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Wirtschaft bleibt vom billigen Geld abhängig

Von Dr. Oliver Everling | 14.April 2015

Die Rettungspolitik der Notenbanken hat die Weltwirtschaft stabilisiert. Die Wertentwicklung vieler Assetklassen wird deshalb überwiegend von der Liquiditätszufuhr bestimmt, die im Kern die Rettungspolitik ausmacht. Axel Angermann von der FERI EuroRating Services AG führt mit dieser These in die FERI Frühjahrstagung ein – eine Veranstaltung, die wiederum ein „all time high“ hinsichtlich der Teilnehmerzahl verzeichnen kann.

Angermann zeigt, dass Leitzinserhöungen seit Oktober 2014 ur in Argentinien, Brasilien, Russland und in der Ukraine zu beobachten waren. In den Industrieländern standen weitere Leitzinssenkungen an, so in AUstralien, Dänemark, Israel, Kanada, Korea, Norwegen, Schweden und in der Schweiz, sowie in Schellenländern wie Bulgarien, Chile, China, Indien, Pakistan, Peru, Polen, Rumänien, Serbien, Thailand, Türkei und Ungarn.

DIe US-Wirtschaft bleibe die entscheidende Triebkraft der globalen Wachstumsdynamik, glaubt Angermann. Mitte des Jahres leitet die Fed einen sehr moderaten Zinserhöhungszyklus ein, prognostiziert er. Die expansive Geldpolitik war auf den Hypothekenmarkt ausgerichtet. Der Vorteil der Fed war im Vergleich zu anderen Notenbanken, es mit einem vergleichsweise geschlossenen, einheitlichen Wirtschaftsraum zu tun zu haben, der sich leichter beeinflussen lässt. So sie die Politik explizit auf die Hypothekenzinsen ausrichtet, um dadurch eine Stütze im privaten Konsum zu schaffen.

Der US-Arbeitsmarkt zeige sich in einem stabilem Aufwärtstrend, allerdings mit Schönheitsfehlern, denn die strahlende Welt mit Vollbeschäftigung sei noch nicht erreicht. Die Einkommensentwicklung ermögliche stabil wachsenden Konsum in den USA, zeigt Angermann auf. Die Sparrate unterliege in den USA rrelativ großen Schwankungen, daher wirke sich nicht jede Steigerung des Einkommens auch in einer Steigerung des privaten Verbrauchs aus, wie auch umgekehrt. Das mache die Prognose speziell für die USA etwas schwieriger als in anderen Ländern mit recht stabilen Sparquoten.

DIe konjunkturelle Entwicklung sei in den USA inzwischen „selbsttragend“ und hänge nicht mehr so sehr am Tropf der Geldpolitik, meint Angermann. Daher habe Yellen auch entsprechende Signale gegeben. Die Leitzinsen ließen sich unter diesen Bedingungen erhöhen. Die Kerninflationsrate werde sich nach oben bewegen, was der Fed die Zinserhöhung erlauben werde.

„Wir glauben, dass die Fed insgesamt bei ihrer expansiven Geldpolitik bleiben und sehr vorsichtig vorgehen wird“, sagt Angermann. Wenn die aktuelle konjunkturelle Lage jedoch sich nicht weiter verbessere, könnte die Fortsetzung der Politik die Folge sein. Der zweite Faktor, der zu unveränderten Zinsen in den USA führen könnte, wäre eine weitere Aufwertung des US-Dollars, denn dieser werte zurzeit gegenüber fast allen Währungen der Welt auf. Das wirke sich natürlich negativ auf die wirtschaftliche Entwicklung in den USA, die Nettoimporte seien traditionell negativ, größere Handelsdefizite seien nun noch wahrscheinlicher für die USA.

Angermann sieht in Europa keine Deflationsgefahren. Die Kerninflation sei deutlich positiv und gebe keinen Anlass zum Handeln. Steigende Löhne und Lohnstückkosten sprechen gegen andauernde Deflationsgefahren, wie auch die Arbeitslosigkeit mit steigender Kapazitätsauslastung allmählich zurückgehe.

Im Euroraum seien die Bankkredite an Unternehmen weiter zurückgegangen, jedoch sei Ende 2014 eine Wende zu erkennen gewesen. Es gehe bei der Politik der Europäischen Zentralbank nicht in erster Linie um die Bankkredite an Unternehmen, sondern um die Schwächung des Euros. Die Abwertung des Euros wirke allerdings nicht gegenüber allen Handelspartnern.

Spanien zeige eine gute Exportentwicklung nicht erst seit dem Verfall des Euros, zeigt Angermann anhand der Exportdaten nach Regionen auf. Für den Euroraum sei ein BIP-Wachstum für 2015 in Höhe von 1,5 % in Sicht, für 2016 vielleicht 1,6 %. Die Länderratings konnten seit Anfang 2014 für mehrere Länder nach oben gestuft werden, so bei Estland, Irland, Litauen, Lettland, Spanien und Portugal. Bei Griechenland bleibe die Meinung der Ratingagentur unverändert.

Warum hat es bei Spanien funktioniert, nicht aber bei Griechenland? Auch Spanien hatte Hilfen in Anspruch genommen. In Griechenland sehe man aber „absolutes Chaos“. Man müsse konstatieren, dass Griechenland in eine Abwärtsspirale hineinlief. Griechenland habe eigentlich einen Boden gefunden. Der „große Schuldenschnitt“ für Griechenland habe dem Land kaum genutzt, bemerkt Griechenland.

In Spanien habe man die Krise als „selbstgemacht“ anerkannt und entsprechend Strukturreformen durchgeführt. Griechenland verhalte sich dagegen wie ein schlechter Schüler, der vor versammelter Klasse immer wieder von den Lehrern vorgeführt werde und dadurch schließlich bockig wurde.

Die Kehrseite der EZB-Politik sei, dass sie in Frankreich und in Italien keine ANrieze zu Strukturreformen hinterlässt. Eine anhaltend hohe Verschuldung in beiden Ländern sei daher für diese beiden Länder das wahrscheinlichste Szenario, prognostiziert Angermann und sieht in einer politischen Union weiterhin die Voraussetzung für eine dauerhafte Krisenbewältigung. Bisherige Währungsunionen seien immer dann gescheitert, wenn die politische Integration zu gering war.

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