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Digitalisierung im Maschinenraum der Finanzdienstleister

Von Dr. Oliver Everling | 26.Juni 2017

Die KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft bringt als Herausgeber des Buches „Digitalisierung im Maschinenraum der Finanzdienstleister“ 40 Experten zusammen, um im Schäffer Poeschel Verlag über den digitialen Umbruch im Finanzdienstleistungssektor eine systematische und tiefgründige Bestandsaufnahme des Megatrends der Digitalisierung vorzulegen. In dem Buch kommen neben Partnern und Managern der KPMG auch Autoren aus den Häusern der betroffenen Finanzdienstleister zu Wort.

Der Titel des Buches wird seinem Inhalt gerecht, da es in diesem Sammelwerk nicht nur um die Digitalisierung der Schnittstelle zum Kunden geht, sondern zum Beispiel auch um die Digitalisierung der CFO-Funktion in Banken, denn auch diese kann durch künstliche Intelligenz (KI) und Robotic Process Automation (RPA) effizienter gestaltet werden.

Der Leser erfährt hier, wie die Reformen des Aufsichtsrechts und der Europäischen Zentralbank (EZB) insbesondere Auswirkung auf die Bereiche Governance und Überwachung (z.B. SREP 2.0, BCBS 239, AnaCredit), Kunden und Marktinfrastruktur (z.B. MiFID II, EMIR etc.) sowie Systemrisiko und Kapitalpuffer (z.B. Basel III, SolvV, MaSan etc.) der deutschen und europäischen Kreditinstitute haben. „Einige dieser Reformen zwingen Banken zu grundlegenden strukturellen Veränderungen in ihrer Unternehmens-IT-Architektur“, schreiben Thomas Istel und Firas Jradi, Partner bzw. Manager bei KPMG.

Die Darstellungen des Buches machen deutlich, wie weitgehend sich inzwischen der Staat als Manager von Finanzdienstleistern betätigt, indem die verschiedenen Arme der Aufsicht – sei es über die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), die Bundesbank oder ihre Entsprechungen auf europäischer Ebene, European Banking Authority (EBA) und EZB – in die Aufbau- und Ablauforganisation von Banken hineingreifen und damit Kernkompetenzen der obersten Unternehmensführung an sich reißen.

Die Digitalisierung trägt dazu bei, dass u.a. auch die aufsichtsrechtlichen Anforderungen robotermäßig in der Praxis umgesetzt werden. Da es zur Einhaltung des Gesetzes keine Alternative gibt, brauchen diese von Bankmanagern auch nicht hinterfragt zu werden. Die darin liegenden Gefahren mangelnder Identität von Kompetenz und Verantwortung aus ordnungspolitischer Sicht sind nicht Gegenstand des Buches der KPMG.

Ein Buch mit dem Titel „Digitalisierung im Maschinenraum der Finanzdienstleister“ hätte auch schon Ende der 1960er Jahre erscheinen können, als die Banken begannen, sprichwörtlich in ihren Maschinenräumen auch erste elektronische Geräte der Datenverarbeitung zu installieren. Die Digitalisierung der Finanzdienstleister ist seit Anfang der 1970er Jahre im vollen Gange. Ulrich Cartellieri warnte als Vorstandsmitglied der Deutschen Bank schon 1991, dass die „Banken die Stahlindustrie der 1990er Jahre“ werden könnten.

Marktveränderungen und technologische Innovationen spielen bei Banken schon lange eine zentrale Rolle. „Neu dabei ist,“ heißt es in der Einleitung des Buches zurecht, „dass die Technologie der primäre Treiber für den Wandel des Kundenverhaltens ist – nicht umgekehrt. Erst durch die Existenz technischer Lösungen und deren Verknüpfung mit einer konkreten Situation bzw. einem Bedarf entsteht der Wunsch des Kunden danach.“

Noch vor wenigen Jahren wären viele Aussagen des Buches als Utopie verworfen worden. Tatsächlich berichten die Autoren jedoch unmittelbar aus der Praxis. Realitätsferne Theoretiker kommen erst gar nicht zu Wort. Mithin ist das Buch jedem zu empfehlen, der Einblick in die konkrete Umsetzung  technischer Lösungsmöglichkeiten bei Finanzdienstleistern sucht.

Themen: Governancerating, Rezensionen | Kommentare deaktiviert für Digitalisierung im Maschinenraum der Finanzdienstleister

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