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Neue Bedeutung bankinterner Ratingverfahren
Von Dr. Oliver Everling | 25.Oktober 2008
Das klassische Kreditgeschäft der Banken ist in der letzten Zeit angesichts der rasanten Marktentwicklung von strukturierten Kreditprodukten etwas in den Hintergrund geraten. Die fortlaufend steigenden Renditeerwartungen sind jedoch mit der aktuellen Finanzkrise geplatzt und die zuvor häufig als unrentabel gescholtene Fremdfinanzierung von Unternehmen wird wieder an Bedeutung gewinnen. Die Abschätzung der damit verbundenen Ausfallrisiken durch bankinterne Ratingverfahren wird auf Grund der erhöhten Risikosensibilisierung aller Marktteilnehmer und insbesondere der Bankenregulierung eine zentrale Rolle spielen. Die Banken werden sich wegen der umstrittenen Rolle der externen Ratingagenturen in der Finanzkrise wieder verstärkt auf ihre internen Verfahren der Risikoeinschätzung konzentrieren.
Bankinterne Ratingverfahren bezeichnen alle bankintern eingesetzten Verfahren, die der Schätzung der notwendigen Risikoparameter zum Zwecke der Ausfallrisikobeurteilung dienen. Das Ausfallrisiko wird einerseits durch den (erwarteten) unerwarteten Verlust infolge einer (antizipierten) Nichterfüllung oder nicht termingerechten Leistung von Zins- und Tilgungszahlungen quantifiziert und andererseits durch den Value-at-Risk im Hinblick auf das vorliegende Verlustpotenzial abgeschätzt, stellen Jan-Henning Trustorff und Birgit Botterweck dar in ihrem Beitrag „Bankinterne Ratingverfahren“ zum Buch von Oliver Everling, Klaus Hohlschuh und Jens Leker (Herausgeber): Credit Analyst (http://www.credit-analyst.eu), Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München, http://www.oldenbourg.de, gebundene Ausgabe, 1. Auflage 2008, ISBN 978-3-486-58688-6.
Die zentrale Aufgabe der bankinternen Ratingverfahren ist die Schätzung der Eingangsgrößen der Ausfallrisikomodellierung. Die wichtigsten Risikoparameter sind die prognostizierte Ausfallwahrscheinlichkeit (EDF), die Verlustquote bei Ausfalleintritt (LGD) und das Volumen einer Risikoposition (EAD). Zur Modellierung des Zusammenhangs zwischen Risikoparametern und den erklärenden Einflussfaktoren werden überwiegend statistisch-mathematische Verfahren eingesetzt. Darüber hinaus können die Schätzungen auch durch eine Analyse historischer Daten aus internen und externen Quellen erfolgen oder entsprechend der aufsichtsrechtlichen Vorgaben abgeleitet werden.
Im Unterschied zum externen Credit Rating durch unabhängige Ratingagenturen dienen bankinterne Ratingverfahren, merken Trustorff und Botterweck an, der Einschätzung der obligor- und forderungsspezifischen Dimension des Ausfallrisikos für bankinterne Steuerungszwecke. Credit Ratings haben dagegen den Abbau von Informationsasymmetrien an den Kapitalmärkten zum Ziel und sind im Unterschied zu den internen Ratings allgemein zugängliche Ausfallrisikoinformationen, denen eine obligorspezifische Ausfallwahrscheinlichkeit zugeordnet werden kann.
Gleichwohl seien bankinterne Ratingverfahren nur eine methodische Teilkomponente der risikoorientierten Gesamtbanksteuerung. Für die risikoorientierte Planung, Steuerung und Kontrolle der Kreditgeschäftsaktivitäten sind neben den bankinternen Ratingverfahren weitere Verfahren der Kreditrisikomodellierung und insbesondere die Implementierung der methodischen Verfahrensweisen durch ein integriertes und institutsweites Ratingsystem notwendig.
Darüber hinaus erfordert die eigenständige Bemessung der Eigenkapitalunterlegung auf Grundlage der internen Ausfallrisikomessung eine IRBA-Anerkennung des gesamten Ratingsystems durch die Bundesaufsicht für Finanzdienstleistungen (BaFin), berichten Trustorff und Botterweck. Gegenüber der BaFin muss das Kreditinstitut die Funktionsfähigkeit und angemessene Ausgestaltung des gesamten bankinternen Ratingsystems nachweisen und eine Vielzahl von Mindestanforderungen erfüllen.
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