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Gedanken eines Konservativen zur Finanzkrise
Von Dr. Oliver Everling | 18.Januar 2011
Mit mehr Geld für den Rettungsschirm werden die Schuldenprobleme der schwächeren EU-Staaten nicht gelöst. „Angela Merkel und Nicolas Sarkozy übersehen,“ bemerkt Udo Schäfer, M.A., „dass mit einer rein defensiven Strategie der Euro nicht verteidigt werden kann. Sie wollen den Investoren mehr risikoarme Zinsen anbieten, ohne eine Gegenleistung einzufordern. Finanzielle Angriffe gegen EU-Staaten werden sofort mit Stabilisierungsmaßnahmen belohnt, für die im Ernstfall der Steuerzahler, nicht nur der deutsche, geradestehen muss.“
Ein falsches Anreizsystem – so die nüchterne Feststellung von Schäfer: „Statt dessen empfehle ich in die Offensive zu gehen. Wenn die Investoren auf schnelles Geld im Anleihemarkt aus sind, warum soll dann nicht z.B. die EZB durch prozyklisches Verkaufen von Anleihen eigenkapitalschwache und risikoscheue Investoren dazu bringen, sich zu niedrigen Kursen von ihren Anleihen wieder trennen?“ Einsteigen soll die EZB nach dem Modell von Schäfer erst dann wieder, wenn sie Gewinn macht. „Warum“, fragt Schäfer, „sollen die starken europäischen Staaten Investoren ein Risiko abnehmen, für das diese mit höheren Zinsen belohnt werden? Dieses erhöhte Risiko muss den Anlegern z.B. durch meine vorgeschlagenen Maßnahmen anschaulich gemacht werden. Außerdem sollen die Anleger mit Aktionen der EZB auch im Dollar rechnen müssen.“
Die führenden Politiker in Europa sollten einige Entscheider in der Welt der Finanzen öffentlich zur Rede stellen, weil sie offensichtlich zu wenig Vertrauen in marktwirtschaftliche Prinzipien haben. Wie sonst könne man ausgerechnet von den so oft als Big Government geschmähten Nationalstaaten Garantien verlangen, fragt Schäfer weiter. Es sei ein Zeichen von ideologischer Schwäche und fehlender Überzeugungskraft, wenn die Finanzbranche von europäischen Normalbürgern blinden Glauben an marktwirtschaftliche Prozesse einforderten, selbst jedoch ihr Heil im Interventionismus suchten. Der ordoliberale Wilhelm Röpke, erinnert Schäfer, lässt in seinem Werk den Gerichtsvollzieher als marktwirtschaftliches Vollzugsorgan in Erscheinung treten.
„Wann machen Merkel und Sarkozy endlich Druck bei der Schaffung einer kontinentaleuropäischen Ratingagentur? Jeder weiß,“ so Schäfer weiter, „dass die Urteile der angelsächsischen Ratingagenturen farbenblind sind, wenn es um das Finanzrisiko der USA geht. Ich fürchte vielmehr, dass durch die langfristig inflationstreibende Geldpolitik der Fed die Anhänger der Österreichischen Schule Oberwasser kriegen, zuerst in den USA, später auch in Europa.“ Schäfer verweist z.B. auf www.mises.org oder Hermann Hoppe.
In Deutschland überwiegen bis jetzt noch, selbst beim „Liberalen Aufbruch“, sich moderat gebende Anhänger Friedrich August von Hayeks. Der Diskurs unter Liberalen wird jedoch zunehmend individualistischer. So ist der libertäre Hans-Hermann Hoppe als ehemaliger Schüler von Jürgen Habermas jedem öffentlichen Diskurs mit den an F. A. von Hayek orientierten Mainstream-Liberalen, wie z.B. Friedrich Merz oder Gerd Habermann, gewachsen, analysiert Schäfer.
„Vor dem Hintergrund einer zukünftig gedrehten veröffentlichen Meinung, u.a. zu erkennen an neuen Talk-Show-Gästen, dürfte es dann für die Politik schwierig werden, Transfers innerhalb der EU zu organisieren, die helfen sollen, strukturelle Defizite langfristig zu beheben“, sagt Schäfer und tritt für diese im Gegensatz zu vielen Wirtschaftsliberalen ein, wenn auch unter wesentlich strengeren und restriktiveren Bedingungen als die meisten Befürworter einer tieferen politischen Integration der EU das bisher öffentlich kommunizieren.
Die Politiker der großen EU-Staaten übersehen, dass durch den Bruch des Maastrichtvertrages kein gutes Vorbild für die eigenen Bürger gegeben wird. Wie wollen Politiker künftig schmerzhafte Reformen bei Renten, Pensionen und Gesundheit mit dem Hinweis auf knappe Kassen durchsetzen? So lautet eine berechtigte Frage von Schäfer. Populistische Parteien werden es leicht haben mit dem Argument, dass nur von denen genommen wird, die sich nicht wehren können. „Geradezu gespenstisch ist die offensichtliche Prinzipienlosigkeit vieler führender europäischer Politiker, die weder liberal noch konservativ oder wenigstens sozialdemokratisch sind. Das nährt den Nihilismus und nicht das gedeihliche Zusammenwachsen Europas“, urteilt Schäfer und fügt hinzu: „Als Wertkonservativer wünsche ich mir eine Debatte unter Ökonomen über die Kardinaltugenden und deren Anwendung.
Erfreulich ist, dass auch liberale Denker jüngst wieder darauf hinweisen, dass dauerhafter Wohlstand weder durch Börsenspekulationen noch durch das Pyramidenspiel der Staatsanleihen geschaffen werden kann, sondern nur durch harte Arbeit.“ Udo Schäfer M.A., Stuttgart, udo.schaeferg@web.de.
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