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Europäische Ratingagentur: Auf dem Weg, nicht „weg“
Von Dr. Oliver Everling | 9.Mai 2012
„Wir müssen noch den Domainnamen sichern, wir haben schon einen Namen“, weckt Dr. Markus Krall zur Einführung seines Vortrags beim 2. DVFA-Symposium Risikomanagement die Neugier seiner Hörer aus der Finanzbranche. Der designierte CEO der neuen Europäischen Ratingagentur sprach zum Thema „Neue Wege in Risikomanagement und Banksteuerung“ in Frankfurt am Main. Dr. Markus Krall wechselt von Roland Berger Strategy Consultants in seine neue Funktion.
Krall referierte unter der Moderation von Dr. Peter König, Geschäftsführer der DVFA GmbH, vor dem äußerst interessierten Auditorium im DVFA Center über die Entstehungsgeschichte dieser neuen Institution und die Hindernisse, die es zukünftig zu überwinden gilt: „Die institutionellen Rahmenbedingungen des Ratingmarktes sind geprägt von drei Hauptproblemen: Der im Emittenten-basierten Bezahlmodell inhärente Interessenkonflikt, die monopolartige Marktstruktur und der Mangel an Produkthaftung.“
Als Problemlösung treibt Markus Krall eine neue, global operierende Ratingagentur europäischen Ursprungs zur Stärkung des Wettbewerbs auf Basis eines transparenten und kosteneffizienten operativen Modells voran. Sowohl das Thema Produkthaftung soll in ihren AGB in dosiertem Maße abgebildet werden, als auch die Erarbeitung von Regulierungsvorschlägen, die es der Ratingindustrie insgesamt ermöglichen sollen, ohne das Problem des Freeride auf ein investorenbasiertes Bezahlmodell umzusteigen.
„Ohne Gesetzgebung geht es nicht. Gleichberechtigter Zugang zur zentralen Ratingplattform für alle Ratingagenturen ist wichtig.“ Krall macht klar, dass – entgegen anderslautender Presseberichte – am investorenbasierten Bezahlmodell festgehalten werde. Auch Gerüchten, die Idee einer „Europäischen Ratingagentur“ sei aufgegeben worden, tritt Krall klar entgegen. Man habe natürlich noch keine letztlich verbindlichen Unterschriften von Investoren, da erst der Vertragspartner gegründet werden müsse.
Markus Kralls erster Vortrag in seiner neuen Funktion und die anschließende Diskussion wurden vom Publikum rege wahrgenommen. Der Gründungschef der zukünftigen Instanz am europäischen Finanzmarkt resümierte: „Die Vorbereitungen zur Etablierung der neuen Ratingagentur kommen weiterhin gut voran und wir sind zuversichtlich, mit dem von uns entwickelten innovativen Geschäftsmodell im fairen Wettbewerb Erfolg zu haben und der Ratingindustrie neue Impulse zu geben.“
„Wir werden eine elektronische Ratingplattform einrichten, auf der das Rating ausgeführt wird. Jeder kann sich den Sourcecode herunterladen. Jeder mit Internetzugang kann online sehen, wie das Rating zustandekommt.“ Nur totale Transparenz entspreche dem Charakter des Ratings als ein öffentliches Gut. „Wir wollen erreichen, dass nach möglichst kurzer Zeit wissenschaftlich bewiesen werden kann, dass die Ratings gut sind.“ Die Haupthindernisse für den Markteintritt können nur durch ein neues Modell überwunden werden, macht Krall deutlich.
Das Konzept der Stiftung, die in den Niederlanden im Juni ins Leben gerufen wird, beruht auf der Einlegung der Mittel in eine operativ tätige GmbH. Selbst wenn nicht 300 Mio. € zusammen kämen, könne der Break-even bereits mit 50 Mio. € erreicht werden. Krall will daher keine Abhängigkeit von der kompletten Aufbringung der ursprünglich anvisierten Kapitalausstattung sehen.
„Für grobe Fahrlässigkeit wird gehaftet. Bei Vorsatz bis zu einem Prozentsatz des Eigenkapitals der Ratingagentur.“ Die Transparenz habe ein Wechselspiel mit der Haftung: Wenn der Prozess robust, nachvollziehbar und nicht manipulierbar sei und keiner in der Welt den Fehler gesehen habe, sei nicht pausibel, dass die Ratingagentur grob fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt habe.
Im ersten Jahr würden die Methoden entwickelt, die Leute eingestellt. Länder, Banken, Corporates und schließlich auch strukturierte Finanzierungen – diese Reihenfolge habe nichts mit der aktuellen Staatsschuldenkrise zu tun, sondern damit, dass der größte Teil der Verschuldung auf den Kapitalmärkten aus Staaten resultiere und Länderratings für das Rating von Unternehmen in den jeweiligen Staaten benötigt werden.
Die Ratingagentur werde Reserven bilden müssen, um Haftungsrisiken abzudecken. Der Kredit der Stiftung müsse an diese zurückbezahlt werden. Die Überschüsse sollen für einen gemeinnützigen Zweck unter der Kontrolle des niederländischen Staates eingesetzt werden, wahrscheinlich für Forschungszwecke. Die Europäische Ratingagentur sei ein Beitrag dazu, systemische Risiken zu reduzieren.
Themen: Anleiherating, Bankenrating, Länderrating, Mittelstandsrating, Ratings, Unternehmensrating, Verbriefungsrating, Versicherungsrating | Kommentare deaktiviert für Europäische Ratingagentur: Auf dem Weg, nicht „weg“
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