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Accountability Bonds zur Staatenfinanzierung

Von Dr. Oliver Everling | 8.Mai 2015

Mit eigener Währung hat eine nationale Regierung einen Leder of last resort. Der Wert der Staatsanleihe ist dann (nomial) sicher und der Verzicht auf Eigenmittelunterlegung von Staatsanleihen bei Banken zu rechtfertigen. Ohne eigene Währung fehlt aber diese Quelle der Refinanzierung, so dass Staatsanleihen risikobehaftet sein können, wie es auch im Eurowährungsraum der Fall ist.

Prof. Dr. Clemens Fuest vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) an der Universität Mannheim erläutert die Governance der Fiskalpolitik in Europa. Wenn die Haftung für Staatsschulden und die Entscheidung über Staatsverschuldung in einer Hand liegen würden, hätte man eine zentrale Fiskalunion. Gegewärtig fallen Haftung und Entscheidung jedoch auseinander. Wenn national gehaftet und auch entschieden würde, kann man von einer dezentralen Fiskalunion sprechen. Fuest beruft sich auf Überlegungen des wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen (2012).

Das Konzept einer zentralen Fiskalunion hat wenig Aussichten auf Realisierung. Daher  muss man sich mit dem Konzept einer dezentralen Fiskalunion befassen. Nationale Parlamente entscheiden weiterhin über die Höhe der staatlichen Neuverschuldung. Dies verlangt ein glaubwürdiges Verfahren für Restrukturierung von Staatsschulden bei Überschuldung einzelner Mitgliedstaaten, außerdem einen Finanzsektor, der Verluste aus der Restrukturierung öffentlicher Verschuldung absorbieren kann und fiskalpolitische Disziplinierung inerster Linie durch Kapitalmärkte. „Fiskalplitische Koordnation kann hilfreich sein, ist aber nicht entscheidend“, sagt Fuest.

Bereits beschlossen sind der Krisenbewältigungsmechanismus des ESM, die verstärkte Koordination der Wirtschafts- und Fiskalpolitik und die Bankenunion im Sinne einer Bankenaufsicht durch die EZB, gemeinsamer Bankenrestrukturierungsmechansimus (SRM, BRRD) und gemeinsamer Bankenrestrukturierungsfonds (SRF).

Fuest kommt auf den Van Rompuy Report (fiskalische Kapazität auf zentraler Ebene zur Vesicherung gegen ökonomische Schocks) zu sprechen, wie auch auf Vorschläge der Europäischen Kommission: Fiskalische Kapazität, Eurobilss/Stability Bonds, Schuldentilgungsfonds und langfristige Besteuerungs- und Verschuldungsrecht der EU. Keiner dieser Vorschläge beinhaltet ein Verfahren für die Restrukturierung von Staatsschulden.

„Wenn die Eurozone eine Zukunft haben soll, brauchen wir eine stärkere Gläubigerbeteiligung“, sagt Fuest und schlägt zum Einstieg in die Gläubigerhaftung bei Staatsanleihen „Accountability Bonds“ vor. Die Idee ist eine neue Klasse nachrangiger Staatsanleihen, die bei Finanzkrisen oder bei Überschreitung kritischer Verschuldungsgrenzen vorübergehend oder endgültig nicht mehr bedient werden (Trigger vielfältig gestaltbar). Wenn ein Mitgliedstaat die im Rahmen des Europäischen Semesters vorgegebenen Budgetziele verfehlt, wird der Überschuss an Schulden mit Accountability Bonds finanziert. Die neuen Bonds sieht Fuest u.a. als Antwort auf die Debattte über exzessive Risikozuschläge bei Staatsanleihen und als Auflösung der impliziten Verschuldung.

„Der wichtigste Defizit der fiskalischen Integration ist ein fehlendes Verfahren zur Restrukturierung von Staatsschulden. Accountability Bonds wären ein erster Schritt.“ Fuest glaubt daran, dass eine fiskalische Stabilisierung durche eine europäische Arbeitslosenversicherung mit überschaubarem Budgte möglicht wäre, bei dem die Umverteilungsefffekte durch „richtiges Design“ begrenzt würden. Die Frage sei aber. ob dadurch eine politische Dynamik in Richtung Transferunion ausgelöst würde. Eine Modellierung der Konsequenzen von Accountability Bonds für die Ratinglandschaft gibt es noch nicht.

Themen: Länderrating | Kommentare deaktiviert für Accountability Bonds zur Staatenfinanzierung

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