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Abbau der Kassenkredite gefordert

Von Dr. Oliver Everling | 11.August 2017

Für den FDP-Bundestagskandidaten, Dr. Ralf-Rainer Piesold (FDP), steht fest, dass „der Abbau der Kassenkredite oberste Priorität haben muss“. Da es sich, wie die jüngste Bertelsmann-Studie offenlege, um ein bundes- und landespolitisches Problem handele, müssen überregionale Lösungen geschaffen werden. Was durch die Bertelsmann-Studie für Deutschland dokumentiert wird, lässt sich vor Ort in der Praxis der Kommunen am Beispiel des Main-Kinzig-Kreises illustrieren.

In Hessen sei die Offensive „Hessenkasse“ ein Schritt in die richtige Richtung, aber einige Fragen seien noch ungeklärt, meint der Liberale. Deshalb habe er eine Diskussion über die Maßnahmen der Landesregierung und deren Folgen für den Main-Kinzig-Kreis angeregt.

Der ehemalig stellvertretende Ministerpräsident Hessens und langjährige Landtagsabgeordnete, Dr. Jörg-Uwe Hahn (FDP), informierte daraufhin seine Parteifreunde vor Ort, über das geplante zweite Entschuldungsprogramm der Landesregierung. Alexander Noll (FDP) bemängelt, „dass die Kassenkredite in den letzten Jahren inflationär angewendet wurden.“ Grund sei ein Fehler der Kommunalaufsicht gewesen, der die Kassenkredite nicht streng genug bewertet hatte. Dadurch hätten einige Kommunen Kassenkredite in 9-stelliger Höhe aufgenommen. Offenbach sei mit 385 Mio. € Spitzenreiter, aber auch der Main-Kinzig-Kreis 240 Mio. € oder die Stadt Hanau 245 Mio. € hätten hohe Altlasten. Selbst die kleine Kommune Großkrotzenburg habe mit 17,5 Mio. € eine erhebliche Summe angehäuft, die sie kaum aus eigenen Mitteln tilgen könne.

Dabei waren die Kassenkredite ursprünglich als Überziehungs- oder Dispositionskredite vorgesehen. Aber aufgrund des niedrigen Zinsniveaus und der Negativzinsen hätten sogar einige Kämmerer geprahlt, dass man mit Schulden Geld verdienen könne, für Noll eine „Lizenz zum Schuldenmachen“, die leider bei einigen Kommunalpolitiker dankend angenommen worden sei.

Wie Hahn nun erläuterte, beabsichtigt das Land, diese Kassenkredite zu übernehmen, wenn sich die Kommune verpflichtet, für eine Laufzeit von maximal 30 Jahren die Kreditsumme mit 25 € pro Einwohner und Jahr zu tilgen. Das Land gebe jährlich noch einmal 25 € pro Einwohner dazu. Bei den meisten Kommunen könnten so diese Kredite getilgt werden. Bei den „höchst“ verschuldeten Kommunen würde das Land den Rest nach 30 Jahren vollständig tilgen. Dieses Angebot sei deswegen so verlockend, da die hoch verschuldeten Kommunen bei steigenden Zinsen leicht in eine Kreditklemme kommen könnten, so Dr. Hahn.

Konkret bedeutet das für den Main-Kinzig-Kreis, dass die 240 Mio. € Schulden in ca. 12 Jahren abgebaut werden könnten, wobei der Kreis 10,3 Mio. € jährlich tilgen, er müsste also ca. 120 Mio. € zahlen. Für den Kreisvorsitzende Kolja Saß (FDP) trotzdem ein gutes Geschäft, da die Hälfte vom Land käme und die Summe aufgrund der aktuell guten Einnahmen im Haushalt auch darstellbar sei. Schwieriger wäre die Situation bei einigen Kommunen im Main-Kinzig-Kreis. Während Gelnhausen seine 5,5 Mio. € in 5 Jahren tilgen könne, brauche Großkrotzenburg 47 Jahre und Hanau sogar 53 Jahre.

In Großkrotzenburg habe man eine proKopf-Verschuldung an Kassenkredite von 2334 € und in Hanau 2644 Mio. €. Nur das „arme“ Offenbach liege mit 3099 € deutlich drüber. Da die Kassenkredite nur ein Teil der gesamten Verschuldung sei, könne man unschwer erkennen, wie komplex die finanzielle Situation in diesen Kommunen sei. Wie Hahn weiter darlegte, belaufe sich die Tilgungsrate in Großkrotzenburg jährlich auf ca. 187.425 € und in Hanau auf ca. 2,3 Mio. €. In 30 Jahren müssten diese Kommunen also ca. 5,6 Mio. € bzw. fast 70 Mio. € tilgen. Trotzdem wäre das für diese beiden hoch verschuldeten Kommunen ein gutes Geschäft, da Großkrotzenburg über 6 Mio. € und Hanau sogar 106 Mio. € vom Land abgenommen bekäme.

Dr. Hahn geht aber davon aus, dass dies mit Auflagen verbunden sei, die noch nicht vollständig bekannt seien. Denn das Gesamtprogramm habe nicht nur „Freunde“. Der Maintaler FDP-Fraktionsvorsitzende, Thomas Schäfer (FDP), hat da schon seine eigene Meinung angemeldet. Seine Kommune habe überhaupt keine Kassenkredite und bekäme so vom Land Hessen aufgrund seiner soliden Finanzpolitik nichts. Schäfer wörtlich: „Es kann nicht sein, dass die dreiste Parole „Schuldenmachen lohnt sich“ nun auch noch honoriert werde“. D

ies gelte auch für Seligenstadt; wo ebenfalls keine Kassenkredite vorhanden seien. Auch dort habe der Bürgermeister Daniel Bastian (FDP) gut gewirtschaftet. Selbst die Großstadt Frankfurt habe nur 32 Mio. € Kassenkredite, was einem proKopfAnteil von 44,08 € entspräche. Gerade hier könne man sehen, wie eine Kommune, die immerhin 1,77 Mrd. € Gewerbesteuereinahmen im Jahr 2015 erzielte, angemessen mit Dispositionskrediten umgeht. Sie dienten eben nur zur Vermeidung kurzfristiger „Liquiditätsengpässe“ und sollten keine langfristige Ersatzfinanzierungsquelle darstellen, meint Dr. Hahn. Einig sei man sich bei den Liberalen dahingehend, dass man eine gerechte Lösung schaffen muss, die dem Prinzip folgt, „wer sparsam haushalte muss Vorteile erhalten und nicht umgekehrt“.

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