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Destabilisierendes „Währungsunion-Finanzstabilitätsgesetz“

Von Dr. Oliver Everling | 7.Mai 2010

Was am 7. Mai 2010 vom Bundesratg und im Deutschen Bundestag in 2./3. Lesung über das Währungsunion-Finanzstabilitätsgesetz (WFStG) beschlossen und von Bundespräsident Horst Köhler bereits unterzeichnet wurde, ist zwar ein Hilfsprogramm für Griechenland. Die darin zum Ausdruck kommende Absicht Deutschlands ist nicht grundsätzlich zu verurteilen, mit diesem Gesetz einen Beitrag dazu leisten, die Zahlungsfähigkeit eines Mitgliedsstaates der EU zu erhalten. Fraglich erscheint aber, ob die Stabilität der Europäischen Währungsunion als Ganzes auf diese Weise zu wahren ist. „Der EURO ist das Symbol der Europäischen Einigung“, heißt es dazu aus dem Bundesministerium der Finanzen, „und somit viel mehr als eine gemeinsame Währung. Zusammen mit der Stabilität des Euro wird auch die europäische Idee schlechthin verteidigt.“

Mit den von den Ratingagenturen erwarteten und nun umgesetzten Unterstützungsmaßnahmen wird genau das weiter gefördert, was angeblich bekämpft werden soll: Die zügellosen Spekulationen über staatliche Eingriffe zur Stützung der Bonität von Emittenten, Banken und ganzen Staaten. Das Rating von Staatspapieren koppelt sich immer weiter von fundamentalen Daten ab, da aus den wirtschaftlichen, politischen, sozialen und weiteren Indikatoren des betreffenden Landes nicht mehr auf die Zahlungsfähigkeit geschlossen werden kann. Die genaue Kenntnis der Zahlungsbilanzen, Handelsbilanzen und Währungsreserven trägt unter den Bedingungen des WFStG kaum noch zur Prognose der Wahrscheinlichkeit bei, dass ein EU-Staat seinen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen vermag. Rating gerät dann zur Spekulation darüber, mit welcher Wahrscheinlichkeit Finanzminister bereit sind, ihre Kollegen in Nachbarländern zu stützen und in ihren Ämtern zu halten.

Das „Finanzstabilitätsgesetz“ destabilisiert die Währungsunion, da es den wichtigsten Konsens einer stabilen Währung in Frage stellt. Die Zahlungsfähigkeit der Europäischen Zentralbank für in Euro denominierten Verbindlichkeiten erreicht die Bestnote AAA unabhängig davon, ob einzelne Schuldner innerhalb des Eurowährungsraumes in Zahlungsschwierigkeiten geraten, denn die Zentralbank kann stets ihr eigenes Geld schöpfen. Um die Wertstabilität einer Währung zu sichern, bedarf es nicht der Rettung von Politikern, die mit immer neuen Wahlgeschenken auf Stimmenfang gehen, statt die staatlichen Funktionen verantwortungsvoll auf ihren Kern zu beschränken.

„Die Vereinbarungen vom 11. Februar, 25. März und 11. April 2010 der Staats- und Regierungschefs und der Finanzminister des Euro-Raumes zerstören diese Solidarität und brechen die gemeinsamen Regeln“, urteilt Frank Schäffler von der FDP im Deutschen Bundestag. Kerngedanke des Stabilitätspaktes war es, die Regierungen auf eine solide Haushalts- und Finanzpolitik zu verpflichten, indem jeder Staat eigenverantwortlich Einnahmen und Ausgaben in ein ausgewogenes Verhältnis bringt. Dieser Konsens ist durch das WFStG in Frage gestellt. Die Bezeichnung „Währungsunion-Finanzstabilitätsgesetz“ ist ein gefährlicher Euphemismus, mit dem sowohl die keimende Destabilisierung als auch die Tragweite des Gesetzes verbrämt werden, denn das Gesetz wirkt nicht in erster Linie auf die Währungsunion, sondern auf die Haushaltspolitik von Staaten.

„Nicht die Spekulanten sind das Problem,“ sagt Schäffler, „sondern der Bail-Out ist das Problem. Nur durch den Bail-Out lohnt es sich für Geschäftsbanken, griechische Anleihen zu kaufen, weil diese dann wissen, dass dieses Geschäftsmodell nicht zusammenbrechen kann. Das pervertiert die marktwirtschaftliche Ordnung und es setzt Anreize für einzelne Staaten, sich weiter zu verschulden.“ Das Währungsunion-Finanzstabilitätsgesetz ist ein Geschenk für solche Spekulanten aus Banken, Versicherungen und anderen, die zu Wertberichtigungen ihrer Anlagen gezwungen gewesen wären. Im Kern enthält es eine Umverteilung vom Steuerzahler zu den Spekulanten, die bei fallenden Kursen griechische Staatspapiere aufkauften und nun Kursgewinne realisieren dürfen. Ein internationales Insolvenzrecht für Staaten gibt es nicht, im Unterschied zu Privatunternehmen werden Staaten nicht aufgrund ihrer Zahlungsunfähigkeit aufgelöst; nur würden Spekulanten eben ihre erhofften Gewinne nicht realisieren können, wenn der Staat die Zahlungen auf seine Papiere einstellt.

Nur durch die Staatsverschuldung wird Bürgern die Illusion vermittelt, der Staat brauche sich nicht auf seine Kernfunktionen zu beschränken, sondern könne auch eine Vielzahl sonstiger Wohltaten übernehmen, die dem Bürger das Geld nicht wert wären, wenn er sie selbst bezahlen müsste. Nur wer die Konsequenzen seiner Misswirtschaft nicht selbst zu tragen hat, braucht sich über sein Rating keine Gedanken zu machen. „Nach Artikel 125 AEUV haften weder die Union noch einzelne Mitgliedsstaaten für Verbindlichkeiten eines Mitgliedsstaates und treten auch nicht für dessen Verbindlichkeiten ein. Ein Bail-Out Griechenlands“, stellt Schäffler fest, „widerspricht dieser Klausel. Er widerspricht der Stabilitätsorientierung des Euros.“

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