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Länderratings sind Ansichtssache

Von Dr. Oliver Everling | 29.April 2010

„Die Größe der Spieler ist ein Problem“, analysiert Jérôme Cazes, CEO der Coface aus Paris auf dem Coface Kongress Länderrisiken 2010 in der Rheingoldhalle Mainz die Entwicklung der Finanzkrise. Die in der Kritik stehenden Verbriefungen und die daraus geschöpften Wertpapieren wurden von nur wenigen großen Investmentbanken kreiert. Cazes befasst sich aber nicht nur mit der Konzentration unter den Investmentbanken, sondern auch mit der unter den Ratingagenturen.

„Ich habe mich seit Jahren für die Regulierung der Ratingagenturen ausgesprochen“, sagt . „Hat aber die Regulierung einen Effekt auf die jüngsten Probleme mit den Ratingagenturen?“, fragt Cazes. Die Regulierung betrifft Agenturen, nicht Ratings. „Wir alle nehmen Medikamente“, daher gebe es eine Regulierung für Medikamente, um Nebenwirkungen oder Schäden zu begrenzen. Die Regulierung betrifft hier aber die Medikamente und nicht nur die Produzenten. Anders beim Rating: Ratingagenturen werden zwar nach der neuen EU-Verordnung über Ratingagenturen überwacht, Ratingagenturen müssen sich registrieren zu lassen.

Die Eckpunkte der Regulierung sind die unabhängige Besetzung des Aufsichtsrats, die Rotation der Analysten, die alle vier Jahre zu wechseln haben usw. Aber die Ratings werden selbst keiner Kontrolle unterworfen. Ratingagenturen haben eine größere Macht als die Parlamente in vielen Ländern, da von ihren Entscheidungen Kauf- und Verkaufsentscheidungen von Zentralbanken abhängig gemacht werden, nicht nur von zahllosen institutionellen und privaten Investoren.

Zu privaten Institutionen sei daher eine ungeheure Macht delegiert worden. „Wir brauchen Ratingagenturen, aber wir brauchen auch eine Regulierung der Ratingagenturen und ihrer Ratings“, macht Cazes klar. „Man kann in einer Sache sehr gut sein, sehr schlecht in einer anderen“, warnt Cazes und unterstreicht: „Welche Art von Statistik können auf 20 oder 30 Erfahrungen gestützt werden? Keine!“ Cazes macht klar, dass Länderratings von den US-Agenturen nichts anderes als Meinungen sind, die nicht durch eine große Anzahl von statistischen Beobachtungen abgesichert seien.

Jérôme Cazes diskutierte mit Hans-Joachim Otto, Parlamentarischer Staatssekretär, BMWi, Dr. Andreas Möhlenkamp, Hauptgeschäftsführer, Wirtschaftsvereinigung Stahl- und Metallverarbeitung, unter der Moderation von Lars Hoffmann, Managing Editor, Dow Jones News GmbH. Möhlenkamp macht auf Unterschiede im deutschen und französischen Rechtssystem aufmerksam, die auch die Beziehungen und damit auch die Risiken zwischen Kunden und Lieferanten betreffen. So gebe es beispielsweise den Eigentumsvorbehalt in Frankreich nicht. Möhlenkamp lobt die Politik, die dafür gesorgt habe, dass für nicht-börsennotierte Unternehmen IFRS nicht kommen werde, und ermutigt Hans-Joachim Otto, den eingeschlagenen politischen Weg weiter zu gehen.

Möhlenkamp skizziert den Kaskadeneffekt der Warenkreditversicherung. Es handle sich um die Versicherung, die einen Dritten betrifft. Der Kunde verliert möglicherweise seinen Lieferanten. Die Position des Dritten, dessen Bonität geprüft werde, müsse in das Versicherungsvertragsrecht integriert werden. „Bei den Investmentbanken haben wir ein Oligopol, aber bei den Warenkreditversicherungen auch“, kritisiert Möhlenkamp. Cazes zeigt auf, dass der wichtigste Wettbewerber der Kreditversicherer die Selbstversicherung sei. Die meisten Unternehmen machen immer noch von der Selbstversicherung Gebrauch, so dass es die Kreditversicherer mit einer harten Konkurrenz zu tun habe.

Otto macht klar, dass nach dem Subsidiaritätsprinzip überall da private Lösungen Vorrang haben, wo diese effizienter seien. In der Finanzkrise habe sich gezeigt, dass in einigen Bereichen der Staat gefordert gewesen sei. Im Krisenjahr 2009 wurden 8 % zusätzliche Warenkreditgarantieren ausgereicht, insgesamt rund 22,4 Mrd. €, berichtet Otto. Das sei der historisch bisher höchste Wert. Die Warenkreditversicherung sei ein privates Geschäft, der Staat springe nur dort ein, wo dies zwingend erforderlich sei.

Cazes legt dar, dass der Staat als Folge der Finanzkrise keine Hilfen an die Kreditversicherer geleistet habe. Im Ergebnis sei der Effekt neutral. Es gebe keinen Kannibalismus zwischen „öffentlich“ und „privat“, macht Otto dazu klar.

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