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Auf Berlins Straßen wird es leiser
Von Reinhard R. Oldenburg | 27.Juni 2009
Auf Berlin’s Straßen wird es leiser, nachdem am 22. Juni 2009 der Startschuss fiel für einen Feldversuch mit 50 MINI E. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD), der Vorstandsvorsitzende der Vattenfall Europe AG, Tuomo Hatakka und der Finanzvorstand der BMW AG, Dr.Friedrich Eichiner, übergaben im Berliner ‚Meilenwerk‘ die Autoschlüssel an die 50 ersten Testfahrer.
Nach der für so ein umfassendes Projekt bemerkenswert kurzen Vorbereitungszeit von nur 7 Monaten begann damit der aktuell größte Feldversuch zur Elektromobilität in Deutschland. Unter dem Titel „MINI E Berlin powered by Vattenfall“ rollen erstmals flüsternde Elektroautos über die Straßen der Bundeshauptstadt. Vattenfall hat dazu im Stadtgebiet 50 Autostrom-Ladestationen aufgebaut, die mit regenerativ erzeugtem und zertifizierten Strom gespeist werden. Daran und an ähnlichen Autostrom-Boxen zuhause bzw. an den Arbeitsplätzen der Testfahrer können die MINI E in max. 4,5 Std. wieder aufgeladen werden, um sich dann erneut mit ihren 204 PS – starken Elektromotoren auf eine ca. 160 km reichende Fahrtstrecke zu begeben.
Erstmals hat man sich in Deutschland dabei auf einen einheitlichen Anschluss-Standard geeinigt. Dadurch können Elektrofahrzeuge aller Hersteller ohne Adapter aufgeladen und die Autostrom-Boxen von Kunden aller Energieversorgungsunternehmen genutzt werden (TPA-third-party-access-Prinzip).
„Solche Zukunftsautos „Made in Germany“ vereinen nicht nur Fahrspaß, Effizienz und Umweltfreundlichkeit sondern schützen auch das Weltklima und stärken den Automobilstandort Deutschland“, sagt Bundesumweltminister Sigmar Gabriel. Sein Ministerium erhofft sich von der Unterstützung dieses Projektes Aufschluss darüber, wie die Aufladung der Fahrzeuge abhängig von der Verfügbarkeit der Windenergie und der Schwachlastzeiten im Netz erfolgen kann.
Hierfür hat Vattenfall (S&P-Rating kurzfr. A2, langfr. A-) ein intelligentes Netzmanagement entwickelt. Batterien in Elektrofahrzeugen stellen potenzielle Speichervolumnina dar, die eine Möglichkeit schaffen, Netzlasten abzufangen. Netzmanagement kann dabei nicht nur Aufladen in Starkwind- oder Schwachlastzeiten bedeuten, sondern auch Lieferung von Regel- und Ausgleichsenergie in Form von Rückspeisung – also Energie, die aus der Batterie wieder ans Netz gegeben wird. So die Ausführungen von Tuomo Hatakka zur Beteiligung von Vattenfall Europe AG an diesem Projekt.
Dr. Friedrich Eichiner, Finanzvorstand der BMW AG (S&P-Rating kurzfr. A-1, langfr. A) stellt fest, dass CO2 freies Autofahren machbar ist. Er räumt jedoch ein, dass noch viele Praxisfragen offen seien und die Berliner MINI E – Testfahrer Pioniere auf dem Weg zum serientauglichen Elektrofahrzeug sind. Langfristig werden mehrere Antriebstechnologien und Energieträger nebeneinander bestehen. Der Elektroantrieb wird dabei seinen Platz erobern. Das Gemeinschaftsprojekt ermöglicht es BMW, seine Kompetenz als Entwickler anspruchsvoller Fahrzeugantriebe auch auf diesem Sektor frühzeitig zu schärfen.
Während der nächsten sechs Monate sammeln die Testfahrer erste wichtige Erkenntnisse zur Praxistauglichkeit und Nutzerakzeptanz der Elektrofahrzeuge und der Ladeinfrastruktur. Die wissenschaftliche Auswertung dieser Nutzerphase hat ein Team der TU Chemnitz unter Leitung von Prof. Dr. Josef Krems übernommen. Die Erkenntnisse werden Politik und Wissenschaft zur Verfügung gestellt, womit das Projekt einen wichtigen Beitrag bei der weiteren Ausgestaltung der Elektromobilität in Deutschland leistet.
In einer zweiten Phase werden dann weitere 50 Berliner die Chance haben, den MINI E für 6 Monate zu testen. Unter www.mini.de/mini_e oder www.vattenfall.de/mini_e können sich Interessierte ab Herbst 2009 für die Teilnahme an dem zweiten Teil des Projektes bewerben. Ähnliche Feldversuche mit weiteren 450 MINI E werden zeitgleich in Los Angeles und London durchgeführt.
Alle 50 MINI E sind äußerlich -abgesehen von großen, gelben ‚E‘-Aufklebern- von Ihren Verbrennungsmotor getriebenen Brüdern nicht zu unterscheiden. Hinter der Tankklappe befindet sich die Steckdose für das Ladekabel. Im Innenraum allerdings wird der Platz der Rücksitzbank und des Kofferraumes vom Energiespeicher eingenommen. So handelt es sich bei diesen Elektromobilen um reine Zweisitzer. Deren Insassen genießen jedoch unverändert den MINI-typischen Fahrspaß und Komfort. Neben Klimaanlage und Servolenkung sind auch alle anderen gewohnten elektrischen Helferlein an Bord, die Autofahren heute angenehm und leicht machen.
Da Elektromotoren bereits ab der ersten Umdrehung ihr volles Drehmoment an die Antriebsräder liefern, benötigen die MINI E kein übliches Schaltgetriebe. Sie fahren sich wie Automatik-Fahrzeuge. Der Wählhebel wechselt nur zwischen ‚vor‘, ‚rück‘, ‚neutral‘ und einer Parkbremse. Die Beschleunigung ist enorm und umso eindrucksvoller, als sie -abgesehen von einem leisen Sirren des Elektromotors- völlig geräuschlos abläuft. Überhaupt muss man sich an die Ruhe beim Fahren erst einmal gewöhnen und empfindet schon nach kurzer Fahrtstrecke alle anderen Verkehrsteilnehmer mit herkömmlichen Verbrennungsmotoren als akustische Umweltverschmutzer.
An noch etwas muss man sich beim Umgang mit dem MINI E gewöhnen: Nimmt man den Fuß vom Strom-Pedal setzt eine unerwartet heftige Bremswirkung des Motors ein. Geht das Fahrzeug vom Last- in den Schiebebetrieb über, wird aus dem Elektromotor sofort ein Generator. Bei diesem Vorgang, technisch ‚Rekuperation‘ genannt, wird die Schiebeenergie des Autos in Strom umgewandelt und in die Batterie zurückgespeist. Das kann jedoch nicht verhindern, dass der Speicher, der rein rechnerisch für ca. 250 km Fahrtstrecke gut sein soll, in der Praxis voraussichtlich nach 140 bis 160 Km zurückgelegter Strecke wieder an die Autostrom-Box muss. Damit der Kapazitätszeiger nicht noch schneller auf das ‚E‘ für ’empty‘ zuläuft, wurde die Höchstgeschwindigkeit auf 152 km/h begrenzt. Fahrspaß wird dennoch mit diesen MINI E auf Berlin’s Strassen aufkommen – aber ganz leise!
Reinhard R.Oldenburg, 26.06.2009, # 0174 3448933, reinhard.oldenburg@t-online.de
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