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Bonitätsrisikoprämien bei CDOs

Von Dr. Oliver Everling | 25.Juni 2008

„Summa cum laude“ – diesem Urteil aus dem schönen Bamberg ist nichts hinzuzufügen: Die Dissertation von Dirk Schiefer, die im Uhlenbruch Verlag, Bad Soden, im April 2008 mit dem Titel „Collateralized Debt Obligations – Eine empirische Analyse der Bonitätsrisikoprämie auf Finanzmärkten“ als Band 23 der Reihe „Portfoliomanagement“ (Hrsg. Prof. Dr. Lutz Johanning, Prof. Dr. Raimond Maurer, Prof. Dr. Markus Rudolf, 495 S., € 98,–) erschien, wird keinen Leser enttäuschen, der Antworten auf dringende Fragen an diesen Markt vermögensgedeckter Wertpapiere sucht. Univ.-Prof. Dr. Andreas Oehler, seit 1994 Inhaber des Lehrstuhls für Finanzwirtschaft an der Universität Bamberg, ist zu Recht vollen Lobes über diese Doktorarbeit.

Die Arbeit gewinnt den wissenschaftlichen Leser schon dadurch, dass sie von Anfang an detailgenau an das Thema heranführt. Das Thema ist sorgfältig begründet und die Fragestellungen eindeutig formuliert: Sind die tranchenspezifischen Ratings die wesentlichen Determinanten zur Bestimmung der Bonitätsrisikoprämie? Sind weitere makroökonomische sowie transaktionsbezogene Determinanten zu identifizieren, die die Bonitätsrisikoprämie beeinflussen? Spielen zusätzlich investorspezifische Determinanten zur Erklärung der Bonitätsrisikoprämie eine Rolle? Der Gang der Untersuchung wird von Schiefer vorbildlich aufgezeigt und detailliert erläutert.

Ratings haben in den letzten Jahren für die Gestaltung von Finanztiteln zur verbesserten Erfolgs- und Risikoteilung bei Unternehmen und Banken stark an Bedeutung gewonnen. Diese Entwicklung wurde hervorgerufen durch die umfangreichere Inanspruchnahme von Anleiheemissionen sowie die verstärkte Nutzung des Kreditrisikotransfermarktes. Ratingagenturen besitzen somit einen erheblichen Einfluss auf die Preisgestaltung und das Monitoring an den Kapitalmärkten. Mit wachsender Bedeutung komplexer Finanzinstrumente des Kreditrisikotransfermarktes, wie Asset-Backed Securities (ABS), wird die Bedeutung von Ratingagenturen und damit das Gewicht ihrer Bonitätseinstufungen von Finanzkontrakten weiter zunehmen. Das Segment der ABS expandierte bis 2007 stark, wobei wiederum Collateralized Debt Obligations (CDOs) den am schnellsten wachsenden Bereich dieses Segmentes darstellten.

Die Rolle und der Einfluss des Rating sind seit Jahren Gegenstand intensiver theoretischer und empirischer Forschung, wobei bisher Anleihen und Aktien im Fokus der empirischen Untersuchungen zum Informationsgehalt eines Rating standen. Erst in den letzten Jahren widmen sich wissenschaftliche Arbeiten zunehmend den ABS, wobei bisher nur Mortgage-Backed Securities (MBS) als weitere Ausgestaltungsform von ABS im Mittelpunkt reiner Sekundärmarktstudien standen. Empirische Untersuchungen zur Bestimmung der Determinanten der Bonitätsrisikoprämie auf dem Primärmarkt sowie der hier im Fokus stehenden CDOs sind bislang nicht bekannt. Vor diesem Hintergrund ist es das Ziel dieser Arbeit, die bisherigen theoretischen und empirischen Untersuchungen zur Bestimmung der Einflussfaktoren auf die Bonitätsrisikoprämie im Bereich der ABS in einem deutlich weitergehenden Ansatz durch die Betrachtung der CDOs zu ergänzen und die Einflussfaktoren auf die Bonitätsrisikoprämie von CDOs umfassend zu identifizieren und zu analysieren.

Vor dem Hintergrund der Kreditkrise gewinnt jede Untersuchung wie die von Schiefer erheblich an Bedeutung, denn hier wird nicht nur das Marktverhalten, sondern auch das Verhalten der Ratingagenturen dokumentiert. Aus seinen Darstellungen wird deutlich, dass Ratingagenturen im Markt für CDOs im Vergleich zum Anleihemarkt sowie einigen anderen Teilmärkten des Kreditrisikotransfermarktes, z. B. Credit Default Swaps (CDS), eine differenziertere Rolle einnehmen. „Sie agieren nicht nur als Informationslieferant wie im Anleihemarkt,“ schreibt Schiefer, „sondern nehmen auch die Aufgabe der Beratung im Konstruktionsprozess der strukturierten Produkte wahr und sind wesentlich an der Standardisierung der Transaktionen sowie der Marktentwicklung beteiligt.“

Von bisherigen empirischen Studien zu strukturierten Produkten (ABS, MBS, CDOs) unterscheidet sich die Arbeit des Autors in fünf wesentlichen Punkten: Im Mittelpunkt der Analyse steht erstens nicht die Bonitätsrisikoprämie des Sekundärmarktes, sondern erstmals die des Primärmarktes. Gegenstand der Untersuchung sind zweitens im Gegensatz zu bisherigen Untersuchungen CDOs, so dass bisherige Erkenntnisse zu MBS um dieses Teilsegment des Marktes für strukturierte Produkte erstmals ergänzt werden. Drittens werden investorspezifische Faktoren berücksichtigt, die bisher noch nicht in eine frühere Untersuchung auf dem Markt für strukturierte Produkte einbezogen wurden, um zu erfahren, ob Investoren andere Einflussfaktoren für bedeutsam halten, als dies Ratingagenturen tun. Zudem wird viertens gezielt im Rahmen der Untersuchung zwischen US-amerikanischen und europäischen CDO-Transaktionen unterschieden, um einen interkontinentalen Vergleich bzgl. des Einflusses der Determinanten auf die Bonitätsrisikoprämie durchzuführen. Schließlich wird fünftens die Entwicklung der Bedeutung der Einflussfaktoren auf die Bonitätsrisikoprämie über den betrachteten Zeitraum 2002 – 2005 aufgezeigt und damit überprüft, ob eine Veränderung des Einflusses der einzelnen Determinanten zur Erklärung der Bonitätsrisikoprämie bei CDOs sowohl auf dem US-amerikanischen Finanzmarkt als auch dem europäischen Finanzmarkt im Zeitablauf stattgefunden hat.

Da empirische Arbeiten zur Bestimmung der Einflussfaktoren auf die Höhe der Bonitätsrisikoprämie von CDOs mit diesen zu untersuchenden Aspekten bisher noch nicht vorgenommen wurden, werden daher in dieser Arbeit durch den Autor die begrifflichen und theoretischen Grundlagen gelegt. Zunächst werden für das Verständnis die ABS als Finanzinstrumente des Kreditrisikotransfermarktes im Kontext der Finanzintermediation vorgestellt. Anschließend werden die Grundzüge der Bonitätsbewertung dargestellt, wobei anfangs auf die ordnungspolitischen Grundlagen von Finanzsystemen Bezug genommen wird, bevor dann das Rating als Instrument zur Bonitätsbewertung in den Fokus der Betrachtungen rückt. Darauf aufbauend werden die hier im Fokus der Betrachtungen stehenden CDOs detailliert beschrieben. Dabei werden sowohl der CDO-Markt und seine Entwicklung näher charakterisiert als auch ausführlich die Motivationen der Marktteilnehmer, die CDO-Strukturen und deren Funktionsweisen aufgezeigt, um dann neben der Rolle der Ratingagenturen im Markt für CDOs die unterschiedlichen Bewertungsansätze der Ratingagenturen Moody´s, S&P und Fitch Ratings für CDOs vorzustellen. Abschließend wird erstmalig – aufbauend auf den bis dato gewonnenen theoretischen und empirischen Erkenntnissen dieser Arbeit – die empirisch umfassende Untersuchung zur Bestimmung der Determinanten der Bonitätsrisikoprämie auf dem Primärmarkt von CDOs vorgenommen.

Schiefer zeigt auf, dass es sich beim Rating von CDOs um einen sehr iterativen Prozess handelt, während dies bei Anleihen nicht festgestellt werden kann. Es handelt sich beim Rating der CDOs ausschließlich um ein Emissionsrating und nicht um ein Emittentenrating. „Die Zielsetzung des Emissionsrating liegt nicht in der Beurteilung des entsprechenden Originator,“ schreibt Schiefer, „sondern in der Analyse des CDOs zur Erfüllung der Zahlungsverpflichtungen der am Markt emittierten Tranchen. Ferner werden CDO-Transkationen so strukturiert, dass sie ein bestimmtes Zielrating erhalten (ex-ante Bewertung), während es sich bei Anleihen um eine ex-post Bewertung handelt.“ Schließlich basiere die Analyse von CDOs auf quantitativen Modellen, während bei Anleihen Expertensysteme im Vordergrund stünden und auf quantitative Modelle gänzlich verzichtet würde.

Die empirisch überzeugend vorgetragenen Ergebnisse des Autors zeigen statistisch signifikant, dass Investoren die von Ratingagenturen publizierten Bonitätseinschätzungen offenkundig aktiv im Rahmen der Bewertung nutzen und das Rating somit der primäre Einflussfaktor auf die Bonitätsrisikoprämie ist. Ferner wird klar ersichtlich, dass der Informationsgehalt des Ratings zur Bestimmung der Bonitätsrisikoprämie auf dem US-amerikanischen Markt den auf dem europäischen Markt übersteigt, wobei die Differenz des Erklärungsgehalts des Rating auf den beiden Finanzmärkten im Zeitablauf sinkt. Auf beiden Märkten ist zudem über den Betrachtungszeitraum dieser Untersuchung eine Abnahme des Einflusses des Ratings zu verzeichnen, was den Aufbau einer eigenen Bewertungskompetenz für CDOs bei den Investoren dokumentiert. Neben dem Rating identifiziert der Autor durch seine Untersuchung auch eine Anzahl an makroökonomischen, transaktions- sowie investorspezifischen Einflussfaktoren, die signifikanten Einfluss auf die Bonitätsrisikoprämie ausüben. Schließlich zeigt der Autor durch seine Untersuchung auf, das sich die Wirkungsrichtung einzelner Determinanten auf die Bonitätsrisikoprämie von CDOs auf dem europäischen sowie dem US-amerikanischen Finanzmarkt in Übereinstimmung mit der verhaltenswissenschaftlichen Literatur durch kognitive Prozesse im Zeitablauf ändert und die Bedeutungen der einzelnen Faktoren für die Höhe der Bonitätsrisikoprämie von CDOs in den beiden Finanzmärkten einander angleichen.

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