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Landesbeteiligungen im Rating
Von Dr. Oliver Everling | 5.September 2008
Aufgrund eines Antrags der Abgeordneten Dr. Reinhard Löffler u. a., CDU, wird sich der Landtag von Baden-Württemberg mit der Frage eines systematischen Ratings der Beteiligungen des Landes befassen. Der Beteiligungsbericht des Landes Baden-Württemberg 2007 beinhaltet eine Reihe von Unternehmen mit sehr unterschiedlichen Geschäftsfeldern. „Der Beteiligungsbericht lässt leider keinen Schluss zu,“ heißt es im Antrag der Abgeordneten, „wie mehr oder weniger erfolgreich die einzelnen Unternehmen im Vergleich agieren. Da z.B. die Rückstellungen nur in einer Zeile ausgewiesen werden, bleibt auch offen, welche Risikovorsorge das einzelne Unternehmen trifft.“
Bestandteil jedes Veränderungsprozesses sei eine umfassende Bestandsaufnahme und Standortbestimmung. Ein Rating, das über die Prüfung der Kreditwürdigkeit hinausgeht, ist eine Voraussetzung dafür. „In der Privatwirtschaft gibt es Instrumente, um Beteiligungen an Unternehmen erfolgreich zu führen. Eines davon ist das Beteiligungscontrolling. Die Investitionsrechnung bietet Methoden an,“ stellen die Abgeordneten fest, „die Performance des jeweilig verantwortlichen Managements zu messen.“
Durch die damit gewonnene Transparenz hat das Land die Möglichkeit, die Wettbewerbsfähigkeit seiner Beteiligungen zu steigern und kann bei den Unternehmen auf leistungsgerechte Vergütungssysteme hinwirken. Damit ist es auch in Zukunft möglich, in einem enger werdenden Bewerberfeld interessante Kandidaten für wichtige Positionen in diesen Unternehmen zu gewinnen. „Ohne ein Beteiligungscontrolling kann kein brauchbares Risikomanagement eingeführt werden.“
Die Landesregierung wird dem Landtag von Baden-Württemberg aufgrund des Antrags bald berichten, welchen Stellenwert die Landesregierung der langfristigen Entwicklung ihrer Beteiligungen an Unternehmen des privaten und öffentlichen Rechts beimisst, welche Maßnahmen die Landesregierung ergreifen will, um die Wertentwicklung der einzelnen Unternehmen und die Leistung des jeweiligen Managements transparent zu machen und ob sich die Landesregierung in der Lage sieht, für eine Bewertung und Klassifizierung der Unternehmensbeteiligungen ein umfassendes Rating der einzelnen Unternehmen durchführen zu lassen.
Darüber hinaus soll geklärt werden, ob die Landesregierung Möglichkeiten sieht, für die Beteiligungen des Landes an Unternehmen ein Beteiligungscontrolling einzuführen, das dem aktuellen Stand der Betriebswirtschaftslehre entspricht, wie die Landesregierung die Auswirkungen der Einführung eines Beteiligungscontrollings auf die langfristige Wertentwicklung ihrer Beteiligungen an Unternehmen beurteilt und ob die Landesregierung ihre Unternehmensbeteiligungen zu Strategischen Geschäftsfeldern zusammenfassen will, um damit in Zukunft die Möglichkeit zu haben, daraus einen oder mehrere Fonds zu bilden. Die Landesregierung soll ferner offen legen, „inwieweit sie die Möglichkeit nutzen will, zu momentan günstigen Bedingungen hochqualifizierte Vermögensverwalter unter Vertrag zu nehmen“ und ob die Landesregierung die Notwendigkeit sieht, einen tiefer gegliederten Beteiligungsbericht zu veröffentlichen, um mit Beteiligungen in der Privatwirtschaft vergleichbar zu sein.
Die Abgeordneten sprechen mit ihrem Antrag nicht das Kreditrating an, das nach Basel II von Banken als Einschätzung der einjährigen Ausfallwahrscheinlichkeit (Probability of Default, PD) standardmäßig im Kreditgeschäft anzufertigen ist. Diese Ausfallwahrscheinlichkeit ist bei Betrieben mit staatlicher Beteiligung in der Regel gering, da erstens im Zweifel bei Schwierigkeiten der staatliche Träger in der einen oder anderen Form, beispielsweise durch Kapitalerhöhungen, Unterstützung leisten würde, und zweitens Kreditgeber ihre Mittel im Vertrauen darauf zur Verfügung stellen, dass gegebenenfalls Hilfe bereit stünde, so dass es erst gar nicht zu Liquiditätsengpässen kommt.
Zielrichtung des Antrags kann daher nur ein Beteiligungsrating sein, das auf die Zukunftsfähigkeit und wirtschaftliche Effizienz der Beteiligung im Sinne eines Unternehmensratings zielt. Hierbei spielen Branchen- und Markteinschätzungen ebenso eine Rolle wie das Management, die Strategie usw. im Einzelfall des zu beurteilenden Unternehmens.
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