für die gesamte, aufgelaufene earnings capcity, aus dem Gedanken, dass der Vertrag den Wert hat, wenn er im Markt verkauft werden würde.

Wie sehr eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft an der Kreditkrise mitschuldig sein kann, wird aus der Rolle von KPMG bei der Kontrolle von der subprime Hypotheekbank New Century deutlich. Aus Rekonstruktionen des Verlaufs wurde ersichtlich, dass KPMG beim Abschluss der Bücher über 2006 am 31. Januar 2007 dadurch „eine Bombe hoch gehen ließ“, zitiert Fritz Witt, dass sie ankündigte, dass ihr Mandant durch zu wenig Eigenkapital Schiffbruch erleiden könnte , um durchgeschobene Hypotheken zurückzunehmen, nachdem deutlich wurde, dass der Wert durch die Zunahme von Defaults implodierte.

„Aber KPMG war da selbst schuldig, weil New Century auch in 2005 mit einem Wasserfall von zurückgeschickte Hypotheken konfrontiert wurde.“ Die Wirtschaftsprüfer hätten also fordern müssen, dass genug vorgebeugt würde bezüglich einer Entwicklung, die immer stärker zu werden schien. Ende September 2006 hatte New Century nur noch $ 13,9 Millionen Reserven für einen Rückkauf von Hypotheken in Höhe von $ 400 Miltonen Dollar (repurchase request). 

Trotzdem wurde ein Pressebericht ausgegeben, worin „strict underwriting guidelines“, „skilled risk management“ und eine bescheidene Zahl von Rückkäufen angekündigt wurden. „KPMG ließ diesen Pressebericht durchgehen“, kritisiert Micha Kat. Das audit team von KPMG sagte zu den Untersuchern, dass sie sich des anschwellenden Stroms von Rückkaufangeboten nicht bewusst waren . Das war also anders am 31. Januar 2007, wo deutlich wurde, dass der Jahresbericht über 2006 nicht unterzeichnet werden konnte. Ende März 2007 ging New Century in Konkurs. Kurz zuvor hatte KPMG sich als Wirtschaftsprüfer zurückgezogen.

„KPMG lief bereits eher gegen die Wand bei einer unzulänglichen Prüfung von einer der größten Hypothekenbanken in den USA, Fannie Mae.“ Ende 2006 führte Fannie Mae eine Prozess gegen KPMG. Gemäß der New York Times hatte der FBI bereits 17 Fälle in Untersuchung von „possible corporate and accounting fraud related to subprime lending“. KPMG ist als Wirtschaftsprüfungsgesellschaft einer der größten Spieler in diesem Markt wie Citigroup, Wells Fargo, HSBC, Countrywide Financial und Thornburg Mortgages.

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