« | Home

Autonom in Führung gefahren

Von Dr. Oliver Everling | 16.Januar 2025

In mehreren chinesischen Städten, darunter Wuhan, sind bereits fahrerlose Fahrzeuge im Einsatz. Andere Länder wie Frankreich und Deutschland haben zwar ebenfalls Fortschritte gemacht, sind aber noch weit davon entfernt, die Technik großflächig zu testen. Außerdem wird zur Sicherheit ein Fahrer an Bord benötigt, der notfalls eingreifen kann. „Beflügelt wird das Wachstum der Branche durch die Kooperation zwischen Technologieunternehmen, Automobilherstellern, Fahrdienst-Plattformen und Hardwareanbietern, die zusammen ein umfassendes Netzwerk bilden und Innovationen beschleunigen“, schreibt Yanxiu Gu, Produktspezialistin für chinesische Aktien bei ODDO BHF AM, in einem aktuellen Marktkommentar.

Dem kalifornischen Department of Motor Vehicles (DMV) zufolge belegen chinesische Unternehmen wie Baidu*, AutoX* und Pony.ai* Spitzenplätze in der MPI-Rangliste (Meilen pro Intervention) mit durchschnittlich weniger als einem Eingriff pro 16.000 autonom gefahrenen Meilen. Damit bewegt sich China in Sachen autonomer Fahrtechnik auf Augenhöhe mit US- Giganten. Zentraler Impulsgeber ist der chinesische Technologieriese Baidu. „Über seine offene autonome Fahrdienst-Plattform Apollo stellt das Unternehmen autonome Fahrtechnologie bereit und betreibt einen Taxidienst, um der Technologie zum Durchbruch zu verhelfen und die Kommerzialisierung der hochautomatisierten L4-Fahrtechnik voranzutreiben“, fügt Gu hinzu.

Auch andere Technologie-Start-ups wie Pony.AI*, WeRide* und AutoX* konzentrieren sich auf die Entwicklung autonomer Fahrtechnologien. Pony.AI, von drei ehemaligen Baidu- Mitarbeitern gegründet, bietet ebenfalls Fahrdienste über eine eigene App an und ist in China und den USA aktiv. Nach zehn Finanzierungsrunden liegt die Bewertung von Pony.AI mittlerweile bei 8,5 Milliarden US-Dollar. „Das Unternehmen plant einen Börsengang in den USA und hat dafür von der chinesischen Regulierungsbehörde grünes Licht erhalten“, so die Produktspezialistin von ODDO BHF AM.

Besonders der chinesische Markt, der 2023 59 % des weltweiten Umsatzes mit Elektrofahrzeugen ausmachte, bietet die Möglichkeit, umfangreiche Daten aus der Praxis für Optimierungen zu sammeln. Wichtige Akteure sind auch Fahrdienstvermittler, die mit Herstellern von Elektrofahrzeugen zusammenarbeiten, um maßgeschneiderte Robotaxis zu bauen und entsprechende Dienste anzubieten. Ebenfalls zentral sind Hardwarehersteller, die KI-Chips für selbstfahrende Autos entwickeln und Anbieter von Sensoren für autonome Fahrsysteme. Neben einem umfassenden, für das technologische Potenzial der Branche förderlichen Netzwerk von Unternehmen verfügt China über weitere spezifische Vorteile. „Einer davon ist die hohe Akzeptanz neuer Technologien durch die Verbraucher“, berichtet Gu. Laut einer Studie von Roland Berger aus dem Jahr 2023 sind 62 Prozent der Befragten in China bereit, ein Robotaxi auszuprobieren. Auch Social-Media-Influencer tragen dazu bei, die Technologie bekannt zu machen und das Interesse jüngerer Nutzer zu steigern. Die chinesische Regierung engagiert sich ebenfalls intensiv für die Entwicklung dieser Zukunfts-Technologie.

So hat sie Testzonen eingerichtet und die Vergabe von Testlizenzen erleichtert, damit Unternehmen ihre Technologien unter realen Bedingungen erproben können. Chinas fortschrittliche 5G-Technologie und – Infrastruktur spielt ebenfalls eine maßgebliche Rolle bei der Förderung des autonomen Fahrens. Das Land besitzt eines der weltweit größten und modernsten 5G-Netze der Welt. „Um Marktanteile zu gewinnen und im Wettbewerb erfolgreich zu sein, müssen die Unternehmen auch den Massenmarkt bedienen können und hochwertige Dienstleistungen anbieten, die den hohen Anforderungen der Hersteller intelligenter Fahrzeuge gerecht werden“, hebt die Produktspezialistin von ODDO BHF hervor.

Bei allem Potenzial des autonomen Fahrens bleiben auch Herausforderungen. Aktuell operiert Apollo Go* nur in Vororten und auf wenig befahrenen Straßen und erntet Kritik für seinen „zu konservativen“ und „holprigen“ Fahrstil. „Das Überwinden dieser Probleme könnte entscheidend für eine breitere Akzeptanz durch die Verbraucher sein“, schätzt Gu. Im Blick haben sollten Investoren auch Widerstand menschlicher Fahrer, der die großflächige Einführung von Robotaxi-Diensten in China bremsen könnte.

* und Keines der vorstehend genannten Unternehmen stellt eine Anlageempfehlung dar.

Themen: Ratings | Kommentare deaktiviert für Autonom in Führung gefahren

Kommentare geschlossen.