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Ausschlussklausel gegen Wohlverhaltenskodex
Von Dr. Oliver Everling | 17.Februar 2008
In der Frage der Regulierung von Ratingagenturen haben sich in der Politik bisher diejenigen Stimmen durchgesetzt, die vor einer überbordenden Regulierung und Schaffung eines gesetzlichen Rechtsrahmens für die Arbeit von Ratinganalysten gewarnt haben. Eine wichtige Grundlage für die Argumentation, auf die selbstregulierenden Wirkungen des Marktes zu vertrauen, sind die Anstrengungen der führenden Ratingagenturen, den von der internationalen Organisation der Wertpapieraufsichtsbehörden IOSCO erarbeiteten und im Dezember 2004 verabschiedeten „Code of Conduct Fundamentals for Credit Rating Agencies“ in eigene Kodizes umzusetzen.
Bisher entspricht keine der führenden Agenturen komplett den Anforderungen der IOSCO. Obwohl der IOSCO Code fast vollständig eingehalten wird, bleiben doch in wichtigen Einzelheiten Abweichungen. In den Anhörungen und Beratungen des europäischen Komitees der Wertpapieraufsichtsbehörden CESR geben die führenden Agenturen Moody’s und S&P’s freimütig zu, in einzelnen Aspekten den Code schon nach außen hin nicht einzuhalten.
Der von der IOSCO geforderte Wohlverhaltenskodex findet auch in agenturinternen Regelungen seinen Reflex. So sind ethische Standards und Prinzipien der Arbeit der Ratingagentur in den Kodex zum Geschäftsgebaren integriert, den die Analysten der Ratingagentur in ihrer Tätigkeit zu beachten haben. Ein solcher Kodex des Geschäftsgebarens wurde beispielsweise von Moody’s Corp. im Dezember 2006 veröffentlicht.
„Ich vertraue darauf, dass jeder von Ihnen seine persönliche Verantwortung übernehmen wird, Moody’s Werten gerecht zu werden und die Politiken zu befolgen, die in dem Kodex beschrieben werden“, schreibt Raymond W. McDaniel, Chairman und Chief Executive Officer der Moody’s Corporation, an seine Mitarbeiter und fordert dazu auf, den Kodex sorgfältig zu überdenken und zum Nachschlagen griffbereit zu halten. Es folgen auf 46 Seiten umfangreiche Regelungen für ein ethisches Geschäftsgebaren, die für alle Mitarbeiter gelten sollen.
Der veröffentlichte „Moody’s Code of Business Conduct“ gilt wortwörtlich aber nur für diejenigen Mitarbeiter, mit denen keine anderslautenden Verabredungen getroffen wurden. Dies geht aus einer Ausschlussklausel hervor, die Teil des Kodex und somit der Verpflichtungserklärung jedes Analysten ist. „Für den Fall, dass irgendeine Bestimmung dieses Kodex mit irgendeiner Bestimmung Ihres individuellen schriftlichen Anstellungsvertrag konfligiert,“ so heißt es in der für die Mitarbeiter verbindlichen Ausschlussklausel von Moody’s wörtlich, „werden die Bestimmungen Ihres individuellen schriftlichen Anstellungsvertrags Oberhand haben.“ Wie viele Analysten diese Bestimmung aus Moody’s Kleingedrucktem in der Praxis betrifft, ist nicht bekannt.
So addieren sich zu den Abweichungen der offiziellen Kodizes der Agenturen von dem Kodex der IOSCO sowie zu den faktischen Abweichungen von ihren eigenen Kodizes noch weitere Abweichungen der individuellen Anstellungsverträge von dem publizierten Verhaltenskodex der Ratingagentur sowie vom Kodex ihres Geschäftsgebarens. Da diese Abweichungen nicht transparent gemacht werden, können von Marktteilnehmer aus den „Selbstverpflichtungen“ der Ratingagenturen kaum Ansprüche auf Wohlverhalten hergeleitet werden, da sich die Agenturen ausdrücklich vorbehalten, im Außen- wie auch im Innenverhältnis von ihren eigenen Wohlverhaltensregeln abzuweichen.
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