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AAA-Rating aus sprachkritischer Sicht

Von Dr. Oliver Everling | 8.Juni 2010

Nach Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahr 2007 fehlte nicht viel, um das „AAA-Rating“ auf die Vorschlagsliste für das „Unwort des Jahres“ zu bringen, heißt es im Vorwort zum Buch „Debitorenrating“ aus dem Gabler-Verlag (ISBN 978-3-8349-2070-6, http://www.gabler.de).

Der sprachkritische Begriff „Unwort“ bezeichnet ein „unschönes“, aber auch ein „unerwünschtes“ Wort. Die Gesellschaft für Deutsche Sprache kürte auf dem Höhepunkt der Finanzkrise für 2008 die „notleidenden Banken“ zum Unwort des Jahres, denn dieses stelle das Verhältnis von Ursachen und Folgen der Weltwirtschaftskrise auf den Kopf. Während die Volkswirtschaften in ärgste Bedrängnis geraten seien und die Steuerzahler Milliardenkredite mittragen müssten, würden die Banken, durch deren Finanzpolitik die Krise verursacht worden sei, zu Opfern stilisiert.

Die insbesondere für strukturierte Finanzierungen in den USA inflationär vergebene Bestnote AAA hielt nicht, was sie versprach: Eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit, dass der Gläubiger eines mit AAA beurteilten Finanzinstruments alle zwingend fälligen Zahlungen stets vollständig und rechtzeitig erhalten wird, steht im Widerspruch zur Unverkäuflichkeit eines solchen Titels. Wenn Zahlungen als absolut sicher gelten, kann es doch keinen Grund geben, für diesen sicheren Zahlungsstrom keinen Interessenten zu finden.

Da die US-Agenturen speziell bei vermögensgedeckten Wertpapieren daran scheiterten, die Marktentwicklungen insbesondere im US-amerikanischen Immobilienmarkt richtig einzuschätzen, und Fragwürdigkeiten in ihrer Arbeitsweise zu Tage traten, wurde der europäische Gesetzgeber tätig, um Ratingagenturen einer besseren Kontrolle zu unter-werfen. Die Verordnung über Ratingagenturen der Europäischen Union und das Ausführungsgesetz dazu in Deutschland sind die Konsequenzen.

Mit dem Wort „Rating“ verbindet sich die Erwartung einer Klassifizierung, die Risiken vergleichbar und kommunizierbar macht. Das Schulnotenprinzip erlaubt die relative Interpretation von Risiken. Mit den ausufernden Herabstufungen im Bereich der strukturierten Finanzierungen wurde der universelle Anspruch der Bestnote in Frage gestellt. Die er-kannten Fehler führten zu einer Vielzahl von Maßnahmen, nicht nur bei den betroffenen US-Agenturen selbst, sondern auch bei den Aufsichtsbehörden, die sich auf eine umfassende Einsichtnahme und Überwachung des Ratingwesens einstellen. Ziel dieser Maßnahmen ist es, das Vertrauen in die Funktionsfähigkeit von Ratings wiederherzustellen und den Nutzen von Ratings an den Finanzmärkten zu sichern.

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