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Krise der Staatshaushalte, nicht des Euros
Von Dr. Oliver Everling | 1.Juli 2010
Ratingagenturen bleiben in der Diskussion, sagt Markus Burghardt, Mitglied des Vorstandes und Leiter des Bereiches Financial Services der PricewaterhouseCoopers AG, auf dem Eurobörsentag 2010 in Frankfurt am Main. Der Eurobörsentag stand unter der Fragestellung „Staatsverschuldung – Gefahr für den Euro“.
„Wie ist die non-bailout-Klausel zu interpretieren?“, fragt Burghardt und leitet damit zum Panel „Was wird aus dem Euro?“ mit Prof. Dr. Paul Achleitner, Mitglied des Vorstands der Allianz SE, Prof. Dr. Peter Bofinger, Mitglied des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Prof. Dr. Jürgen Stark, Mitglied des Direktoriums der Europäischen Zentralbank, unter der Moderation durch Claus Döring über, Chefredakteur der Börsen-Zeitung.
Als Überraschungsgast rief Döring als „neutralen“ Gast aus der Schweiz Prof. Dr. Reto Francioni hinzu, Vorsitzender des Vorstandes der Deutschen Börse AG. Francioni brachte seinen Respekt für die Entschlossenheit des politischen Handelns zum Ausdruck. Die Ereignisse der zurückliegenden Wochen hätten die Stabilität des Euros in Frage gestellt. Pläztlich sei die Leitwährung auf den Prüfstand gestellt worden.
Finanzierungslasten und Rettungspaekte seien in Frage gestellt worden. Das eingesetzte „politische Kapital“ sei zu bewerten. Was sollte uns eine stabile Eurozone wert sein? Kapitalmärkte als Teil des Problems oder als Teil der Lösung – Francioni befürwortet einen starken europäischen Wirtschaftsraum mit dem Euro als Basis. Partikularinteressen sollten jetzt sekundär sein. Der Finanzplatz Frankfurt habe durch die Einführung des Euros wesentlich an internationalem Profil gewonnen, ist sich Francioni sicher.
Die Steuer für Finanzinstitute stoße in Frankfurt nicht auf einhellige Begeisterung, stellt Francioni fest. Es könne aber nicht so weitergehen wie eh und je, wenn wichtige Partner mit Staatsgeldern gerettet wurden. Francioni macht die Vorteile eines unabhängigen und neutralen Cleainghauses klar, so dass er sich in der Frage der OTC-Derivate als befangen sehe.
Francioni tritt für Derivative ein, da diese als Instrumente der Absicherung benötigt würden. Fraglich sei, ob das Zusammenspiel von Abischerung und Spekulation ohne Leerverkäufe darstellen lasse. Anlage- und Finanzierungschancen müssen effizient und integer wahrgenommen werden können. Sicherheit, Transparenz und Integrität außerbörslicher Märkte seien daher zu analysieren. Wer agiere dort und mit welchen Motiven? Man brauche keinen regulatorischen Überschwang. Regeln seien dazu da, ein spielbar zu machen.
Wer Foul spiele, müsse bestraft werden, stellt Döring fest – hat auch Euroland ein Schiedsrichterproblem? Stark weist darauf hin, dass Stichworte eine Verkürzung von Problemen sei. Stark unterstreicht, dass es sich bei der gegenwärtigen Krise nicht um eine Krise des Euros handele, sondern um eine Krise des Vertrauens in die öffentlichen Finanzen. Der Druck, möglichst große Defizite zu produzieren, sei groß gewesen. In dieser Abfolge sei es zwangsläufig, dass es zu einer Krise der öffentlichen Haushalte gekommen sei.
Das öffentliche Defizit im Vereinigten Königreich wie auch in den USA sei jeweils zweistellig. Man müsse die Entwicklungen um den Euro daher in einen globalen Zusammenhang setzen. Das Regelwerk um den Euro sei unzureichend umgesetzt worden. Mit auf deutsche Initiative sei es bis zur Beliebigkeit aufgeweicht worden, wirft Stark vor. Man müsse jetzt intensiv an einem Stabilitätspakt 3 arbeiten. Es sei eine Entpolitisierung erforderlich. Mit der Überwachung der Staatshaushalte solle eine unabhängige Institution beauftragt werden.
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