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Ludwig von Mises von A bis Z
Von Dr. Oliver Everling | 9.Mai 2016
Kaum ein verstorbener Ökonom wird heute so zum Leben wiedererweckt wie Ludwig von Mises, Philosoph des Liberalismus und Vordenker der Österreichischen Schule der Nationalökonomie. Über Jahrzehnte hinweg wurde er von linientreuen Professoren der Keynesianischen Schule den meisten Studenten der Wirtschaftswissenschaften de facto vorenthalten, denn die Thesen von John Maynard Keynes passten besser zur Tagespolitik.
Michael Ladwig hat in beeindruckender Detailarbeit das umfangreiche Werk Ludwig von Mises analysiert und ein Lexikon zusammengestellt (ISBN 978-3-89879-979-9), das eine Orientierungshilfe in der Philosophie Ludwig von Mises bietet. Leicht verständliche Artikel beleuchten Mises‘ Gedanken von A wie Anarchismus bis Z wie Zwang, mal in ein paar Sätzen auf den Punkt gebracht, mal über mehrere spannende Seiten.
Beispiel Stichwort „Kredit“: Die Kreditgeschäfte zerfallen nach Begriffsverständnis von Ludwig von Mises in zwei große Gruppen, deren strenge Scheidung nach seiner Meinung den Ausgangspunkt für jede Theorie des Kredites und vor allem auch für jede Untersuchung des Verhältnisses zwischen Geld und Kredit und der Einwirkungen des Kredites auf die Geldpreise der Sachgüter bilden muss. „Auf der einen Seite stehen diejenigen Kreditgeschäfte,“ so heißt es im Lexikon, „für die charakteristisch ist, daß sie jenem Teil, dessen Leistung in der Zeit vorausgeht, ein Opfer auferlegen: den Verzicht auf die sofortige Erlangung der Verfügungsgewalt über das eingetauschte Gut, oder, wenn man diese Fassung vorzieht, den Verzicht der Verfügungsgewalt über das fortgegebene Gut bis zum Erhalt des dagegen eingetauschten.“ Diesem Opfer stehe ein entsprechender Gewinn des anderen Kontrahenten gegenüber, nämlich der Vorteil, die Verfügung über das im Tausche erworbene Gut früher zu erhalten, beziehungsweise mit der eigenen Leistung zuwarten zu dürfen.
Für die aktuellen Entwicklungen der Finanzkrise ist die zweite Gruppe von Kreditgeschäften von besonderer Bedeutung: „Die zweite Gruppe von Kreditgeschäften ist dadurch charakterisiert, daß hier dem Gewinne desjenigen, dem früher geleistet wird, kein Opfer dessen gegenübersteht, der früher leistet.“ Schon die Begriffsbildungen von Ludwig von Mises machen es leicht, die Fehlentwicklungen überbordender Staatsverschuldung und die Rolle der Zentralbanken zu verstehen: „Wird dem Gläubiger die Möglichkeit geboten, die Darlehen durch die Ausgabe von jederzeit fälligen Schuldforderungen zu erteilen, dann ist für ihn mit der Kreditgewährung kein wirtschaftliches Opfer verbunden.“ Wer den Ausführungen zum Stichwort „Kredit“ weiter folgt, versteht den Einfluss dieser Art von Kreditgeschäften auf Zinsen und Kapitalallokation.
Wer sich mit dem Werk von Ludwig von Mises befasst, der entdeckt, dass es kaum ein Thema gibt, auf das er in seinen Publikationen nicht eingegangen ist. Seine Gedankengänge erscheinen dabei höchst aktuell und seine Denkanstöße etwa zum Mindestlohn erschreckend visionär.
Der Mindestlohn z.B. führt zur Arbeitslosigkeit eines Teiles derer, die durch Lohnarbeit ihren Lebensunterhalt finden wollen, stellte schon Ludwig von Mises fest. „Will die Obrigkeit die Einschaltung der Arbeitslosen in den Wirtschaftsprozess ohne Rückkehr zum Marktlohn bewirken, dann muss sie Maßnahmen ergreifen, die Schritt für Schritt endlich zur Verstaatlichung der Produktion führen.“ Es sei dabei ohne Belang, heißt es im Eintrag zum Stichwort „Mindestlohn“ in diesem Lexikon, „ob die Mindestlohnsatzung von der Regierung selbst verfügt wurde, oder von den Gewerkschaften, die unter Duldung der Regierung einen Zwangsapparat aufgebaut haben, der die Unternehmer verhindert, Arbeiter, die sich mit niedrigeren Löhnen begnügen wollen (Streikbrecher), zu beschäftigen.“
Das Lexikon weckt Interesse und gibt Denkanstöße. Der knappe Lexikoneintrag mag den Leser auf die Idee bringen, die vielen weiteren Fehlsteuerungswirkungen des Mindestlohnes zu sehen. Der Mindestlohn verhindert z.B. heutzutage gerade für junge Menschen, Chancen in anspruchsvollen, innovativen Unternehmen zu erhalten, in denen Berufseinsteiger zunächst kaum erwarten lassen, von Anfang an eine dem Mindestlohn rechtfertigende Produktivität zu entfalten.
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