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Website-Rating

Von Dr. Oliver Everling | 28.Juni 2009

Die Gründerin des Website-Ratings ist tot. Rechtsanwältin Petra Marwitz starb am 27. Juni 2009 nach schwerer Krankheit, einen Monat vor ihrem 45. Geburtstag. Bekannter wurde sie durch ihren Appell zur Reformierung des Rundfunkgebührensystems, mit dem sie sich über Jahre hinweg für eine gerechtere Verteilung der Kosten des Rundfunks einsetzte (http://www.kommunikationsrecht.com).

Das Website-Rating hatte sie als eine neue Form des Ratings entwickelt. „Rating ist bekannt als Kreditrating, d. h. als Bewertung der zukünftigen Zahlungsfähigkeit von Unternehmen. Daneben gibt es noch viele weitere Formen des Ratings“, argumentierte Petra Marwitz, „z. B. Immobilien-Rating, Länder-Rating. Das Website-Rating ist eine neue Disziplin des Ratings, die einem rechtlichen Website-Check ähnelt. Beim Website-Rating werden die Rechtskonformität und rechtliche Risiken sowie deren Absicherung bewertet.“

Zahlreiche Webseiten beachten rechtliche Vorschriften gar nicht oder nur teilweise. Die Missachtung der rechtlichen Vorschriften kann verschiedene Rechtsfolgen haben. Die Palette reicht von wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen und Einstweiligen Verfügungen über die Verhängung von Geldbußen bis zu EUR 50.000,- bis hin zu erheblichen Imageschäden. Durch fehlende Informationen über Widerrufs- und Rückgaberechte können Internetbesteller Verträge länger und auch nach Erhalt der Ware rückgängig machen. Denkbar sind auch, warnte Petra Marwitz, rechtliche Aktionen aus dem Ausland.

Viele Webseiten beinhalten somit Risiken, über die sich die Betreiber der Webseiten nicht im Klaren sind. Das Website-Rating sollte ein Teil des Risk-Managements von Unternehmen sein. Die Betreiber der Webseiten sollen für die rechtlichen Aspekte ihrer Webseite sensibilisiert werden. Dem Internetnutzer soll ein Maßstab an die Hand gegeben werden, mit dessen Hilfe er die Seriosität von Webseiten besser beurteilen kann.

Für die Infoblätter von Kommunikationsrecht.com wurden gelegentlich Website-Ratings für bestimmte Arten von Webseiten, die die spezielle Kriterienkataloge entwickelt wurden. Websiten von Online-Apotheken wurden ebenso von ihr geratet wie die von Finanzdienstleistern

Das Website-Rating wurde als 3-Stufen-Modell angeboten: Stufe 1 als „Mini-Rating“, bei dem mit Hilfe eines Fragebogens für die eigene Webseite oder die Webseite eines Anbieters kostenlos wichtige Kriterien abgeprüft werden konnten. Stufe 2 als „Standard-Rating“, das im Rahmen eines Gutachtenauftrages die Webseite anwaltlich überprüft. Der Auftraggeber erhielt den Prüfungsbericht, der gegebenenfalls auch Verbesserungsvorschläge enthielt. Die Kosten für dieses Gutachten richteten sich nach dem Umfang der zu überprüfenden Webseite und dem Schwierigkeitsgrad (der z. B. bei besonderen Geschäftsmodellen schwer einzuschätzen ist). Bei komplexeren Webseiten mit AGB, weiteren Erklärungen und gegebenenfalls der Überprüfung des Geschäftskonzeptes fielen Ratingkosten ab 1.000 Euro an. Mit Stufe 3 wurde das „Profi-Rating“ erreicht, bei dem nicht nur die Webseite als solche überprüft wurde, vielmehr auch die mit der Webseite verbundenen Rechtsfragen (z. B. Überprüfung des Agenturvertrages, Schutz des geistigen Eigentums). Das Profi-Rating erforderte die Mithilfe des Anbieters, da auch interne Fragestellungen aufgeworfen werden. Das Profi-Rating diente der unternehmensinternen Risikokontrolle und –absicherung. Die Analyse erfolgte mittels Einsichtnahme in die Webseite, Fragebogen sowie ggf. persönliche Gespräche.

Um die Ratings der Webseiten leicht verständlich zu machen, hatte Petra Marwitz ein Modell entwickelt, bei dem Paragrafen „vergeben“ werden: §§§§§ Vorbildliche Webseite, §§§§ Webseite, bei der die rechtlichen Vorschriften erfüllt sind und bei der keine besonderen, ungesicherten Risiken erkennbar sind, §§§ Webseite, die rechtliche Mängel und/oder rechtliche Risiken hat, aber dennoch insgesamt zufrieden stellt, §§ Webseite, die rechtliche Vorschriften missachtet und/oder rechtliche Risiken aufweist und damit insgesamt nicht zufrieden stellt, und § Webseite, die erhebliche rechtliche Mängel hat oder gegen wesentliche rechtliche Vorschriften verstößt. Keinen „Paragrafen“, -, gab es für eine Webseite, die insgesamt oder in wesentlichen Teilen unzulässig ist.

Die Paragrafen wurden auf Grund von Vergleichswerten und Einschätzungen der Entwicklung der rechtlichen Lage vergeben. Die Rechtslage ist häufig unsicher, da die konkreten Gestaltungsformen auf der Webseite oft neu sind und damit auch neue Rechtsfragen aufwerfen können. Diese Rechtsfragen werden erst im Laufe der Zeit durch Gerichtsurteile, Gesetzgebungsakte und die allgemeine juristische Diskussion geklärt. Das Website-Rating kann die Klärung dieser Fragen nicht vorwegnehmen, unterstrich Petra Marwitz.

Im Buch „Existenzgründerrating“ befasste sich Petra Marwitz in ihrem Beitrag mit „Existenzgründerrisiken am Beispiel der Internetkommunikation“ (Ann-Kristin Achleitner und Oliver Everling, Herausgeber: Existenzgründerrating, Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler, Wiesbaden 1. Auflage August 2004, http://www.gabler-verlag.de, gebundene Ausgabe, 516 Seiten, ISBN 3-409-12572-8).

Im Buch „Rechtsfragen im Rating“ trugt Petra Marwitz den Beitrag über „Öffentliche Äußerungen zu Ratings im Internet“ bei (Ann-Kristin Achleitner und Oliver Everling, Herausgeber: Rechtsfragen im Rating, Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler, Wiesbaden 1. Auflage November 2005, http://www.gabler-verlag.de, gebundene Ausgabe, 470 Seiten, ISBN 3-409-14314-9).

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