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Europa im unruhigen Umfeld

Von Dr. Oliver Everling | 13.November 2017

Ein Dach, eine Währung hätten nicht prinzipiell scheitern müssen, führt Axel Angermann, Chefvolkswirt der FERI Grupp in seinen Vortrag ein zum Thema „Europa in einem unruhigen Umfeld: Wie robust ist der Aufschwung?“ mit einem Hinweis auf den Gewinner des Deutschen Buchpreises 2017, Robert Menasse. Die Probleme des Euros sieht Angermann im Kontext nationaler Egoismen.

Angerman spricht über die spürbare Aufwärtsrevision der Wachstumsprognose für das laufende Jahr. Zwei Faktoren, USA und China, könnten aber den robusten Aufschwung bedrohen. „Der Aufschwung dauert schon eine ganze Weile an“, wirft Angermann zunächst den Blick in die USA, „und befindet sich im neuten Jahr“. Allerdings sterbe ein Aufschwung nicht an Altersschwäche.

Ein leichter Aufwärtstrend sei bei der Lohnentwicklung zu sehen. Yellens Misterium: Es ist auch der noch amtierenden US-amerikanischen FED-Chefin nicht erklärbar, weshalb sich die Indikatoren nicht wie erwartet entwickeln. Angermann lässt somit ein Kernrisiko der gegenwärtigen Geldpolitik durchblicken, dass darin besteht, dass die zugrundeliegenden Modelle letztlich falsch sind und die Realität nicht vollständig beschreiben. Globalisierung und Digitalisierung sind Stichworte, die mit denen Ursachen und Sonderfaktoren möglicherweise gesucht werden können.

Mögliche Steuersenkungen fallen nach Ansicht von Angermann zu gering aus, um zusätzlichen Schub zu erzeugen. Die FED sei sehr moderat dabei, sich wieder geldpolitischen Spielraum zu erzeugen. Enttäuschung über die Performance der US-Regierung, Ausbleiben wirtschaftspolitischer Impulse, Unsicherheit über das politische Umfeld, moderate Wachstumsdynamik, moderate Inflation und Rücknahme der Erwartungen an die FED, gute Konjuktur im Euroraum, verringerte politische Risiken in Europa und Erwartungen an die EZB, einen Ausstieg aus der Expansiven Geldpolitik sieht Angermann als Gründe für die Dollarschwäche. Die Faktoren seien inzwischen aber weitestgehend eingepreist, neue Überraschungen in diese Richtung seien daher unwahrscheinlich.

In China gewinnen Dienstleistungen an Bedeutung für die Gesamtwirtschaft. Angermann spricht das Spannungsverhältnis zwischen notwendigem Strukturwandel und politischer Stabilität an. Angermann streicht heraus, dass es auch in China – wie in Europa – erhebliche Unterschiede in den einzelnen Regionen gibt. Manche Provinzen haben mehr Bevölkerung als ganz Deutschland.

„Was folgt nach dem Parteitag“, fragt Angermann, und zeigt drei mögliche Szenarien für die kommenden Jahre auf. Mit der Festigung der Macht Xi Jinpings geht das Ziel der Etablierung Chinas als Weltmacht mit dem Mittel staatlicher und zentraler Steuerung und Kontrolle einher. Fraglich sei, wie die zentrale staatliche Macht künftig eingesetzt werde. Daraus folgen Fortsetzung des Status Quo, Strukturwandel oder Kontrollverlust mit Platzen der Verschuldungsblase, Kaskadeneffekten und Vertrauensverlust als drei mögliche Szenarien.

„Eine Störung des weltwirtschaflichen Umfelds für Europa haben wir schon, den sehr starken Euro“, warnt Angermann. „Günstige Finanzierungsbedingungen und das Ende der Austeritätspolitik waren Triebkräfte für den Auschwung, die Unternehmenskredite steigen allerdings nicht.“ Angermann sieht die Triebkräfte für den Konjunkturaufschwung vorerst weiter wirken. Auffällig sei allerdings, dass im aktuellen Aufschwung die Investitionen unter dem Niveau vorangegangener Aufschwünge bleiben.

„Was für Deutschland richtig wäre, ist es nicht für Italien“, sagt Angermann, „und umgekehrt.“ Der Chefvolkswirt sieht eine zweifache Divergenz der Politiken der EZB und der FED kommen, sowohl beim Zins als auch bei der Bilanz. Die Zentralbankbilanz der EZB wachse weiter und die Zinsen bleiben niedrig, während die FED die Zentralbankbilanz reduziere und die Zinsen erhöhe.

„Hat der schöne Aufschwung alles zur Zufriedenheit gelöst?“ Die Schwäche Italiens bleibe ein Risikofaktor, denn Italien bleibe immer noch vom Vorkrisenniveau entfernt. Hier sei zwar ein stetiges, moderates Wachstum sichtbar, aber dieses lasse nicht erwarten, bald das Vorkrisenniveau zu erreichen. „Ja, die Unterschiede im Euroraum sind geringer geworden, zwischen dem besten und dem schlechtesten Land im Euroraum ist die Differenz in den Lohnstückkosten von über 50 % auf rund 20 % gefallen. Die Lohnstückkosten seien insbesondere aber in Italien deutlich höher als in Deutschland.

Selbst bei extrem optimistischen, unrealistischen Annahmen sinke in Italien die Staatsverschuldung in fünf Jahren lediglich auf 115 % und bleibe damit unangemessen hoch, sieht Angermann voraus. Angermann setzt daher die institutionelle Weiterentwicklung von EU und EUW auf die Agenda der Politiker. Seit September 2017 müsse die deutsche Position zur Zukunftsvision für Europa von Macron diskutiert werden. Insbesondere Italien bleibe der entscheidende Schwachpunkt, sagt Angermann in seinem Fazit.

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