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Marktstruktur und berufsethische Grundsätze
Von Dr. Oliver Everling | 1.Januar 2008
„Im historischen Rückblick dürfte der Wende 1989 eine übergeordnete Bedeutung für die Entwicklung der Ratingbranche beigemessen werden“, heißt es im Vorwort zum Buch „Certified Rating Analyst“ (www.certified-rating-analyst.de), das 2008 im Oldenbourg Wissenschaftsverlag (ISBN 3-486-58287-9, www.oldenbourg-wissenschaftsverlag.de) erscheint. In zentralverwaltungswirtschaftlichen Systemen haben Ratingagenturen kaum Platz: Nur unter marktwirtschaftlichen Bedingungen ist es interessant der Frage nachzugehen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit der Zahlungsunfähigkeit einer wirtschaftlichen Einheit einzuschätzen ist. Wer mit öffentlichen Garantien und staatlich kontrolliert nach Plan arbeitet, für den sind Ratings von marginaler Bedeutung.
Ende der 1980er Jahre wurden daher nicht nur in Nord-, Mittel- und Südamerika, sondern auch in Asien, Europa und Afrika Ratingagenturen insbesondere auch in den Ländern gegründet, die unter kommunistischer Führung standen bzw. noch stehen. Obwohl die führenden amerikanischen Agenturen in der letzten Dekade dazu übergegangen sind, diese kleineren Wettbewerber in verschiedenen Ländern aufzukaufen, so dürfte doch die Vermutung einige Plausibilität haben, dass es langfristig nicht bei einem – nach den Lehren der Mikroökonomie – beschränkten Duopol bleiben wird, sondern es zu einem beschränkten Oligopol kommt, in dem auch unabhängige Ratingagenturen in Asien oder sogar in Europa eine Rolle spielen könnten.
Angesichts der immensen volkswirtschaftlichen Bedeutung unabhängiger Ratings für die effiziente Allokation der Ressource „Kapital“ darf ferner damit gerechnet werden, dass der Aus- und Weiterbildung von Ratinganalysten nicht nur innerhalb der Ratingagenturen, sondern auch von Seiten der Teilnehmer an den Finanzmärkten sowie der Finanzdienstleistungsaufsicht erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt wird. Wie bei vielen anderen Berufen könnte auch bei Ratingagenturen der Schlüssel ihres guten Funktionierens in der Qualifikation ihrer Mitarbeiter gesehen werden.
Zurzeit gibt es diesbezüglich keinerlei wirksame Kontrolle; die Agenturen sind grundsätzlich in der Wahl der Personen völlig frei, denen sie das Rating von Emittenten überlassen. So ist es kaum ganz auszuschließen, dass im Vorteilhaftigkeitskalkül der erwerbswirtschaftlich geführten und teils börsennotierten Ratingagenturen etwa berufsethische Aspekte der Unternehmensführung zu kurz kommen. Die weltweit von Notenbankpräsidenten und Aufsichtsbehörden artikulierten Forderungen nach einer schärferen Trennung von Rating und Beratung deuten in diese Richtung.
Der Bundesverband der Ratinganalysten und Ratingadvisor (BdRA, www.bdra.de) trat schon vor neuen Jahren für die geforderte Trennung und Vermeidung von Interessenkonflikten ein. Gewinnorientierung bei Ratingagenturen und ethisches Verhalten sind keine Gegensätze, wohl aber kommt es auf die Pflege und Einhaltung des Kodex an, nach dem Ratingagenturen und ihre Analysten arbeiten.
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