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Anpassungen an eine neue Realität

Von Dr. Oliver Everling | 23.Januar 2008

Die Meldung der WestLB über ihren Stand der Portfolio-Bewertungen im Rahmen der noch andauernden Jahresabschlussarbeiten kam gerade rechtzeitig zu einem der Hauptereignisse von Bankenanalysten in Deutschland, der Credit Outlook Konferenz von Fitch Ratings in Frankfurt am Main. Am Montag, den 21. Januar 2008 veröffentlichte der Vorstand der WestLB AG seine Erwartung, dass der Jahresverlust im Konzern für 2007 ungefähr 1 Mrd. € betragen werde und außerdem annähernd 1 Mrd. € als nicht dauerhafte Wertminderung berücksichtigt werden muss. Da das Land Nordrhein-Westfalen, die Landschaftsverbände und die Sparkassenverbände den Jahresverlust in Höhe von etwa 1 Mrd. € ausgleichen, „um die künftige Entwicklung der Bank zu sichern“, sah sich Fitch Ratings zur Überprüfung des Individualratings veranlasst. Mit der Herabstufung auf „F“ am Vortrag der Konferenz sorgte die Agentur für die Aufmerksamkeit der Bankenexperten.

Anna Lozmann, Associate Director der Financial Institutions Gruppe von Fitch Ratings, lässt keinen Zweifel daran, dass die WestLB ohne die Stützungsmaßnahmen ihrer Eigner die eingetretenen Verluste wie auch die zu erwartenden Abschreibungen kaum ohne Auswirkungen auf ihre Geschäftstätigkeit überstehen würde. Trotz der ergriffenen Maßnahmen zur Stärkung der Eigenkapitalbasis der Bank hält es Lozmann für möglich, dass die Reputation und das Standing der Bank durch die Verlustmeldung weiter belastet werden und damit die Herausforderung zu unterstreichen ist, die Bank unter den anhaltend schwierigen Marktbedingungen fortzuführen.

Thomas von Lüpke, Senior Director der Gruppe Financial Institutions von Fitch Ratings, skizziert das Epizentrum der Krise im US-amerikanischen Hypothekenmarkt für Subprime-Kredite. Der Einfluss dieser Krise auf die europäischen Banken sei bisher begrenzt. Zwei Gruppen von Banken seien aber betroffen, nämlich einerseits die mittelgroßen Wholesale-Banken wie die IKB, Landesbank Sachsen oder Northern Rock, andererseits global tätige Banken und Investmentbanken wie UBS, Barclays, Deutsche Bank, Credit Suisse, Citigroup, Merrill Lynch und Morgan Stanley.

In konzentrischen Kreisen schlägt die Welle aus der US-Krise bei europäischen Banken auf: Zuerst mit ABCP durch überproportional große Conduits und SIVs bei der IKB und SachsenLB, dann durch LBOs bei Deutsche Bank, UBS, Merrill Lynch und Citigroup, durch CDOs von ABS, bei denen das Ausmaß der Verluste und deren Konsequenzen für die Banken kaum zuverlässig zu schätzen seien (bisher wurden rund 50 Mrd. US$ aufgedeckt) und schließlich als Ertragskrise auch bei weiteren Banken. Das Geschäftsmodell der SIVs sei in der gegenwärtigen Form praktisch „tot“, sagt von Lüpke.

Risikoverteilung oder Risikokonzentration – das sei in der gegenwärtigen Situation die Frage: Von Lüpke illustriert seine Überlegungen am Glasuhrszenario. Aus dem oberen Teil der Sanduhr werden eine Vielzahl unterschiedlicher Vermögensklassen auf den unteren Teil, eine Vielzahl unterschiedlicher Anleger, verteilt. Am Engpass sind die Investmentbanken, Strukturierer, Händler, Makler usw. angesiedelt.

Bei Northern Rock habe es den seltsamen Fall einer Liquiditätskrise trotz ausreichender Kapitalisierung und Erfüllung von Solvenzkriterien gegeben. Der Run auf die Einlagen der Northern Rock habe mit den spezifischen Rahmenbedingungen in Großbritannien zu tun, so dass die Geschäftsmodelle anderer Banken in Europa nicht ohne weiteres vergleichbar seien.

Für die Berichtssaison 2008 sieht von Lüpke größte Herausforderungen in der richtigen Bewertung von Vermögensgegenständen. Kasachstan und Russland könnten als kapitalmarktabhängige Emerging Markets durch die Krise in Mitleidenschaft gezogen werden. Eine Abschwächung des gesamtwirtschaftlichen Wachstums in den USA wie auch in Europa paart sich speziell mit Problemen der Immobilienmärkte in Großbritannien, Irland und in Spanien.

Von Lüpke tritt für eine differenzierte Betrachtung der Bankenrisiken ein: Von den 890 Banken, die Fitch Ratings weltweit analysiere, habe es bisher auf der Krise beruhende Ratingkonsequenzen nur bei etwa 11 Banken in Europa, 12 in Nordamerika und bei keiner Bank in Asien gegeben. Immerhin 78 % aller Bankenratings weltweit seien bei Fitch Ratings stabil, in den industrialisierten Ländern Europas sogar 86 %.

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