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Bundestagswahl bleibt Randnotiz für die Kapitalmärkte

Von Dr. Oliver Everling | 17.Februar 2025

Am kommenden Sonntag steht die Bundestagswahl an, und Umfragen deuten darauf hin, dass die CDU mit Friedrich Merz an der Spitze die nächste Bundesregierung anführen wird. Doch welche Auswirkungen hätte das auf die Finanzmärkte? Dr. Björn Ohl, Ökonom der apoBank, ordnet die wirtschaftliche Lage ein und erklärt, warum die Wahl nur begrenzten Einfluss auf Investoren haben dürfte.

„Der neue Bundeskanzler und seine Regierung stehen wirtschaftlich vor einer Ausnahmesituation“, betont Ohl. Nach zwei Jahren Rezession droht auch in diesem Jahr ein weiterer Rückgang der deutschen Wirtschaftsleistung. „Während andere Länder, insbesondere die USA, wachsen, sticht die anhaltende deutsche Konjunkturschwäche im internationalen Vergleich hervor.“

Die strukturellen Herausforderungen für die deutsche Wirtschaft sind laut Ohl erheblich. „Das hiesige Erfolgsmodell der 2010er Jahre mit haushaltspolitischer Sparpolitik, Lohnzurückhaltung, Deckelung der Produktionskosten und Exportorientierung der wettbewerbsfähigen Industrie hat ausgedient“, stellt er klar. Durch Chinas Industrieoffensive und steigende Kosten infolge des Ukraine-Kriegs müsse das deutsche Wirtschaftsmodell dringend überarbeitet werden.

Bleiben die Freien Demokraten bei der neuen Regierungsbildung außen vor, wird es bei den deutschen Schulden keine Bremse mehr geben. Ohl: „Aus wirtschaftlicher Sicht drängen sich eine umfassende Reform des Arbeitsmarkts und eine Lockerung der Schuldenbremse auf.“

Interessanterweise sieht Ohl die Bundestagswahl trotz zu erwartender Zügellosigkeit nicht als zentralen Faktor für die internationalen Finanzmärkte. „Im Gegensatz zu den jüngsten Präsidentschafts- und Kongresswahlen in den USA spielt die Bundestagswahl für die Finanzmärkte eine untergeordnete Rolle“, erklärt er. Das gelte insbesondere für den DAX, dessen Entwicklung weniger von der deutschen Politik als von der globalen Wirtschaftslage abhängt: „Die vierzig größten im DAX gelisteten Unternehmen erzielen nur noch rund 20 Prozent ihrer Umsätze in Deutschland.“

Dennoch seien an den Märkten bereits Reaktionen auf die bevorstehende Regierungsbildung spürbar. „An den Aktienmärkten haben Anleger seit dem Bruch der Ampel-Regierung einen wirtschaftsfreundlicheren Kurs der künftigen Bundesregierung bereits vorweggenommen“, so Ohl. „An den Anleihemärkten haben deutsche Staatspapiere eine Lockerung der Fiskalpolitik ebenfalls eingepreist.“

Ein Risiko für die Finanzmärkte sieht der Ökonom nur in einem sehr unwahrscheinlichen Szenario: „Nur für den unwahrscheinlichen Fall, dass die AfD stärkste Kraft werden und am EU- und Euro-Austritt festhalten sollte, wäre mit einer Abwertung des Euro zu rechnen.“

Zusammenfassend bleibt Ohl skeptisch, dass die Bundestagswahl große Wellen an den internationalen Finanzmärkten schlagen wird: „Während der künftige Bundeskanzler vor einer Herkulesaufgabe steht, wird die Bundestagswahl für die internationalen Finanzmärkte mit großer Wahrscheinlichkeit nur eine Randnotiz bleiben.“

Themen: Aktienrating, Länderrating | Kommentare deaktiviert für Bundestagswahl bleibt Randnotiz für die Kapitalmärkte

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