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Steinbrücks Staatskapitalismus bei HRE

Von Karl-Heinz Goedeckemeyer | 29.Januar 2009

Der Kapitalbedarf der Hypo Real Estate (HRE) wird immer dramatischer. Trotz der erheblichen Stützungsmaßnahmen des Staates, immerhin hat der Immobilienfinanzierer bis dato Garantien von 92 Mrd. Euro erhalten, wird weiteres Kapital in Milliardenhöhe benötigt. Um diesen Finanzierungsalptraum nun endlich zu beenden, soll der Lenkungsausschuss des Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (Soffin) am Freitag die Voraussetzungen für eine Mehrheitsübernahme der HRE durch den Staat prüfen.

Nach Informationen aus Finanzkreisen werde nach Wegen gesucht, wie der Bund am besten die Mehrheit bekommen und sich dadurch Gestaltungsmöglichkeiten für eine grundlegende Sanierung des Unternehmens sichern lassen kann. Gleichzeitig werde darüber nachgedacht, Wege zu finden, um die krisengeschüttelte Tochter Depfa vom Kerngeschäft der HRE abzuspalten. Allerdings begrenzt das Finanzmarktstabilisierungsgesetz direkte Staatsbeteiligung ohne Zustimmung der Altaktionäre bisher auf 33 Prozent. Da eine ordentliche Hauptversammlung als zu kompliziert und langwierig erscheint werde auch in Betracht gezogen, die Altaktionäre, wozu auch der US-Finanzinvestor J.C. Flowers mit einem Anteil von knapp 25 Prozent gehört, zu enteignen. Wie das Handelsblatt (Dienstagausgabe) berichtete seien sich Union und SPD einig, dass der Bund eine Beherrschungsmehrheit von 50 Prozent plus einer Aktie übernehmen solle. Falls der Soffin am Freitag sich für eine Mehrheitsbeteiligung des Staates entscheidet, könnte das Kabinett nächste Woche die Gesetzesänderungen beschließen. Wenn dann noch der Bundestag dieser Gesetzesänderung zustimmt, ist es auch rechtlich möglich, dass der Bund der HRE das notwendige Kapital überweist. Da davon auszugehen ist, dass der Sofin den Weg für eine Kapitalspritze freimacht, greift der Bund einer maroden Bank mit fast 100 Mrd. Euro unter die Arme, die an der Börse mit rund 350 Mio. Euro bewertet wird.

Allerdings bleibt abzuwarten, ob der Bund daraus die Konsequenzen zieht und Entscheidungen vorbereitet wie der Finanzsektor verkleinert werden kann, damit Pleitebanken wie HRE frühzeitig vom Markt verschwinden und nicht endlos auf dem Rücken der Steuerzahler gestützt werden. Auch mit Blick auf die Nachbarländer drängt sich der Eindruck auf, dass seit der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers weltweit keine Bank mehr in die Insolvenz fallen darf, weil dies die Finanzmärkte und damit einhergehend auch den gesamten Bankensektor erschüttern würde. Wenn das jedoch der Fall ist, dann können Bankmanager auch künftig weiterhin ein großes Rad drehen, in der Gewissheit, dass der Staat schon für das Missmanagement der Banker gerade stehen wird. Höhere Eigenkapitalquoten, eine stärkere Haftung und eine Aufsicht, die den gestiegenen Anforderungen gewachsen der komplexer werdenden Finanzmärkte ist, sind somit unabdingbar, um weitere Krisen im Finanzsektor zu vermeiden.

Doch mit Blick auf das schlechte Krisenmanagement von Finanzminister Peer Steinbrück im Fall der HRE sei vor allzu großem Optimismus, nicht zuletzt was das Zusammenspiel von Aufsicht und Bundesregierung angeht, gewarnt. Um diesen Fall jedoch richtig zu verstehen, lohnt ein Blick auf den 29. September 2008, der Tag, an dem die Krise mit voller Wucht ausbrach.

Der Auslöser der Krise waren nicht toxischen Wertpapiere, sondern die bei der Tochter Depfa aufgetauchten Refinanzierungsschwierigkeiten. Minister Steinbrück will damals keine Ahnung von den Schwierigkeiten bei der irischen DEPFA gehabt haben. Der Presse erklärt er: „Wenn eine Bank wie die Depfa in Irland in Schwierigkeiten gerät und ihre deutsche Mutter HRE in sehr ernste Schwierigkeiten bringt, kann die deutsche Bankenaufsichsicht eingreifen.�??

Laut Recherchen des Magazins „Report München�?? in dieser Woche sollen im Deutschen Bundestag Dokumente lagern, die das Gegenteil dessen beweisen, was der Finanzminister behauptet. Gemäß einen dem Magazin zugespielten brisanten Papier, das auf ein Bericht der deutschen Finanzaufsicht BaFin über die Prüfung irischen Depfa beruht, ist darin von einer als kritisch anzusehenden Refinanzierung die Rede, die für die Liquidität der Depfa Bank schwerwiegende Folgen haben kann. Offensichtlich hat die Aufsicht die Brisanz der Depfa-Krise völlig unterschätzt.

Schon am 27. Februar 2008 soll nach Recherchen von „Report�?? eine Gruppe Bundesbanker der Außenstelle München im Auftrag der deutschen Bankenaufsicht für zwei Wochen nach Dublin gereist sein. Infolge dessen hätte die Warnung über Liquiditätsengpässe auch beim Finanzministerium in Berlin an kommen müssen. Für den Obmann der FDP-Bundestagsfraktion im Finanzausschuss Volker Wissing ist das ein Riesenskandal: „Ich habe auch damals immer zu ihm gesagt, Herr Steinbrück, warum hat die BAFIN denn nicht versucht mit irischen Behörden Kontakt aufzunehmen, um doch eine Prüfung zu ermöglichen und er hat das als abwegig bezeichnet. Und genau das hat stattgefunden, d.. h. es war eine totale Desinformation des Bundesfinanzministers.“ Steinbrück korrigierte sich später mit dem Hinweis, dass der Prüfbericht beim Ministerium eingegangen sei, gelesen habe er ihn aber nicht, stattdessen hätte die Fachabteilung diesen Bericht „abgelegt�??.

Wissing entgegnet dem, dass er die Aussage für unglaubwürdig hält „weil sich ein Land, wie die BRD so etwas wirklich nicht erlauben kann. Wissing weiter: ich halte das für absurd, dass man erst die Deutsche Bundesbank nach Irland schickt, die Depfa zu prüfen, dann dort große systemische Risiken feststellt, dieses dann dem Bundesfinanzminister mitteilt, und das dann angeblich abgeheftet wird. Selbst, wenn es so wäre, was ich für absolut unglaubwürdig halte, wäre das ein Skandal Sondergleichen, denn die Auswirkungen, und das ist doch das Ernste an der Sache, sind doch dramatisch für unser Volk.“

Weitere Recherchen des Magazins haben ergeben schlummern im Münchner Handelsregister Belege für die Verschleierung der Krise. Diese Unterlagen gehen bis auf das Gründungsjahr der HRE im Jahr 2003 zurück. Damals wurde das Immobiliengeschäft der Hypo Vereinsbank abgespalten und auf eine neue Bank übertragen, die Geburtsstunde der HRE. Man beachte dabei das Datum: Der 29.09.2003. Fast auf den Tag genau fünf Jahre später informierte Minister Steinbrück die Öffentlichkeit von der Krise bei der HRE. Ein Blick ins Umwandlungsgesetz genügt um festzustellen, dass für Schadenersatzansprüche eine Verjährungsfrist von fünf Jahren gilt.

Am Tag der Bekanntmachung der Krise war die Frist genau einen Tag abgelaufen. Steinbrück war zumindest was die Verjährungsfrist offensichtlich im Bilde, sonst hätte der schon einige Tage früher das Problem offen legen können. Stellungnahmen des BMF wurden „mit Hinweis auf das laufende Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft München�?? abgelehnt.

Es hat Zeit, dass der Steuerzahler endlich die Wahrheit über den Krisenverlauf der HRE erfährt. Der FDP-Bundestagsabgeordnete Wissing hat recht, wenn er verlangt, dass der Bundesfinanzminister endlich die Fakten auf den Tisch legen muss. Es könne so Wissing nicht hingehen, dass Milliarden Steuergelder eingesetzt werden, und wichtige Informationen hinter verschlossenen Türen verwahrt werden. „Wir werden auch alle parlamentarischen Möglichkeiten nutzen, um diese Informationen zu bekommen.“

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