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Vom Bankkunden besessen
Von Dr. Oliver Everling | 6.November 2015
„Wir sind in einem Vierfrontenkrieg“, sagt Theodor Weimer, Sprecher des Vorstands der HypoVereinsbank/Unicredit Bank AG. Digitalisierung, Niedrigzinspolitik, Regulierungsflut markieren einige dieser Fronten. Banken stehen den größten Transformationsprozessen ihrer Geschichte gegenüber. „Totgesagte leben länger“, warnt Weimer vor der Vorstellung, dass durch FinTechs bereits der Totengesang für die traditionellen Banken angestimmt sei.
„Banken haben nicht einmal eine Forschungs- und Entwicklungsabteilung“, räumt Weimer ein. Insbesondere das Retailgeschäft sei betroffen, genau dieses sei aber der am wenigsten attraktive Teil des Marktes angesichts hoher Konkurrenz und niedrigster Margen. FinTechs setzen hier an, mehr Effizienz zu schaffen.
„Was mir Sorgen macht, ist die Tatsache, dass wir nicht schnell genug sind, wir es mit sehr großen Wettbewerbern wie Google zu tun haben und FinTeches ihre eigenen Banken entwickeln.“ Weimer bezweifelt, dass Digitalisierung automatisch zur Steigerung von Erträgen führen werde. „Wir sollten von unseren Kunden besessen sein, nicht aber von FinTechs“, zeigt Weimer einen Lösungsansatz auf, wie sich Banken mit den FinTechs befassen können. Es gehe um Adaptionsgeschwindigkeit, Transformation des Kerngeschäfts und um Mut.
Günter Beck von der Universität Siegen hakt nach: Mehr Wettbewerb im Bankensektor könne zu mehr Risikobereitschaft führen. Weimer tritt der Vorstellung entgegen, dass sich durch die FinTechs der Risikoappetit der ankenändern würde. Der Risikoappetit werde stärker von der Niedrigzinspolitik beeinflusst, da hier den Kreditinstituen kaum Wahl bleibe, um die Eigenkapitalrendite zu erhöhen. „FinTechs sind in diesem Zusammenhang irrelevant.“
Weimer zeigt auf, dass Banken immer mit „harten Daten“ gearbeitet haben. Nun kämen Unternehmen wie Google, die mit „weichen Daten“ arbeiten. Während Banken mit höchster Akribie auf Datensicherheit zu achten hätten, würden Kunden bei Verarbeitern von weichen Daten keine Hemmungen haben, ihre Daten abzugeben. Der in dieser Uterschiedlichkeit liegende Widerspruch kennzeichnet den Wettbewerb von FinTechs, Banken und anderen, die über Daten verfügen bzw. diese sammeln.
Vor der Finanzkrise hätten sich Banken über Loyalität ihrer Kunden keine großen Sorgen gemacht. Es galt der Spruch, „wenn du Loyalität willst, kaufe dir lieber einen Hund“. Heute sei dagegen die Frage nach Loyalität ganz nach oben geschoben. Loyalität zahle sich für Banken durch Treue ihrer Kunden heute aus, mehr als je zuvor.
Weimer diskutiert auf der 3. Frankfurt Conference on Financial Market Policy zum Thema „Digitizing Finance“ im Panel „Banking on big data – different policy issues?“ mit Andreas Dombret von der Deutschen Bundesbank, Andreas Wolf von McKinsey und Stefan Rüping vom Fraunhofer-Institut, IAIS.
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