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Orientierung ja – Optimierung nein
Von Dr. Oliver Everling | 2.Januar 2014
Die Wahl (ex ante) und die fortlaufende Analyse und Kontrolle (ex post) eines Vermögensverwalters ist für den Anleger eine komplexe Entscheidung unter mehrfacher Unsicherheit. Dr. Sebastian Klein, Vorsitzender des Vorstands, und Carsten Stillbauer, Senior Portfoliomanager der Fürstlich Castell’sche Bank, Credit-Casse AG, legen in ihrem Beitrag zum neuen Buch „Rating von Vermögensverwaltungen“ im Frankfurt School Verlag überzeugend die Komplexität der Thematik dar.
Diese erfordere gleichermaßen eine hohe fachliche Kompetenz sowie umfangreiche Arbeiten, um ein fundiertes Urteil bilden zu können. „Wie auch bei dem Rating für andere Finanzangebote, kann es daher Sinn machen, dass nicht jeder Anleger diesen Aufwand betreibt, sondern an eine Institution delegiert, die dies effizienter darstellen kann. Theoretisch gesprochen käme es zu einer Reduktion der Transaktionskosten für den Anleger,“ machen die Autoren deutlich, „wenn er sich auf das kondensierte Urteil einer solchen Institution verlassen könnte.“
Eine Ratingagentur bzw. unabhängiger Beurteiler wiederum erzielt Größenvorteile, da sie die Ergebnisse Ihrer Analysen einer Vielzahl von Interessenten zur Verfügung stellen kann. „Bestimmte Ansprüche sind allerdings zu erfüllen, damit dies funktioniert“, dämpft Klein die Hoffnung auf schnelle Erfolge mit einem Rating. „Diese Anforderungen beziehen sich auf die Vermögensverwalter selbst, aber insbesondere auch auf die Ratinginstitution.“
Die Vermögensverwalter müssen nach Ansicht von Klein und Stillbauer ein hohes Maß an Transparenz bieten, indem sie Ratingagenturen ihren Prozess offenlegen, Zugang zum Managementteam bieten und idealerweise reale Portfolios zur fortlaufenden Analyse und Kontrolle übermitteln. In Teilen des Marktes der individuellen Vermögensverwaltung sei dies bereits in Ansätzen Realität: Die Performancebewertungen der Fuchsbriefe oder von firstfive gibt Klein als Beispiele hierfür.
„Unabhängig davon, ob die Bewertung von diskretionären Mandaten oder vermögensverwaltenden Fonds erfolgt, wird sie für den Anleger nur dann hilfreich sein, wenn das Urteil unabhängig gefällt wird, die Analyse fortlaufend und kontinuierlich erfolgt und die Analysenurteile in einer für den Anleger verständlichen Sprache und die vergleichende Bewertung in relevanten Kategorien erfolgt (z. B. gemäß den Anlagezielen). Entscheidend dafür“, macht Klein klar, „ist die Frage nach der Unabhängigkeit der Ratingagentur und die damit verbundene Herausforderung der anbieterunabhängigen Finanzierung der Kosten einer solchen Institution.“
Sind diese und weitere Anforderungen erfüllt, urteilen Klein und Stillbauer, so könnte ein Rating von Vermögensverwaltungen in der Tat eine wichtige Funktion haben, um den Anleger eine fachkundige und professionelle Orientierung und Kontrolle zu effizienten Kosten zu bieten.
„Dieses Ratingurteil wird allerdings dem Anleger die Entscheidung nicht abnehmen können. Die individuelle Lebenssituation, die Anlageziele sowie die spezifische Risikobereitschaft, aber auch emotionale Bezüge sind nur einige Faktoren, die nur begrenzt durch einen – in Teilen notwendigerweise standardisierten Ratingprozess – Berücksichtigung finden werden.“
Eine persönliche individuelle Beratung ist durch ein Rating nicht zu ersetzen. „Daher wollen wir mit der Sicht des Kunden – so wie wir begonnen haben – auch schließen: Für den Kunden kann ein Rating von Vermögensverwaltern eine wichtige Orientierungshilfe sein, sich allein darauf zu verlassen, scheint hingegen nicht angeraten.“
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