« Überzeugende Argumente für Frankfurt am Main | Home | Standortnachteile durch Steuererhöhungen »
Kommunale Finanzen – Sanierung möglich?
Von Dr. Oliver Everling | 9.April 2013
Die Podiumsdiskussion „Kommunale Finanzen – Sanierung möglich?“ in der IHK Frankfurt am Main steigt mit einem faktenreichen, nüchternen Impulsvortrag in das Thema ein. „Vollkommen unverständlich, dass Städte immer noch den Profisport unterstützen. Das ist nicht Aufgabe einer Kommune“, sagt Joachim Papendick, Vorstandsvorsitzender, Bund der Steuerzahler Hessen e.V. mit Blick auf die Politik, Verluste aus dem Profisport zu überlassen, während gleichzeitig die Gewinne in private Kassen fließen.
Papendick schließt eine Serie von Beispielen an, wie mit öffentlichen Mitteln unveranwortlich umgegangen wird, nennt aber ebenso auch eine Fülle von positiven Beispielen öffentlich-privater Partnerschaften. „Allerdings ist es schwierig, alle etwaigen Entwicklungen vorab vertraglich abzusichern“. Der Bund der Steuerzahler hält eine kommunale Schuldenbreme für wünschenswert, oft sei diese aber schwer durchsetzbar.
Prof. Dr. Manfred Eibelshäuser, Präsident, Hessischer Rechnungshof, berichtet Beispiele von Kostenüberschreitungen, die oft zunächst bezweifelt, sich aber in kürzester Zeit realisiert zeigten.
Auch für das „reiche Frankfurt“ seien die Schulden ein Thema, aber die Schulden seien bereits im Abbau begriffen, berichtet Uwe Becker, Kämmerer der Stadt Frankfurt am Main. „Wir haben keine Luxusausgaben, sondern Ausgaben, die für den Standort Frankfurt wichtig sind. Manche Ausgaben haben identitätsstiftenden Charakter“, sagt Becker. „Wir haben keine Luftschlösser, die wir einfach aus dem Haushalt streichen können.“
Dr. Matthias Leder, Federführer Steuern, Arbeitsgemeinschaft hessicher IHKs, nennt konkrete Beispiele ausgezeichneter Gemeinden, die Einsparungen erfolgreich umgesetzt haben. Papendick bestätigt die Erfolge, wo Bürger oder Unternehmen mit in die Pflicht genommen worden sind, für Einsparungen etwas zu bewegen.
Dr. Thomas Schäfer, Hessischer Finanzminister, skizziert, wie der Schutzschirm dafür sorgen soll, dass Gemeinden nicht in die Vergeblichkeitsfalle laufen. „Wir haben bewusst mit den Kommunen verabredet, dass wir nicht vorgeben, was diese machen sollen. Es kommt vielmehr darauf an, was hinten herauskommt.“ Die Kommunen hätten Vorschläge gemacht, die nun vertraglich verabredet seien, so dass Verbesserungen konkret nachgehalten werden könnten.
Bürgermeisterin Antje Köster aus der „Schutzschirmgemeinde“ Hattersheim gibt einen Lagebericht, wie den finanzschwachen Gemeinden konkret geholfen werde. „Kurz nachdem ich vor zweieinhalb Jahren das Amt der Bürgermeisterin übernahm, brach uns der größte Gewerbesteuerzahler weg. Wir sind daher dankbar, dass wir weiterhin selbst entscheiden können, wie wir damit umgehen.“ Köster sieht im Schutzschirm insofern nicht die befürchtete Einschränkung der Handlungsmöglichkeiten.
Mit einer Bürgerinformationsveranstaltung habe man gemeinsam mit dem Städtetag die Bürger oinformiert und parallel öffentliche Arbeitskreise zum Thema kommunaler Finanzen durchgezogen. „Es waren viele politischde Mitstreiter dabei“, berichtet Köster. „Wir waren eine der ersten Kommunen, die die Unterschrift unter den Schutzschirmvertrag setzten und sich dazu bekannten, sich der Aufgabe zu stellen.“ Es gebe Einschnitte, Erhöhung der Grundsteuer, Erhöhung der Gewerbesteuer, Steuer für Zweitwohnsitz, höhere Kindergartengebühren, Kürzungen in der Jugendarbeit, in der Seniorenarbeit usw.
„Bürgerinnen und Bürger wurden aufgerufen,“ sagt Köster, „sich an den Prozessen zu beteiligen. Wir haben sehr viele engagierte Bürgerinnen und Bürger, aber diese haben natürlich auch einen Beruf. Man kann daher nicht verlangen, dass diese immer weiter in Anspruch genommen werden.“ Ziel sei „die Null“ 2016.
Papendick meint ein Wachstum der Anspruchshaltung der Bürger zu sehen. Die Zahl der Lehrer steige, zugleich sinke die Zahl der Schüler, dennoch verstummen nicht die Klagen, gibt Papendick ein Beispiel. „Notwendig ist es, den Bürger mitzunehmen. Die Kostenfrage müsse für den Bürger klar werden.“
Eibelshäuser weist darauf hin, dass es bereits heute Kommunen gibt, die keine freiweilligen Leistungen mehr bringen. „Es gibt auch hausgemachte Probleme von Kommunen. Wenn es in jedem Ortsteil ein neues Bürgerhaus gebe und Folgekosten nicht berücksichtigt werden, dann stehen das Haben und das Wollen nicht im Einklang. Die einen wollen haben, die anderen wollen beglücken. Auf der Ausgabenseite alleine lässt sich das Problem nicht beheben, dann bleibt nur die Einnahmenseite. Die Verschuldung ist in vielen Kommunen nicht weiter möglich, da sie bereits zu hoch ist.“
Einsparungen und Einnahmensteigerungen werden bei den Kommunen nicht wirklich belohnt, da Bürgern jeder Maßstab fehlt, um Erfolge zu erkennen. So bleibt es bei Anekdoten, dass dieses oder jenes erreicht wurde, aber wie die Gesamtheit der Maßnahmen langfristig die Finanzlage einer Kommune beeinflussen, darüber gibt es keine öffentliche Zusammenführung der Aspekte und Kriterien, wie es in einem Kommunalrating geleistet würde.
Der Hessische Finanzminister Dr. Thomas Schäfer bezweifelt, dass die Bürger die Bedeutung und Weitreiche des Erfolgs einer Ratingverbesserung von A auf AA oder AAA verstehen würden. Schäfer will sich daher mit der Verabredung von Einzelmaßnahmen und Maßnahmenpaketen mit den Kommunen begnügen.
Mehr zum Thema der Kommunalfinanzen im Buch von Oliver Everling und Michael Munsch (Herausgeber): Kommunalrating – Finanzierung in Städten und Gemeinden sichern, 1. Auflage Köln 2013, Bank- Verlag, 383 Seiten, Art.-Nr. 22.489-1300, ISBN 978-3-86556-285-2.
Themen: Kommunalrating, Länderrating | Kommentare deaktiviert für Kommunale Finanzen – Sanierung möglich?
Kommentare geschlossen.