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Suche nach Schutz vor Zentralbanken
Von Dr. Oliver Everling | 12.September 2016
Bestsellerautor James Rickards will in seinem neuen Buch mit dem Titel „Gold“ aus dem FinanzBuch Verlag praktikable Wege aufzeigen, wie die Fehler des aktuellen Währungssystems zu korrigieren sind. Außerdem erläutert er Strategien für Privatanleger, die sich vor der nächsten Krise von ungedecktem Geld schützen wollen.
Mittelpunkt des Buches stehen natürlich die Ansätze, sich mit Gold gegen Vermögensverlust in der nächsten Krise zu wappnen. Für die meisten Anlageberater hat Gold jedoch an Attraktivität verloren, da an den globalen Finanzmärkten mit dem steten Wechsel von Fonds viel mehr Provisionen zu verdienen sind. Katastrophennachrichten wie auch Sensationsmeldungen sind immer geeignet, Befürchtungen und Hoffnungen von Anlegern zu wecken. So lässt sich immer wieder der Wechsel von Anlagen einer Region in die andere, einer Branche in die andere, eines Unternehmens in die Aktien eines anderen argumentieren und von den Finanzdienstleistern gutes Geld mit den eiligen Transaktionen des Anlegers verdienen. Dementsprechend gut sind Finanzberater darin, dem Sparer die Anlageklasse der Edelmetalle auszureden.
Das Buch von Rickards ist nicht mit einer der vielen Fibeln zu verwechseln, mit denen Goldhändler oder gar Juweliere für den Kauf von Gold werben. Der Autor des Buches setzt sich vielmehr mit Pro und Kontra auseinander. So befasst sich der erste Teil des Buches mit den wichtigsten Kritikpunkten, die gegen den Erwerb und das Halten von Goldbeständen sprechen.
„Wie lauten denn die Argumente gegen Gold? Die Kritiker kennen sie auswendig. Hier sind sie im Einzelnen: 1. Gold ist ein ‚barbarisches Relikt‘, so John Maynard Keynes. 2. Es gibt nicht genug Gold, um weltweit sämtliche finanziellen und wirtschaftlichen Aktivitäten zu ermöglichen. 3. Es wird nicht genug Gold produziert, um mit dem Wachstum der Weltwirtschaft Schritt zu halten. 4. Gold hat die Weltwirtschaftskrise verursacht. 5. Gold bringt keine Rendite. 6. Gold hat keinen intrinsischen Wert. Jede dieser Behauptungen ist überholt, falsch oder ironischerweise ein Argument für Gold. Das hält jedoch die Papiergeld-Ideologen nicht davon ab, sie immer wieder anzuführen“, so Rickards.
„Wenn ein Kritiker sagt,“ so Rickards weiter, „die mengenmäßig limitierte Goldproduktion würde das weltweite Wirtschaftswachstum nicht zulassen, meint er damit eigentlich, dass die Goldproduktion kein inflationäres Wirtschaftswachstum zulässt. Das ist richtig. Inflation überträgt Vermögen von den Reichen auf die Armen, von den Sparern auf die Schuldner und von den Bürgern auf den Staat. Inflation ist die bevorzugte Geldpolitik von Sozialisten und Progressivisten, die an eine Umverteilung von Einkommen glauben. Mit den Vorbehalten gegen Gold wegen zu geringer Goldproduktion ist nicht gemeint, dass dies dem Wirtschaftswachstum im Weg stehen würde, sondern vielmehr, dass dies dem Diebstahl im Wege steht.“
Die Verteilungswirkungen von Inflation sind aber keineswegs eindeutig. Ob Arm oder Reich durch Inflation begünstigt werden, hängt von einer Vielzahl weiterer Faktoren ab. Hyperinflationen machen nicht nur das Vermögen von einst reichen Industriellen durch zahlreiche Unternehmenszusammenbrüche zunichte, sondern enteignen auch die Sparer je nach gewählter Anlageform und entwerten nominal festgelegte Gehälter und Renten.
Die Geschichte scheint sich zu wiederholen. Rickards kommt auf Ursachen der Weltwirtschaftskrise von 1929 zu sprechen, die heute zu einem gewissen Grade erneut angelegt werden. „Die Weltwirtschaftskrise wurde dann durch politische Experimente verlängert, die Herbert Hoover und Franklin D. Roosevelt in Gang setzten. Diese Experimente führten zu einem Phänomen, das der Gelehrte Charles Kindleberger als ‚Regime uncertainty‘ (‚Unsicherheit in Bezug auf die künftigen rechtlichen Rahmenbedingungen‘) bezeichnete. Damit ist gemeint, dass große Konzerne und wohlhabende Bürger sich weigerten, Kapital zu investieren, weil die zukünftigen Kosten staatlicher Regulierungs-, Steuer- und Arbeitsmarktpolitik sich schlichtweg nicht vorhersehen ließen. Das Kapital wurde sicher geparkt, statt produktiv eingesetzt zu werden, und das Wirtschaftswachstum kam dadurch zum Erliegen.“
Rickards spricht die Frage nach der Qualität der Zentralbankbilanz an. Bei dem Buch handelt es sich um eine Übersetzung aus dem Amerikanischen. Daher stehen hier die Verhältnisse bei der Fed im Vordergrund. Deshalb kommt der Autor nicht auf die Frage zu sprechen, was passieren würde, wenn die von der Schweizer Nationalbank sowie von der Europäischen Zentralbank aufgekauften Unternehmensanleihen reihenweise in die Insolvenz gehen. Anders als bei Staatsanleihen lassen sich Kalamitäten bei Unternehmen noch weniger verbergen, wenn diese zur Insolvenzanmeldung gezwungen werden. Geraten europäische Großkonzerne in Zahlungsschwierigkeiten, die zu den wichtigsten Emittenten an den Anleihemärkten gehören, wäre der Weg in der Zentralverwaltungswirtschaft vorgezeichnet. Die Zentralbanken in Europa wären als wichtigste Anleihegläubiger gezwungen, schlechtem Geld gutes Geld hinterherzuwerfen oder bei diesen Unternehmen die Kontrolle zu übernehmen, mithin private durch staatliche Kontrolle zu ersetzen.
Wer zu einem Buch mit dem Titel „Gold“ greift, mag diesem Edelmetall möglicherweise schon eine besondere Bedeutung beimessen. Rickards nimmt dem Thema aber die emotionale Seite indem er nüchtern die Alleinstellungsmerkmale des Goldes skizziert und resümiert: „Unsere Vorfahren haben Gold nicht als Geld verwendet, weil es glänzt oder schön ist, wie man es heute häufig von Kritikern hört. Gold ist das einzige chemische Element, dass alle notwendigen physischen Eigenschaften hat – es ist knapp, dehnbar, chemisch inert, haltbar und homogen –, um als zuverlässiges und praktisches physisches Wertaufbewahrungsmittel zu dienen. Weisere Gesellschaften als die unsrige wussten sehr wohl, was sie taten.“
Nach Rickards gibt es keine Hoffnung mehr zur Rückkehr in frühere Systeme. „Im größten Wertpapiermarkt der Welt, dem Markt für US-Staatsanleihen, wurde seit Anfang der 1980er-Jahre kein einziges physisches Papierzertifikat mehr ausgestellt. Vielleicht gibt es noch ein paar alte Papierzertifikate, die auf irgendeinem Dachboden herum liegen, aber der heutige Markt für US-Staatsanleihen ist komplett digital, ebenso wie das Zahlungssystem. Die bargeldlose, digitale Gesellschaft ist schon jetzt Realität. Manche Zeitgenossen machen sich Sorgen über etwas, das sie ‚den Krieg gegen Bargeld‘ nennen. Diese Sorgen sind überflüssig – der Krieg gegen Bargeld ist vorbei und die Regierung hat ihn gewonnen.“
Praktisch gesehen könne ein ehrbarer Bürger heutzutage nicht mehr an große Mengen Bargeld herankommen, ohne sich dem Verdacht auszusetzen, ein Drogenhändler, Terrorist oder Steuerhinterzieher zu sein. Ein solcher Verdacht führe dann zu staatlicher Überwachung, folgert Rickards.
Selbst den obrigkeitsgläubigsten Bürgern und regierungstreuesten Beamten bleibt es nicht verborgen, dass sich die Notenbanken zurzeit mit geldpolitischen Experimenten befassen. Rickards warnt: „Dies ist kein systematisch organisiertes Experiment. Die Fed zaubert ganz einfach ein Kaninchen nach dem anderen aus dem Hut. Wenn sie innerhalb von sieben Jahren 15 verschiedene geldpolitische Ziele verkündet, ist das ein klarer Beleg dafür, dass sie improvisiert.“
Die Aufgabe des staatlichen Zwangsgeldmonopols wird von Rickards nicht thematisiert. Er stellt dem gegenwärtigen Systemen daher praktisch nur das Gold als Zahlungsmittel gegenüber. Vielleicht weil die Funktionsweise des staatlichen Zwangsgeldmonopols nicht analysiert wird, enthält das Buch auch Forderungen, die mit den Prinzipien der Marktwirtschaft nicht vereinbar sind. Dazu gehört die Anmaßung, die richtige Größe von Banken bestimmen zu können. Rickards stimmt auch in die beliebte Verteufelung von Derivaten ein. Dabei übersieht er, dass das Gefahrenpotential von Derivaten eine direkte Funktion des staatlichen Zwangsgeldmonopols ist. In modernen Volkswirtschaften wäre ein Zahlungsverkehr mit physischen Transport von Gold undenkbar. Darum wären gerade in einem auf dem Goldstandard basierenden Währungssystem – wie auch in jedem anderen Währungssystem – Derivate unabdingbar.
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