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EZB ist das Problem
Von Dr. Oliver Everling | 19.Mai 2015
„Die EZB löst nicht das Problem, sondern sie ist das Problem“, so provokant fasst Dr. Gertrud R. Traud, Chefvolkswirtin und Leistung Research bei der Landesbank Hessen-Thüringen Girozentrale ihre Analyse der Politik der Europäischen Zentralbank (EZB) auf der Konferenz „NPL Forum 2015″ des Frankfurt School Verlags mit ihrem Vortrag „Zwischen Niedrigzins, SNB-Entscheidung und Grexit – Wer vertraut noch wem?“
Traud diskutiert mit Prof. Dr. Lars P. Feld, Leiter de Walter Eucken Instituts, Professor für Wirtschaftspolitik an der Universität Freiburg und MItglied des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaflichen Entwicklung, Sascha Klaus, Bereicchtsvorstand Non-Core Assets der Commerzbank AG und Mitglied des Vorstands der Hypothekenbank Frankfurt AG, Dr. Hans-Joachim Massenberg, Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbandes deutscher Banken und Prof. Dr. Axel Wieandt, Honorarprofessor an der WHU Otto Beisheim School of Management und Lehrbeuaftragter an der Goethe Business School, Universität Frankfurt, unter der Moderation von Prof. Dr. Christoph Schalast, Professor für Mergers & Acquisitions, Wirtschafsrecht und Europarecht an der Frankfurt School of Finance & Management.
„We have created a monster“ zitiert Wieandt den Franzosen Thomas Piketty. Wieandt betont, dass der Euro zuallererst ein politisches Projekt und der einzige Weg, Frieden halten und schaffen zu können. „In meiner Generation ganz wichtig: Wir haben keine gemeinsame Sprache, aber einen gemeinsamen Euro.“ Wieandt verknüpft den Gedanken des Euros mit dem der Demokratie. Der Euro sei nie als End-, sondern immer als Anfangspunkt gedacht gewesen.
Es habe immer schon ein Misstrauen gegenüber flexiblen Wechselkursen gegeben. Der Euro sei nie als fertiges Projekt gedacht gewesen, sondern als Anstoss und Grundstein der Integration. Das Eurosystem habe natürlich auch eine Reihe vn Limitationen. Allein mit Verträgen funktioniere er nicht. Die Zinsen waren in den Ländern, die nun die Probleme bereiten, vor der Krise zu niedrig. Daher sei nicht verwunderlich, dass man nun an diesem Punkt angekommen sei.
Der Euro und die Staatspleiten müssten deutlich auseinander gehalten werden. „Wir müssen institutionelle Reformen vorantreiben“, sagt Wieandt. Die Griechenlandkrise habe eine Menge positive Aspekte, da man Institutionen weiterentwickelt habe.
Massenberg wendet zur Schlussfolgerung von Traud ein, dass der Zins wissentlich politisch gewählt sei. „Die Banken und die Märkte befinden sich in einer Ausnahmesituation“, sagt Massenberg. Die negativen Einlagenzinsen seien eine geldpolitische Übersteuerung, denn sie hätten für die Realwirtschaft keine negativen Wirkungen gehabt. Wie Traud schon ausgeführt habe, seien eher die sinkenden Ölpreise für die Ankurbelung der Wirtschaft verantwortlich gewesen.
„Gegenüber der EZB würde ich ebenso deutlich formulieren, dass weder die Bank of Japan, noch die Fed oder andere Zentralbanken ihren Märkten neben QE auch noch negative Einlagenzinsen zugemutet habe“, kritisiert Massenberg. Unstrittig stimmt Massenberg der Notwendigkeit struktureller Reformen zu. Diese würden sich aber nicht nur auf Griechenland usw. beziehen, sondern strukturelle Änderungen seien auch in Deutschland notwendig.
Klaus warnt davor, dass Griechenland extrem teuer werde, hat jedoch keinen Zweifel daran, dass Griechenland „drin bleiben“ werde. Traud hatte die These aufgestellt, dass ein Grexit eine abschreckende Wirkung auf andere Länder haben würde. Die „Drohstrategie“ in Europa würde einfach zu oft gemacht. „Wenn wir das nicht machen, dann bricht Europa auseinander“, so würden viele Maßnahmen in Europa begründet. Traud bezweifelt aber, ob ein Austritt Griechenlands aus der Währungsunion Europa scheitern lassen würde.
„Die Banken stehen unter einem enormen Kostendruck, wir müssen uns verändern, unsere Bilanzen aufräumen“, macht Klaus unter dem Eindruck der Herausforderungen der Niedrigzinsen klar. Durch die Finanzkrise habe man eine „extrem teuere“ Regulatorik bekommen und benötige ein neues Abkürzungsverzeichnis, um die vielen neuen Regeln zu benennen. Die Banken würden vor diesem Hintergrund noch ihre optimalen Bilanzstrukturen finden müssen. „Natürlich tut es uns auch weh, dass weniger investiert wird. Das macht es uns schwer, im Firmenkundengeschäft Ertragssteigerungen hereinzuholen.“ Klaus sieht einen gewaltigen Unterschied zwischen Banken in Deutschland und in Südeuropa. „Ein einheitlicher regualtorischer Rahmen kann dazu beitragen, dass überall die Hausaufgaben auch wirklich gemacht werden.“
„Wir sind bei der Frage, wieviel Flexibilität haben wir in der Europäischen Union“, wirft Feld ein. Was Europa zusammenhalte, sei die Rechtsgemeinschaft. „Wir pochen auf unseren Rechtsstaat, auch wenn wir Flexibilität zeigen.“ Die vier Grundfreiheiten gehörten dazu, wie auch die Fragen, die Griechenland zur Disposition stelle.
Schalast spricht die Lernkurven aus anderen Ländern an, die man sich zunutze machen könne. Traud hatte darauf hingewiesen, dass sich in den USA der Bundesstaat Kalifornien auch ohne horizontalen Ausgleich aus der Krise hinausgeführt habe. „Die Flexibilität innerhalb und zwischen den Bundesstaaten ist viel, viel höher“, meint Traud zu sehen. „In Europa sagt man, ‚da muss doch jemand mal was machen‘, während Amerikaner sagen, ‚da müssen wir mal was machen‘.“ So komme es dazu, dass sich alle Hoffnungen auf die EZB und Draghi richten würden. Klaus warnt vor den Verbindlichkeiten, die auch in Deutschland aufgetürmt wurden. Man solle sich vorstellen, wie das in zwanzig Jahren aussieht.
Deutschland gehört zu den Ländern, in denen horizontaler und vertikaler Finanzausgleich zu einem engen Abhängigkeitsverhältnisse von Bund, Ländern und Kommunen führt. Feld skizziert die Situationen in den USA und in der Schweiz: In der Schweiz seien die Kantone vollkommen eigenverantwortlich. Mit Durchgriffsrechten sei Disziplin nicht zu erreichen, sondern nur über Märkte.
Mindestlohn, Rentenpaket – Feld zeigt auf, warum diese politischen Versprechen völlig in die falsche Richtung führen. „Wir haben ganz viele Probleme der Wettbewerbsfähigkeit für Deutschland vor uns“, sagt Feld. Mit expansiver, kurzfristiger Fiskalpolitik nach keynesianischer Art lasse sich kein Wachstum schaffen. Feld zeigt das Missverständnis auf, dass die Erkenntnis, dass staatliche Eingriffe nach Keynes zum Scheitern verurteilt sind, nicht einhalte, dass jede Fiskalpolitik wirkungslos wäre. „Natürlich sind Steuersenkungen durchaus wirksam“, so Feld.
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