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Auskunfteien in der Volkswirtschaft
Von Dr. Oliver Everling | 8.Juni 2009
Auskunfteien nehmen in der entwickelten Volkswirtschaften immer bedeutendere Rollen wahr. Rainer Neumann, Vorstandsvorsitzender der SCHUFA Holding AG, macht anlässlich seines Vortrags im MontagsMeeting des Europäischen Finanz Forums die Funktionen deutlich, die eine Auskunftei wahrnimmt. „Wir sind keine Schuldnerverzeichnis“, macht Neumann gleich einleitend klar. Die SCHUFA speichert nicht Vermögen oder Einkommen. Mit 433 Millionen Einzeldaten unterhält die SCHUFA aber den größten Datenpool.
1927 als Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung in Berlin durch BEWAG (Vattenfall) und AEG gegründet, wurde 1930 die erste Regionalgesellschaft in Dortmund etabliert und 1952 der Bundes-SCHUFA e.V. gegründet. Schon 1954 wurden 2 Millionen Auskünfte gegeben. 1957 wurde der Sitz nach Wiesbaden verlegt, wo die SCHUFA noch heute ansässig ist. 1965 überschritt die SCHUFA 10 Millionen Auskünfte. Ein wichtiges Datum war 1978 das Inkrafttreten des Bundesdatenschutzgesetzes. 2001 wurden die Regionalgesellschaften nach Gründung der SCHUFA Holding AG zusammengeführt. 2008 wurden 50 Millionen Auskünfte erteilt. Die Gründung eines Joint-Ventures mit einer isländischen Firma hat den Hintergrund, über deren Präsenz in Europa rasch ein paneuropäisches Angebot zu schaffen.
Zu 36,4 % gehört die SCHUFA Holding AG den Kreditbanken, zu 24,7 % den Sparkassen, 17,9 % Privatbanken, 7,9 % Genossenschaftsbanken sowie zu 13,1 % dem Handel und anderen, die zu den ursprünglichen Gesellschaftern gehören. In Deutschland sei es eine Besonderheit, dass der Kunde den Versand der Ware vom Versandhändler gegen Rechnung erwarte. Daher seien die Versandhäuser in besonderem Maße auf die Bonitätsprüfung ihrer Kunden angewiesen.
Auf Wunsch von Datenschützern wurde die Versorgung von Vermietern mit SCHUFA-Daten eingestellt; dann seien aber die Vermieter dazu übergegangen, von Mietern Selbstauskünfte zu verlangen. Die Logik der Datenschützer sei hier gewesen, dass jeder Mensch ein Recht auf eine Wohnung habe und eine negative Auskunft ihn an der Wahrnehmung seines Rechts hindern könnte.
Versandhandel, Wohnungswirtschaft, Inkassounternehmen, Telekommunikation, Handel, Dienstleister, Versorger, Versicherer und eCommerce melden Negativinformationen bei der SCHUFA ein, während die Banken und Sparkassen sowie Bausparkassen, Leasingunternehmen usw. sowohl Positiv- als auch Negativinformationen an die SCHUFA liefern. In Deutschland gebe es mehr als 50 Auskunfteien; der Vorteil der SCHUFA liegt in der breiteren Informationsbasis.
Nachmeldungen sorgen für Aktualisierung der Informationen während der Vertragslaufzeit. Namen, Geburtsdatum, Anschrift, Voranschriften und SCHUFA-Basisscore gehören zu den gespeicherten personenbezogenen Daten, darüber hinaus werden Daten über Bankkonten, Kreditkarten, Leasingverträge, Mobilfunkkonten, Versandhandelskonten, Ratenzahlungsgeschäfte, Kredit / Bürgschaften sowie Zahlungsausfälle bei angemahnten und unbestrittenen Forderungen gespeichert. Voraussetzungen für Vertragspartneranfragen sind ein „berechtigtes Interesse“ im Sinne des Bundesdatenschutzgesetzes, Geld-, Waren- oder Dienstleistungskredite in nennenswertem Umfang, Vorliegen einer Anfrage nach Kreditkonditionen, einer tatsächlichen Antragstellung oder eines laufenden Vertrages sowie bei Kreditinstituten die Zustimmung des Kunden.
Auskunfteien sind Kernbestandteil moderner Volkswirtschaften. Sie reduzieren in Kreditmärkten „Informationsasymmetrien“ zwischen Kreditgebern und –nehmern und ermöglichen Kredite und Beschleunigen die Transaktion, da keine Einzelprüfung erforderlich wird. Auskunfteien tragen zur Ausweitung des Kreditangebots bei sinkenden Konditionen bei, da das geringere Risiko an die Verbraucher weitergegeben werden kann. Sie leisten außerdem, wie der SCHUFA-Schuldenkompass zeigt, einen Beitrag zur Überschuldungsprävention.
Themen: Privatkundenrating | Kommentare deaktiviert für Auskunfteien in der Volkswirtschaft
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