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Keynesianisches Strohfeuer
Von Dr. Oliver Everling | 17.November 2017
Die Politik hat noch nicht verstanden, was nach dem Brexit für Deutschland auf dem Spiel steht – wir müssen Europa neu gründen“. Diese Forderung erhob Prof. Hans-Werner Sinn, Volkswirt und ehemaliger Präsident des ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung, im Rahmen der 30. FERI-Tagung in Frankfurt. Dass Großbritannien aus der Europäischen Union aussteige, komme einer „ökonomischen Atombombe“ gleich – das sei in Deutschland vielfach noch nicht richtig angekommen.
„Es kriselt überall in Europa“, so Sinn. Die wirtschaftsschwachen EU-Mitgliedsländer würden die notwendigen Reformen nicht angehen, weil sie sich auf den Transferzahlungen und Mitteln aus den Rettungspaketen ausruhten. „Reformen folgen erfahrungsgemäß immer nur, wenn es keine Alternative mehr gibt“. Sinn übte auch Kritik an dem aktuell „künstlichen und kreditfinanzierten Aufschwung in den Mitgliedsländern“. Die Entwicklungen des BIPs seien in vielen Ländern nicht mehr als ein „keynesianisches Strohfeuer“.
Eine „atmende EU“ mit dem Austritt der Krisenländer und einer offenen Abwertung der jeweiligen Währung sei nach Sinns Einschätzung derzeit noch die „am wenigsten trostlose“ Alternative zur aktuellen Situation. „In Wirklichkeit steuert Europa aber in eine Transferunion, in der vor allem deutsches Geld in die schwachen Länder fließt“, so Sinn.
Dass die Währungsunion im Zeichen von Brexit, EZB-Politik, Euro-Risiken und Populismus noch eine gute Zukunft hat, bezweifelt auch Dr. Heinz-Werner Rapp, Vorstand von FERI und Leiter des FERI Cognitive Finance Institute. Das Institut erstellt derzeit eine neue Studie, die zentrale Überlegungen von Prof. Sinn aufgreift, vertieft und erweitert. „Eine stabile Währungsunion ist angesichts der aktuellen Entwicklungen kein realistisches Modell mehr für die Zukunft“, so Rapp. Die Studie, in der die langfristige Stabilität des Euro kritisch analysiert wird, soll Anfang 2018 erscheinen.
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