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Basel II [Ä]nderungen unklar
Von Dr. Oliver Everling | 25.Oktober 2008
Am 1. Januar 2007 sind die neuen Eigenkapitalregelungen für Kreditinstitute in Deutschland in Kraft getreten. Mit der [Ä]nderung des Kreditwesengesetzes (KWG) sowie dem Erlass einer Solvabilitätsverordnung (SolvV) im Dezember des Jahres 2006 wurden die Vorgaben der EG-Banken- und der Kapitaladäquanzrichtlinie (2006/48/EG und 2006/49/EG) – kurz CRD – in nationales Recht umgesetzt. Die Baseler Säulen I und III wurden zum größten Teil in die SolvV aufgenommen, während die qualitativen Anforderungen der Säule II in Deutschland mit den MaRisk umgesetzt werden. Die SolvV ersetzt den bisherigen Grundsatz I und konkretisiert die in § 10 KWG geforderte Angemessenheit der Eigenmittel der Institute. Obwohl sie zum 1. Januar 2007 in Kraft getreten ist, hatten die Kreditinstitute übergangsweise für maximal ein Jahr noch die Möglichkeit, den „alten“ Grundsatz I anzuwenden, berichtet Rolf Haves vom Westfälisch-Lippischern Sparkassen- und Giroverband in seinem Beitrag zum Buch von Oliver Everling, Klaus Hohlschuh und Jens Leker (Herausgeber): Credit Analyst (http://www.credit-analyst.eu), Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München, http://www.oldenbourg.de, gebundene Ausgabe, 1. Auflage 2008, ISBN 978-3-486-58688-6.
Rolf Haves, Jahrgang 1965, war nach Abschluss seines wirtschaftswissen-schaftlichen Studiums an der Westfälischen-Wilhelms-Universität zu Münster vier Jahre national wie international für eine der führenden Wirtschaftsprüfungsgesellschaften im Bereich Financial Services, Prüfung von Banken, tätig. Die fachlichen Schwerpunkte lagen im Bereich Kreditprüfung und Prüfung der Handelsgeschäfte im Sinne der MaH. Seit 1999 ist Rolf Haves Spezialist für bankaufsichtsrechtliche Grundsatzfragen und Risikocontrolling beim Westfälisch-Lippischen Sparkassen- und Giroverband (WLSGV) in Münster. Seit vielen Jahren schult er Vorstände, Fach- und Führungskräfte sowie Verwaltungsratsmitglieder der Sparkassen. Dabei stehen neben den aufsichtsrechtlich zwingend zu beachtenden Normen immer die betriebswirtschaftlichen Aspekte im Vordergrund.
Sein Buchbeitrag gibt einen ersten Überblick über die grundsätzlichen Inhalte der neuen Baseler Eigenkapitalübereinkunft (Basel II) bzw. deren nationale Umsetzung (SolvV). Gegenstand der Kapitel sind – nach einer kurzen Darstellung des Wegs von Basel I zu Basel II – die drei Säulen: Mindesteigenkapitalanforderungen, aufsichtlicher Überprüfungsprozess und Marktdisziplin. Der Schwerpunkt der Ausführungen liegt dabei bei den Neuregelungen zu den quantitativen Eigenkapitalanforderungen für Kredit- und operationelle Risiken. Jedem einzelnen Kapitel ist ein Fazit angeschlossen, das die wesentlichsten Aspekte zur grundsätzlichen Systematik bzw. den Auswirkungen für eine Umsetzung kritisch begutachtet.
„Insgesamt bleibt festzuhalten,“ schreibt Haves, „dass Basel II die wahrscheinlich bedeutendste [Ä]nderung der Bankenregulierung seit Jahrzehnten gebracht hat und deshalb im Fokus aller Beteiligten stand.“ Unabhängig vom offiziellen Implementierungsdatum habe das Gedankengut von Basel II bereits frühzeitig Eingang in die Bankenpraxis gefunden. Das gesamte Risikomanagement konnte verfeinert werden, unabhängig vom z. B. gewählten aufsichtlich möglichen Ansatz zur Unterlegung der Kreditrisiken (STA vs IRBA).
Obwohl die neuen Regeln für die Institute (spätestens) im Januar 2008 in Kraft getreten sind, sieht die Aufsicht bereits Anpassungsbedarf. Die Europäische Kommission (KOM) hat mit Datum vom 16. April 2008 eine öffentliche Konsultation zu möglichen [Ä]nderungen an den Eigenkapitalvorschriften (Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG) eingeleitet, die der Branche und anderen Interessengruppen Gelegenheit geben soll, sich zu diesen [Ä]nderungen zu äußern. Die Konsultation ist zum einen vor dem Hintergrund der Arbeiten zu sehen, die derzeit in verschiedenen Aufsichts- und Branchengremien zur Eigenkapitalrichtlinie stattfinden, zum anderen aber auch eine Reaktion auf die jüngsten Empfehlungen des Forums für Finanzstabilität der G-7.
Die KOM hat mittlerweile einen ersten offiziellen Vorschlag zur Neufassung der EU-Vorschriften für die Eigenkapitalausstattung der Banken vorgelegt, mit der sie beabsichtigt, die Stabilität des Finanzsystems zu erhöhen, die Risiken zu verringern und die Überwachung von EU-weit tätigen Banken zu verbessern. Die neuen Vorschriften sehen vor, dass die Banken bei der Kreditvergabe nicht über ein bestimmtes Limit hinausgehen dürfen (Großkreditbestimmungen), während sich die nationalen Aufsichtsbehörden einen besseren Überblick über die Aktivitäten grenzübergreifender Bankengruppen verschaffen können. Weitere wesentliche [Ä]nderungen betreffen die Verbesserung der Qualität des Bankenkapitals (Hybridkapital) bzw. Verbesserungen in den Bereichen Liquiditätsrisiko und verbriefte Produkte. Der Vorschlag der KOM als auch weitere Dokumente sind über folgende Website abrufbar: http://ec.europa.eu/internal_market/bank/regcapital/index_de.htm.
Der Vorschlag zur [Ä]nderung der geltenden Eigenkapitalrichtlinie wird nun dem Europäischen Parlament und dem Ministerrat zur Prüfung vorgelegt. Wegen der anstehenden Wahlen zum Europa-Parlament im zweiten Quartal 2009 sollen die Verhandlungen von Rat und Parlament bis Jahresende abgeschlossen sein, um die [Ä]nderungen an Basel II noch in der laufenden Legislatur abzusegnen. Die Relevanz für die Institute in Deutschland ergibt sich damit erst mit der Umsetzung in nationales Recht (KWG bzw. SolvV). Der genaue Zeithorizont bleibt damit aber nach wie vor unklar (2009/2010).
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